Nr. 12
Gutachten der in Schmalkalden versammelten Theologen
gegen Kaspar Schwenckfeld und Sebastian Franck
[16.] März 1540
Einleitung
1. Entstehung und Inhalt
Am 27.Januar 1540 richtete Bucer einen Brief an den Landgrafen Philipp von Hessen
mit der Bitte, dieser möge sich für die Teilnahme des Ulmer Prädikanten Martin
Frecht ¹ an der bevorstehenden Tagung ² des Schmalkaldischen Bundes einsetzen
³ .Dem Straßburger Reformator war daran gelegen, Schützenhilfe von den in
Schmalkalden versammelten sächsischen und hessischen Theologen für den Kampf
seines Ulmer Kollegen gegen den schlesischen Spiritualisten Kaspar Schwenckfeld ⁴
zu bekommen. Zwar hatte Schwenckfeld Ulm bereits am 11. September 1539 auf
Druck der dortigen Prediger verlassen, aber er genoß weiterhin nicht nur im Umfeld
der schwäbischen Reichsstadt, sondern auch in ganz Oberdeutschland hohes Ansehen
und hatte vor allem in prominenten Patrizierfamilien viele Anhänger ⁵ .Die
Einstellung der Feindseligkeiten zwischen ihm und den oberdeutschen Reformatoren,
die die ›Tübinger Konkordie‹ ⁶ hätte mit sich bringen sollen, war nur von
kurzer Dauer gewesen. Schwenckfeld machte während seines vierjährigen Ulmer
Aufenthaltes keinen Hehl aus seinen theologischen Ansichten sowie aus seiner
1. Zuihm vgl. oben S.422, Anm.2.
2. Es handelte sich um den Bundes- und Kriegsratstag, der vom 3. März bis 15. April 1540 stattfinden
sollte (Haug-Moritz, Der Schmalkaldische Bund, S. 603; BDS 9,1, S. 79f.). An ihm nahmen
auch zahlreiche Theologen teil, die am 9. März 1540 ein wirkungsmächtiges Memorandum zur Kirchengüterfrage
(Edition in: BDS 9,1, S.79–90; MBW 2391) verabschiedeten und ein ausführliches
Gutachten Melanchthons zur Überwindung der Kirchenspaltung besprachen (MBW 2352; Greschat,
Melanchthon, S. 128 f.).
3. Von Frecht schrieb Bucer,er sei der »allergetrawisten und geschicktisten handthaber einer der
concordi, aber der Schwenckfeldt hat sich dermaßen eingeschraubet bei dem alten Besserer und
richt so fil ergernuß in der kirchen zu Ulm an, das ich hoch sorge, wa nit bald und stadtlich eingesehen,
es werde dieser licentiat [sc. Frecht] einmal die sach Gott befehlen und anderswo dienst annemen«
(Lenz I, Nr. 45, S.134; CSch VII, S.455).
4. Zuihm vgl. oben S.271, Anm. 1.
5. Schwenckfeld hatte in Ulm, wo er sich im September 1535 niederließ, bei keinem anderen als
beim Bürgermeister Bernhard Besserer Herberge und aktive Unterstützung gefunden. Zu seiner
Popularität in Ulm und in weiteren oberdeutschen Reichsstädten vgl. Deetjen, Licentiat Martin
Frecht, S. 302; McLaughlin, Reluctant Radical, S. 200; ders., Freedom of Spirit, S. 29 f. und 156;
Pollet II, S.213.
6. Die ›Tübinger Konkordie‹ wurde am 28. Mai 1535 zwischen Martin Bucer, Ambrosius Blarer
und Martin Frecht einerseits und Kaspar Schwenckfeld und Jakob Held andererseits geschlossen.
Vgl. oben Nr. 8, S.413–425.
Gutachten der in Schmalkalden versammelten Theologen
gegen Kaspar Schwenckfeld und Sebastian Franck
[16.] März 1540
Einleitung
1. Entstehung und Inhalt
Am 27.Januar 1540 richtete Bucer einen Brief an den Landgrafen Philipp von Hessen
mit der Bitte, dieser möge sich für die Teilnahme des Ulmer Prädikanten Martin
Frecht ¹ an der bevorstehenden Tagung ² des Schmalkaldischen Bundes einsetzen
³ .Dem Straßburger Reformator war daran gelegen, Schützenhilfe von den in
Schmalkalden versammelten sächsischen und hessischen Theologen für den Kampf
seines Ulmer Kollegen gegen den schlesischen Spiritualisten Kaspar Schwenckfeld ⁴
zu bekommen. Zwar hatte Schwenckfeld Ulm bereits am 11. September 1539 auf
Druck der dortigen Prediger verlassen, aber er genoß weiterhin nicht nur im Umfeld
der schwäbischen Reichsstadt, sondern auch in ganz Oberdeutschland hohes Ansehen
und hatte vor allem in prominenten Patrizierfamilien viele Anhänger ⁵ .Die
Einstellung der Feindseligkeiten zwischen ihm und den oberdeutschen Reformatoren,
die die ›Tübinger Konkordie‹ ⁶ hätte mit sich bringen sollen, war nur von
kurzer Dauer gewesen. Schwenckfeld machte während seines vierjährigen Ulmer
Aufenthaltes keinen Hehl aus seinen theologischen Ansichten sowie aus seiner
1. Zuihm vgl. oben S.422, Anm.2.
2. Es handelte sich um den Bundes- und Kriegsratstag, der vom 3. März bis 15. April 1540 stattfinden
sollte (Haug-Moritz, Der Schmalkaldische Bund, S. 603; BDS 9,1, S. 79f.). An ihm nahmen
auch zahlreiche Theologen teil, die am 9. März 1540 ein wirkungsmächtiges Memorandum zur Kirchengüterfrage
(Edition in: BDS 9,1, S.79–90; MBW 2391) verabschiedeten und ein ausführliches
Gutachten Melanchthons zur Überwindung der Kirchenspaltung besprachen (MBW 2352; Greschat,
Melanchthon, S. 128 f.).
3. Von Frecht schrieb Bucer,er sei der »allergetrawisten und geschicktisten handthaber einer der
concordi, aber der Schwenckfeldt hat sich dermaßen eingeschraubet bei dem alten Besserer und
richt so fil ergernuß in der kirchen zu Ulm an, das ich hoch sorge, wa nit bald und stadtlich eingesehen,
es werde dieser licentiat [sc. Frecht] einmal die sach Gott befehlen und anderswo dienst annemen«
(Lenz I, Nr. 45, S.134; CSch VII, S.455).
4. Zuihm vgl. oben S.271, Anm. 1.
5. Schwenckfeld hatte in Ulm, wo er sich im September 1535 niederließ, bei keinem anderen als
beim Bürgermeister Bernhard Besserer Herberge und aktive Unterstützung gefunden. Zu seiner
Popularität in Ulm und in weiteren oberdeutschen Reichsstädten vgl. Deetjen, Licentiat Martin
Frecht, S. 302; McLaughlin, Reluctant Radical, S. 200; ders., Freedom of Spirit, S. 29 f. und 156;
Pollet II, S.213.
6. Die ›Tübinger Konkordie‹ wurde am 28. Mai 1535 zwischen Martin Bucer, Ambrosius Blarer
und Martin Frecht einerseits und Kaspar Schwenckfeld und Jakob Held andererseits geschlossen.
Vgl. oben Nr. 8, S.413–425.