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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 12): Schriften zu Kirchengütern und zum Basler Universitätsstreit (1538 - 1545) — Gütersloh, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30233#0548
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EINFÜHRUNG IN DEN BASLER UNIVERSITÄTSSTREIT
fer1, Dekan des Peterstiftes, und schließlich Simon Giynaeus2, seit 1529 Professor
für Griechisch und außerordentlicher Professor für Neues Testament seit etwa 1536.
Erste Anzeichen einer Irritation gab es, als dieser Ausschuß ohne das Wissen des
Giynaeus, der sich zunächst »Arbeits halb« von einer aktiven Mitarbeit entschul-
digt hatte, sechs Artikel formulierte und diese an Giynaeus vorbei dem Rat vor-
legte.3 Die ersten vier Artikel betrafen den Wunsch der Universität nach größerer
Selbständigkeit, einem verläßlichen Jahreseinkommen, der Gründung eines Gym-
nasiums und der Neuordnung des niederen Schulwesens, und waren somit wenig
umstritten. Der eigentliche Zündstoff lag in den beiden letzten Artikeln: In ihnen
wurde zum einen verlangt, daß alle diejenigen, die in Basel mit der Heiligen Schrift
»umgehen und sich daraus nähren« , also alle in Basel angestellten Pfarrer und Pfarr-
helfer, immatrikulierte Glieder der Universität und der theologischen Fakultät zu
Gehorsam verpflichtet sein sollten, und zum anderen, daß nur diejenigen einen aka-
demischen Lehrstuhl innehaben dürften, die den Doktorgrad besäßen.4
Die darin enthaltene Spitze gegen Simon Grynaeus5 war unübersehbar: Dieser
war ein anerkannter Gräzist, ein Absolvent der Pforzheimer Lateinschule und der
Universität Wien, der seine Gelehrsamkeit fast zwei Jahrzehnte lang mehr als genug
unter Beweis gestellt hatte, etwa als Schuldirektor in Buda von 1521 bis 1523, als
Professor für Griechisch in Heidelberg von 1524 bis 1529, schließlich als Berater
Herzog Ulrichs von Württemberg bei der Neugestaltung der Universität Tübingen
von 1534 bis 1536.6 Was die formelle Beglaubigung seines Könnens angeht, war
Giynaeus aber niemals über den Titel eines Magisters der freien Künste hinausge-
kommen, den er in Wien vor seinem ungarischen Aufenthalt erworben hatte. Aber
die einfache Tatsache, daß Giynaeus den Doktortitel nicht besaß, spielte in dem bald
entstehenden Konflikt eigentlich nicht die wichtigste Rolle: Es wäre wenig proble-
matisch für ihn gewesen, diesen Titel nachzuholen. Viel entscheidender war die
prinzipielle Weigerung des Grynaeus, diese Zeremonie überhaupt über sich ergehen
zu lassen, denn er war allen akademischen Titeln grundsätzlich abhold.
Dementsprechend erhob Grynaeus lebhaften Einspruch gegen die Artikel des
Universitätsausschusses und wurde darin von Oswald Myconius, dem Nachfolger
Oekolampads am Münster und Antistes der Basler Kirche, aufs entschiedenste un-
terstützt. Auch Markus Bertschi7, Pfarrer an St. Leonhard, stellte sich an die Seite

1. Geb. um 1484, gest. 1548; zu ihm vgl. HBBWXI, S. 354, Anm. 1; HBLSII, S. 355; Matrikel Ba-
sel I, S. 259.
2. Zu ihm vgl. unten S. 588, Anm. 5.
3. Vgl. Bnrckhardt-Biedermann, Die Erneuerung der Umversität zu Basel, S. 461.
4. Vgl. Bnrckhardt-Biedermann, Die Erneuerung der Umversität zu Basel, S.460; Thommen,
Geschichte der Umversität Basel, S. 22 geht sicherhch falsch m der Annahme, daß die Artikel erst lm
März 1539 verfaßt wurden.
5. Vgl. hierzu und zum Folgenden: Teuteherg, Simon Grynaeus; Strenher/Staehelin, Grynäus;
vgl. auch unten S. 588, Anm. 5.
6. Vgl. hierzu auch Bonjour, Die Umversität Basel, S. 123 f.
7. Auch Marx Bertschi bzw. Bersius genannt; geb. 1483, gest. 1566, Pfarrer zu St. Leonhard von
1519 bis zu seinem Tod. Zu ihm vgl. HBLS II, S. 198 und Basilea reformata 2002, S. 129.
 
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