Nr.1
Bucers Verteidigung der Kindertaufe gegen Pilgram Marpeck
zwischen 28.Dezember 1531 und 10.Januar 1532
Einleitung
1. Entstehung und Inhalt
Unmittelbar veranlaßt wurde diese Schrift durch die Bitte des Täuferführers Pilgram
Marpeck an die Straßburger Prediger vom 28. Dezember 1531, diese mögen
ihm eine knappe Begründung der Kindertaufe vorlegen, die als Grundlage einer Einigung
dienen könne ¹ .Marpeck befand sich zu diesem Zeitpunkt mitten in einer
erbitterten Auseinandersetzung mit dem Straßburger Rat und mit den dortigen Predigern,
die den inzwischen dreieinhalb Jahren währenden Straßburger Aufenthalt ²
Marpecks und das Fortbestehen einer erfolgreichen Täufergemeinde ³ vor Ort unter
seiner Führung nicht länger dulden wollten. Die formelle Austragung des Konflikts
hatte mit einem von Bucer initiierten Gespräch zwischen ihm und Marpeck
1. Vgl. hierzu den von Bucers Hand stammenden Brief der Straßburger Prediger an den Rat vom
12. Januar 1532: »Es hat Pilgram vor xiiij tagen begert, wyr solten ym yn kurtze die grund, daruff
wyr meyneten den kindertauff bestehen, schriftlich vergreyffen vnd zustellen, sich daryn zu ersehen,
ob Got verleyhen wolte, das wyr des orts yn gleychen verstand komen mochten« (BCor VII,
S. 192,3–6).
2. Pilgram Marpeck hatte unter dem Eindruck der strengen Verfolgung der Täuferbewegung im
Inntal sein in seiner Heimatstadt Rattenberg ausgeübtes Amt eines Bergrichters im Januar 1528 aufgegeben
(Boyd, Marpeck, S. 21–24) und sich nach Krumau (Böhmen) begeben, wo er sich wahrscheinlich
einer Täufergemeinde anschloß und womöglich auch noch taufen ließ (Leppin,Marbeck;
Boyd, Marpeck, S. 52). Sein Aufenthalt in Straßburg ist spätestens ab dem 19. September 1528 mit dem
Erwerb des Bürgerrechts belegt (Wittmer/Meyer,Livre de bourgeoisie 2,Nr. 8687). Es ist möglich,
daß Marpeck bereits als täuferischer Gemeindevorsteher nach Straßburg kam (vgl. Boyd, Marpeck,
S. 61). Schon am 22. Oktober 1528 wurde er zusammen mit anderen Täufern festgenommen und verhört
(QGT 7 [Elsaß I], S. 185,11–17). Klaassen/Klassen, Dissent and Conformity, S.129, vermuten einen
beruflich bedingten Zwischenhalt Marpecks im Lebertal westlich von Schlettstadt um das Jahr
1529.Anfang 1530 wurde Marpeck von der Stadt Straßburg zum Zwecke der Holzversorgung und
Stadtentwässerung als Holzmeister und Wasserbauingenieur angestellt (QGT 7 [Elsaß I], S. 186,9 –
187,15; Klaassen, Marpeck, S. 175; Boyd, Marpeck, S. 56–58; Roth, Marpeck, S. 358). Die erste greifbare
Äußerung Bucers zu Marpeck ist in seinem Brief an Margarethe Blarer vom 19. August 1531
(BCor VI, S. 63,1–18) zufinden. Vgl. auch Rothkegel, Marpeck, sowie MQR 85 (2011), S.7–130.
3. Die Gemeinde Marpecks war nur eine von mehreren Täufergemeinden verschiedener theologischer
Prägung, die damals in Straßburg existierten. Bereits 1528 »hielten sich nahezu fünfhundert
Dissidenten in Straßburg auf«, von welchen 80 % Flüchtlinge waren (Lienhard, Religiöse Toleranz,
S. 11). Zu den verschiedenen täuferischen Gruppierungen in Straßburg zu diesem Zeitpunkt vgl.
Gerbert, Geschichte der Straßburger Sektenbewegung, S.21–63; Hulshof, Geschiedenis, S. 81–105;
Adam, Straßburg, S. 120–122 und 199–201; Krahn, Conflict, S. 145–161 und 215–480; Deppermann,
Melchior Hoffman, S.158–178; Oyer, Bucer and the Anabaptists, S.25–27; Boyd, Marpeck,
S.65; Klaassen/Klassen, Dissent and Conformity, S.119–132.
