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Jaspers, Karl; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 3, Band 8,1): Ausgewählte Verlags- und Übersetzerkorrespondenzen — Basel: Schwabe Verlag, 2018

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69893#0776
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Stellenkommentar

659

Verlag von einer Anfrage Abstand nehmen lassen. - Schmitt wurde bereits am 1. April 1933
von Vizekanzler von Papen und dem ehemaligen Reichsminister Popitz beauftragt, in der
Funktion eines rechtstechnischen Beraters jenes Gesetz auszuarbeiten. Ende April 1933
wurde Schmitt Parteimitglied, ein von ihm erwünschter Zugang zu den höheren NS-Po-
litikern und -Ämtern gelang jedoch nicht. Zum Reichsstatthaltergesetz, das Preußen mit
dem Reich eng verknüpfte, vgl. C. Schmitt: Das Reichsstatthaltergesetz, München 1933,19,
R. Mehring: Carl Schmitt: Denker im Widerstreit. Werk - Wirkung - Aktualität, Freiburg, Mün-
chen 2017, 80-97, V. Neumann: Carl Schmitt als Jurist, Tübingen 2015, 306, 321-323, u. D.
Blasius: Carl Schmitt. Preußischer Staatsrat in Hitlers Reich, Göttingen 2001, 78-83. -
Was Jaspers angeht, so zeigt der vorliegende Brief seine damalige Naivität gegenüber
der durch Schmitt repräsentierten Realität des NS-Regimes. Anders dagegen Jaspers’
Schwager Ernst Mayer: Dieser hatte sich bereits im Februar 1933 Ärger mit den National-
sozialisten eingehandelt, als er in einer Ärzteversammlung »in einem missverständli-
chen Wort für Böswillige selbst d. Anlass« gab (G. Jaspers an H. Jaspers, 14. Februar 1933,
DLA, A: Jaspers). Seitdem war er in Holland gefährdet. Deshalb überrascht es nicht, dass
er im Sommer 1933 in einem Gespräch mit Jaspers prophezeite: »man wird uns Juden ei-
nes Tages in Baracken bringen und die Baracken anzünden!« Darauf erwiderte Jaspers:
»Aber Ernst, das ist wieder deine großartige Phantasie bis in die äußersten Konsequen-
zen. Das ist ja ganz unmöglich.« (K. Jaspers: »Karl Jaspers - Ein Selbstporträt (1966/67)«,
in: Schicksal und Wille, 15-38, hier: 35). - Einige Wochen später mag Jaspers darüber an-
ders gedacht haben, denn nach Einführung einer neuen Universitätsverfassung schrieb
er seinen Eltern: »Jetzt ist eine neue Universitätsverfassung herausgekommen nach dem
Führerprinzip: [...] Gewählt wird nicht mehr. Die Körperschaften, soweit sie noch beste-
hen bleiben, erhalten einen nur beratenden Charakter, abgestimmt wird nicht mehr. Die
frühere Gelehrten>republik< ist zu Ende.« (K. Jaspers an H. u. K. Jaspers senior, 28. August
1933, DLA, A: Jaspers).
Nach 1945 hat sich Schmitt in Briefen und privaten Aufzeichnungen sehr abfällig über
Jaspers geäußert, so am 19. Juni 1948: »Ein Bußprediger wie Jaspers, der nicht einmal ver-
prügelt worden ist, verdient kein Interesse« (C. Schmitt: Glossarium. Aufzeichnungen der
Jahre 1947-1951, hg. von E. Frhr. von Medern, Berlin 1991, 167), oder am 13. November
1949: »Das Ghetto des Mittelalters beruhte nicht auf Bazillophobie. Die existenzialistische
Existenz des Herrn Jaspers dagegen beruht auf Bazillophobie« (ebd., 278). Im Zusammen-
hang mit der Verleihung des Friedenspreises an Jaspers am 28. September 1958 bemerkte
Schmitt in einem Brief an Armin Mohler: »Jaspers [...] sprach in seiner gestrigen Predigt
in der Paulskirche von einem >grimmigen Lachem, das einem Deutschen bleibt. Das ist
wohl das Gelächter Gelimers.« Hier nimmt Schmitt Bezug auf den letzten, 553 besiegten
und gefangengenommenen Vandalenkönig (vgl. C. Schmitt an A. Mohler, 29. Septem-
ber 1958, in: Carl Schmitt - Briefwechsel mit einem seiner Schüler, hg. von A. Mohler, in Zu-
sammenarbeit mit I. Huhn u. P. Tommissen, Berlin 1995, 254). Schließlich meldete sich
Schmitt nach Jaspers’ am 10. August 1960 in der ARD ausgestrahltem Interview mit Thilo
Koch, das wegen seiner angeblichen Äußerungen gegen eine Wiedervereinigung Deutsch-
lands einen Entrüstungssturm entfachte, wiederum zu Wort, und zwar dichterisch: »Der
Geist Kierkegaards zum Fall Jaspers/ (Stimme aus dem Jenseits):/ Wie hat sein Bußgerede
mich empört!/ Wie ekelt mir vor seinen faulen Fischen!/Jetzt ist er endlich wo er hin ge-
 
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