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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 14): Schriften zu Täufertum und Spiritualismus 1531 - 1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30651#0505
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11. stellungnahme zum bekenntnis der täufer

501

der hessischen Melchioriten in die Amtskirche dem Landgrafen uneingeschränkt
weiterzuempfehlen. ¹ Einen ersten, von Tasch bewirkten Erfolg konnte Bucer dem
Landgrafen bereits melden: Hermann Bastians spontane, öffentlich bekundete
Rückkehr in die Landeskirche während des von Bucer am 3.November 1538 gehaltenen
Predigtgottesdienstes. ²

Der Fürsprache Bucers ungeachtet ist Tasch zunächst von den landgräflichen Befehlshabern
in Marburg inhaftiert worden, sobald seine Identität ans Licht kam. ³
Es gelang dem Täuferführer jedoch schließlich, den Landgrafen von der Authentizität
seines Sinneswandels zu überzeugen und sogar an den Beratungen in Ziegenhain
vom 25. bis 30. November 1538 teilzunehmen, die zu der Verfassung der bekannten,
von Bucer maßgeblich geprägten Zuchtordnung führten. ⁴ Anscheinend kam es bei

1. Vgl. Bucers Brief an Philipp von Hessen vom 3. November 1538 (Lenz I, Nr. 17, S. 47–50;
Franz,TAHessen, Nr.80,S.239–241). Am folgenden Tagließ Bucer Tasch selbst einen Brief überbringen
(Lenz I, Nr. 18,S.51f.; Franz,TAHessen, Nr. 81,S.241 f.), in welchem er von dem Täuferführer
schrieb: »Dieser zeiger des meines brieves ist der fursteher, von dem ich e. f. g. geschriben. Ich
muss jm glauben geben. Bitt uffs ondertheniglichst vmbs herren willen, e. f.g. wollend jn der lange
nach hören« (Lenz I, S.51; Franz, TAHessen, S. 241).

2. Bucer an den Landgrafen am 4. November 1538: »Alß ich gestern predigen wolte, begeret
Herman, das ich ihn der kirchen versunen solte, von seinen wegen bekennen, das er mit dem sonderen
onrecht gethon vnd das er davon abston, sich zu vnser kirchen wider begeben, mit vnß im
herren gemeinschaft haben, auch zu seiner gelegenheit zum tisch des herren gon vnd allerdingen ein
glid in Christo mit vnß sein, mit angehengter bitt, jm zu verzeihen vnd gott für jn zu bitten etc., welches
ich dann gethon. Vnd ist das ein soliche freud den guthertzigen gewesen, das filen in der kirchen
die threher geflossen sind« (Lenz I, S. 51; Franz, TA Hessen, S. 241f.). Noch am selben Abend
ließ Peter Lose den Straßburger Reformator wissen, daß er dem Beispiel Bastians folgen wolle
(Lenz I, S. 51f.; Franz, TAHessen, S. 242).

3. Vgl. den Bericht der Befehlshaber zu Marburg an den Landgrafen vom 4. November 1538
(Franz, TA Hessen, Nr. 82, S. 242–244; vgl. auch Packull, Melchiorites, S. 16). Philipp von Hessen
verfolgte seit längerem das Wirken Taschs mit Argwohn und vermutete dessen Verstrickung im
Täuferreich zu Münster.Ein abgefangener Brief Taschs an Täufer in England veranlaßte den Landgrafen,
einen Brief an König Heinrich VIII. von England zu verfassen, in welchem er vor den Täufern
warnte (Hochhuth, Mittheilungen, S. 607–610; Wappler, Die Stellung Kursachsens, S. 71–77;
Franz, TA Hessen, S. 162–165; Deppermann, Melchior Hoffman, S. 325, Anm. 72). Ohne zu wissen,
daß Tasch sich bereits im Juni 1538 in Straßburg aufgehalten hatte, warnte Philipp von Hessen den
Straßburger Rat am 15.August 1538,daß Tasch sich vor dem Winter dorthin begeben wolle (QGT
15 [Elsaß III], Nr. 840, S.242).

4. Vgl. die Edition der Ziegenhainer Zuchtordnung in: BDS 7, S.260–278 und Sehling, EKO
VIII, S. 101–112. Eine präzise Untersuchung des möglichen Einflusses der Täufer oder gar Peter
Taschs auf die Bestimmungen der Ziegenhainer Zuchtordnung steht noch aus (einen Forschungsüberblick
und eigene Erkenntnisse legt Packull, Melchiorites vor; vgl. auch Burnett, Anabaptist
Context; dies., Confirmation and Christian Fellowship; dies., Yoke of Christ, S. 113–121). Es besteht
kein Zweifel, daß Bucer aus seiner Disputation mit den hessischen Täufern den Schluß zog,
der Kirchendisziplin vorrangige Bedeutung zuzumessen. Dementsprechend schrieb er am 2. November
1538 noch vor der erstmaligen Begegnung mit Peter Tasch an Philipp von Hessen: »Die ansichtigste
einrede diser leut ist alle daher, das wir leider so ubel haushalten, und mit diesem argument
verfuren sie fil leut. Der herr wölle uns helfen, das wir einmal diss argument den teufern und
paepstlern wol uflosten, ja unserm eignen gewissen und dem herren. Warlich es wurde hoch von nöten
sein, das uf dem tag, so E.F. G. angesetztet uf Catharinae [sc. die Ziegenhainer Synode ab dem
25. November 1538] von haushaltung der kirchen mit allem ernst gehandlet werde« (BDS 7, S.250;
Franz, TAHessen, S.238f.).
 
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