Bucers Verteidigung der Kindertaufe gegen Pilgram Marpeck
zwischen 28.Dezember 1531 und 10.Januar 1532
Einleitung
1. Entstehung und Inhalt
Unmittelbar veranlaßt wurde diese Schrift durch die Bitte des Täuferführers Pilgram
Marpeck an die Straßburger Prediger vom 28. Dezember 1531, diese mögen
ihm eine knappe Begründung der Kindertaufe vorlegen, die als Grundlage einer Einigung
dienen könne ¹ .Marpeck befand sich zu diesem Zeitpunkt mitten in einer
erbitterten Auseinandersetzung mit dem Straßburger Rat und mit den dortigen Predigern,
die den inzwischen dreieinhalb Jahren währenden Straßburger Aufenthalt ²
Marpecks und das Fortbestehen einer erfolgreichen Täufergemeinde ³ vor Ort unter
seiner Führung nicht länger dulden wollten. Die formelle Austragung des Konflikts
hatte mit einem von Bucer initiierten Gespräch zwischen ihm und Marpeck
1. Vgl. hierzu den von Bucers Hand stammenden Brief der Straßburger Prediger an den Rat vom
12. Januar 1532: »Es hat Pilgram vor xiiij tagen begert, wyr solten ym yn kurtze die grund, daruff
wyr meyneten den kindertauff bestehen, schriftlich vergreyffen vnd zustellen, sich daryn zu ersehen,
ob Got verleyhen wolte, das wyr des orts yn gleychen verstand komen mochten« (BCor VII,
S. 192,3–6).
2. Pilgram Marpeck hatte unter dem Eindruck der strengen Verfolgung der Täuferbewegung im
Inntal sein in seiner Heimatstadt Rattenberg ausgeübtes Amt eines Bergrichters im Januar 1528 aufgegeben
(Boyd, Marpeck, S. 21–24) und sich nach Krumau (Böhmen) begeben, wo er sich wahrscheinlich
einer Täufergemeinde anschloß und womöglich auch noch taufen ließ (Leppin,Marbeck;
Boyd, Marpeck, S. 52). Sein Aufenthalt in Straßburg ist spätestens ab dem 19. September 1528 mit dem
Erwerb des Bürgerrechts belegt (Wittmer/Meyer,Livre de bourgeoisie 2,Nr. 8687). Es ist möglich,
daß Marpeck bereits als täuferischer Gemeindevorsteher nach Straßburg kam (vgl. Boyd, Marpeck,
S. 61). Schon am 22. Oktober 1528 wurde er zusammen mit anderen Täufern festgenommen und verhört
(QGT 7 [Elsaß I], S. 185,11–17). Klaassen/Klassen, Dissent and Conformity, S.129, vermuten einen
beruflich bedingten Zwischenhalt Marpecks im Lebertal westlich von Schlettstadt um das Jahr
1529.Anfang 1530 wurde Marpeck von der Stadt Straßburg zum Zwecke der Holzversorgung und
Stadtentwässerung als Holzmeister und Wasserbauingenieur angestellt (QGT 7 [Elsaß I], S. 186,9 –
187,15; Klaassen, Marpeck, S. 175; Boyd, Marpeck, S. 56–58; Roth, Marpeck, S. 358). Die erste greifbare
Äußerung Bucers zu Marpeck ist in seinem Brief an Margarethe Blarer vom 19. August 1531
(BCor VI, S. 63,1–18) zufinden. Vgl. auch Rothkegel, Marpeck, sowie MQR 85 (2011), S.7–130.
3. Die Gemeinde Marpecks war nur eine von mehreren Täufergemeinden verschiedener theologischer
Prägung, die damals in Straßburg existierten. Bereits 1528 »hielten sich nahezu fünfhundert
Dissidenten in Straßburg auf«, von welchen 80 % Flüchtlinge waren (Lienhard, Religiöse Toleranz,
S. 11). Zu den verschiedenen täuferischen Gruppierungen in Straßburg zu diesem Zeitpunkt vgl.
Gerbert, Geschichte der Straßburger Sektenbewegung, S.21–63; Hulshof, Geschiedenis, S. 81–105;
Adam, Straßburg, S. 120–122 und 199–201; Krahn, Conflict, S. 145–161 und 215–480; Deppermann,
Melchior Hoffman, S.158–178; Oyer, Bucer and the Anabaptists, S.25–27; Boyd, Marpeck,
S.65; Klaassen/Klassen, Dissent and Conformity, S.119–132.