546 EINFÜHRUNG IN DEN BASLER UNIVERSITÄTSSTREIT
wichtigen Aufenthalt in Hessen und Sachsen und vor dem Besuch des Schmalkaldi-
schen Bundestages in Frankfurt schrieb.1
Am 1. März 1539 faßte die Universitätsregenz ihre Forderungen an den Rat in ei-
nem neuen Entwurf zusammen, den sie gegen die Stimme des Grynaeus verabschie-
dete. Auf der Grundlage dieses Memoriale erstellte der Rat am 12. April 1539 einen
eigenen Gesetzesvorschlag2, in dem vorgesehen ist, daß die Geistlichen, wie von
Karlstadt und seinen Anhängern gewünscht, der theologischen Fakultät angehören
und dem Dekan derselben zu Gehorsam verpflichtet werden. Ebenfalls wird darin
von allen Professoren die unverzügliche Annahme der Gradus gefordert und, um
jegliche Kritik der Pfarrer voi'wegzunehmen, die Beobachtung gemacht, »daß alle
Ordnungen, so nit wider Gott und syn heylig Wort strebend, wol mögend zu Got-
tes eere und heyligung sines namens geprucht werden«3.
Als Reaktion auf diesen Statutenentwurf organisierte Myconius im Mai 1539 eine
Versammlung aller Pfarrhelfer, um zu dem Gesetzesvorschlag Stellung zu nehmen.
Dieser Generalversammlung der niederen Geistlichkeit entstammt eine schriftliche
Stellungnahme4, in der die Helfer bekräftigen, daß es für einen Geistlichen nicht
angemessen ist, dem Rektor der Universität zu Gehorsam verpflichtet zu sein. Es
gehöre sich ebenfalls nicht, daß diejenigen, die in erster Linie eine praktisch-seelsor-
gerliche Tätigkeit ausüben, nun auf einmal als Schüler der Theologie geachtet wer-
den sollen. Ferner betrachten die Pfarrhelfer es als problematisch, wenn die Inhalte
der Kanzelverkündigung zum Gegenstand universitärer Aufsicht werden: Die
Pfarrhelfer seien allein dem Ältestenrat der Kirche Rechenschaft über ihre Predigt
schuldig, keineswegs aber der Universität. Gegen eine gelegentliche freiwillige Teil-
nahme an Vorlesungen und Übungen, die der Ausübung ihres Amtes förderlich sei,
haben die Kirchendiener hingegen nichts einzuwenden. Aber die Verleihung von
Graden solle auf Freiwilligenbasis geschehen. Die Kirchendiener betonen: »das
Doktorat der Kirchen soll und mag von nieman dann vom heiligen Geist durch die
kirche gegeben werden. Wenn Einer auch Doktor einer Universität sei, so sei er
darum noch nicht Doktor der Kirche, wofern diese ihn nicht von Neuem wähle. So
stehe die Probe nicht in irgend einem Examen, sondern in seiner Erfahrung göttli-
cher Kunst, Geschicklichkeit im Predigen und frommem Leben«5.
Aufgrund dieser weiteren Verhärtung der Fronten bat der Basler Bürgermeister
Jakob Meyer die Straßburger erneut um eine persönliche Vermittlung. Vom 12. bis
zum 20. Juli 1539 hielt sich eine Straßburger Delegation in Basel auf, zu der nicht
nur Bucer und Capito gehörten, sondern auch der berühmte, aus Schleiden in der
Eifel stammende Pädagoge und Humanist Johannes Sturm sowie der damals in
1. Vgl. zur Datierung unten S. 5 58, Anm. 2.
2. Vgl. hierzu unten S. 592, Anm. 5.
3. Thommen, Gesehichte der Umversität Basel, S. 330.
4. Diese tst derjemgen, auf die sieh Bucer tn seinem Bnef an Jakob Meyer von Ende Januar 1539
bezieht, sehr ähnhch. Eine friihe Fassung dieser Artikel muß also bereits tm Januar 1539 oder sogar
noch früher tn Basel zirkuhert haben und Bucer zugeschickt worden sein, möghcherweise von My-
conius selbst.
