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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0190
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Karl Jaspers - de Gruyter

73

Und dann lassen Sie sich herzlich danken für alle Bemühung und alle freundliche
Bereitwilligkeit in der Titelfrage.
Zunächst stehe ich noch so ganz unter dem Bann Ihres Terminus »Situation«, dass
auch ich davon bis jetzt nicht recht loskomme; er deckt die Aufgabe, die die Arbeit
sich stellt, einfach ideal.
Wenn ich eine andere Möglichkeit auszuprobieren suche, so könnte der Ausgangs-
punkt für einen solchen Weg nur sein die Frage: »deckt« der Titel ebenso ideal wie die
Problemstellung auch die wirkliche Leistung der Arbeit am Problem selbst?
Diese Frage - die nach der wirklichen runden und vollen Leistung - einmal zuge-
geben, will sich mir eine doppelte Erwägung melden: was die Arbeit herausstellt, ist,
dass es sich nicht einfach um eine gewissermassen »neutrale« Situation handelt, son-
dern um eine Krise, die viel tiefer greift und unendlich schicksalsträchtiger ist als die
vielberufene »Weltkrise« der Wirtschaft von heute, deshalb weil sie sich als eine geis-
tige Krise im eminentesten Sinn herausstellt; und weiter nicht blos [sic!] als eine lo-
kale, etwa blos der »deutschen«, sondern wirklich und wahrhaftig eine des abendlän-
dischen Menschen überhaupt, damit aber - wie die Arbeit gleichfalls herausstellt - bei
der repräsentativen Bedeutung des abendländischen Menschen für das gesammt [sic!]
menschliche »Inventar« des Planeten um eine wirkliche Weltkrise.
Stelle ich so den Titel nicht allein unter die Perspektive der Problemstellung, son-
dern weiter unter die der Leistung für das Problem, dann allerdings frage ich mich,
ob es nicht vielleicht schade ist, wenn die beiden Momente - das der »Krise« und das
ihres »abendländischen« Umfangs - nicht mit»erfasst« und nicht mit»gedeckt« wür-
den.
Was ich hier ausführe, soll beileibe kein Vorschlag sein, sondern lediglich Wieder-
gabe eines ganz persönlichen und subjektiven »Phantasie-Spiels« mit »Möglichkei-
ten«. Phantasiespiel eines Freundes der Arbeit unter vollkommener Zurückdrängung
einer möglichen »ehrlichen Maklerschaft« zwischen Autor und Verleger.
Inzwischen möchte ich aber überhaupt noch die Titelfrage solange nicht zu prak-
tischer Erwägung stellen, als ich nicht noch einmal ein hinlänglich deutliches Ge-
sammtbild von der Arbeit als einem Ganzen gewonnen - also mindestens die Korrek-
tur zu Ende gelesen habe.
Da, während ich dieses schreibe, gerade auch der Rest der Fahnen einläuft, wird
der Zeitpunkt, wo ich glauben darf, dieses Gesammtbild ein zweitesmal - das erste-
mal nach der Lektüre des Manuscripts - gewonnen und einigermassen mir assimiliert
zu haben, nicht mehr fern sein.
Und dann ist es wohl Zeit, den Termin für eine demnächstige mündliche Ausspra-
che ins Auge zu fassen.
An dem Tag, da Sie mir schrieben, ist Gundolf gestorben - am Geburtstag von Ste-
fan George.178 Ich war um so ahnungsloser, als er erst ganz kürzlich hier bei uns war
 
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