5. Burckhardt-Biedermann, Die Erneuerung der Umversität zu Basel, S.468.
wichtigen Aufenthalt in Hessen und Sachsen und vor dem Besuch des Schmalkaldi-
schen Bundestages in Frankfurt schrieb.1
Am 1. März 1539 faßte die Universitätsregenz ihre Forderungen an den Rat in ei-
nem neuen Entwurf zusammen, den sie gegen die Stimme des Grynaeus verabschie-
dete. Auf der Grundlage dieses Memoriale erstellte der Rat am 12. April 1539 einen
eigenen Gesetzesvorschlag2, in dem vorgesehen ist, daß die Geistlichen, wie von
Karlstadt und seinen Anhängern gewünscht, der theologischen Fakultät angehören
und dem Dekan derselben zu Gehorsam verpflichtet werden. Ebenfalls wird darin
von allen Professoren die unverzügliche Annahme der Gradus gefordert und, um
jegliche Kritik der Pfarrer voi'wegzunehmen, die Beobachtung gemacht, »daß alle
Ordnungen, so nit wider Gott und syn heylig Wort strebend, wol mögend zu Got-
tes eere und heyligung sines namens geprucht werden«3.
Als Reaktion auf diesen Statutenentwurf organisierte Myconius im Mai 1539 eine
Versammlung aller Pfarrhelfer, um zu dem Gesetzesvorschlag Stellung zu nehmen.
Dieser Generalversammlung der niederen Geistlichkeit entstammt eine schriftliche
Stellungnahme4, in der die Helfer bekräftigen, daß es für einen Geistlichen nicht
angemessen ist, dem Rektor der Universität zu Gehorsam verpflichtet zu sein. Es
gehöre sich ebenfalls nicht, daß diejenigen, die in erster Linie eine praktisch-seelsor-
gerliche Tätigkeit ausüben, nun auf einmal als Schüler der Theologie geachtet wer-
den sollen. Ferner betrachten die Pfarrhelfer es als problematisch, wenn die Inhalte
der Kanzelverkündigung zum Gegenstand universitärer Aufsicht werden: Die
Pfarrhelfer seien allein dem Ältestenrat der Kirche Rechenschaft über ihre Predigt
schuldig, keineswegs aber der Universität. Gegen eine gelegentliche freiwillige Teil-
nahme an Vorlesungen und Übungen, die der Ausübung ihres Amtes förderlich sei,
haben die Kirchendiener hingegen nichts einzuwenden. Aber die Verleihung von
Graden solle auf Freiwilligenbasis geschehen. Die Kirchendiener betonen: »das
Doktorat der Kirchen soll und mag von nieman dann vom heiligen Geist durch die
kirche gegeben werden. Wenn Einer auch Doktor einer Universität sei, so sei er
darum noch nicht Doktor der Kirche, wofern diese ihn nicht von Neuem wähle. So
stehe die Probe nicht in irgend einem Examen, sondern in seiner Erfahrung göttli-
cher Kunst, Geschicklichkeit im Predigen und frommem Leben«5.
Aufgrund dieser weiteren Verhärtung der Fronten bat der Basler Bürgermeister
Jakob Meyer die Straßburger erneut um eine persönliche Vermittlung. Vom 12. bis
zum 20. Juli 1539 hielt sich eine Straßburger Delegation in Basel auf, zu der nicht
nur Bucer und Capito gehörten, sondern auch der berühmte, aus Schleiden in der
Eifel stammende Pädagoge und Humanist Johannes Sturm sowie der damals in
1. Vgl. zur Datierung unten S. 5 58, Anm. 2.
2. Vgl. hierzu unten S. 592, Anm. 5.
3. Thommen, Gesehichte der Umversität Basel, S. 330.
4. Diese tst derjemgen, auf die sieh Bucer tn seinem Bnef an Jakob Meyer von Ende Januar 1539
bezieht, sehr ähnhch. Eine friihe Fassung dieser Artikel muß also bereits tm Januar 1539 oder sogar
noch früher tn Basel zirkuhert haben und Bucer zugeschickt worden sein, möghcherweise von My-
conius selbst.
5. Burckhardt-Biedermann, Die Erneuerung der Umversität zu Basel, S.468.