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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 14): Schriften zu Täufertum und Spiritualismus 1531 - 1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30651#0017
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Einleitung

Im März 1529 reichten einige Straßburger Pfarrer und Zuhörer der theologischen
Vorlesungen Bucers mehrere Suppliken beim Rat ein. Sie forderten, man solle dem
Straßburger Reformator eine Wohnung in der Innenstadt verschaffen, um ihm den
zeitraubenden Gang vom Pfarrhaus von St. Aurelien zur Dominikanerkirche, wo
seine Vorlesungen stattfanden, zu ersparen. Die Autoren dieser Gesuche gaben für
den gewünschten Umzug Bucers einen weiteren, entscheidenden Grund an: die
Tatsache, daß dieser »jn der teuffer sach furnemlich gepraucht wurt« (BDS 2,
S.412,3). Sie hofften, seine Präsenz in Straßburgs Mitte werde »och zu stillen die
widertauffer dienen [...], denn er den handel wider sy am höchsten furet« (ibid.,
S.413,7f.).

Der überragende Stellenwert, der Bucers Auseinandersetzung mit den Täufern in
diesen Suppliken beigemessen wird, mag auf den ersten Blick überraschen. Denn die
Berühmtheit des Straßburger Reformators in der Nachwelt beruht in erster Linie
auf seiner Vermittlerrolle im innerprotestantischen Abendmahlsstreit, vor allem
zwischen 1528 und 1536,sowie auf seinen Unionsbemühungen zwischen evangelischer
und altgläubiger Seite in den 1540er Jahren –nicht aber auf seiner Konfrontation
mit den Täufern.

Jedoch gibt es einen Zusammenhang zwischen Bucers geschichtswirksamen
abendmahlstheologischen Vermittlungsbemühungen und seiner Abwehrhaltung gegenüber
den Täufern: das in beidem sichtbar werdende Streben nach kirchlicher
Einheit. Das Fehlen dieser Einheit war dem Straßburger Reformator durch die augenfällige
Präsenz zahlreicher täuferischer Gruppierungen in seiner ureigenen Wirkungsstätte,
der Reichsstadt an der Ill, schon seit Frühjahr 1526 schmerzhaft bewußt.
Darüber hinaus machten ihn seine engen Kontakte zu Philipp von Hessen
und den Predigern der oberdeutschen Reichsstädte auch auf die enorme Ausbreitung
des Täufertums außerhalb Straßburgs aufmerksam. So wurde Bucer früh klar,
daß er sich der Herausforderung dieser Bewegung über einen längeren Zeitraum
hinweg würde stellen müssen.

Theologisch verlief diese Auseinandersetzung nicht in einfachen, vorhersehbaren
Bahnen, denn die eigentümliche Spannung zwischen Äußerem und Innerem, die
Bucers Theologie eigen war, charakterisierte gerade auch die Theologie der Täufer
und machte eine intellektuell stimmige Abgrenzung von ihnen zu einem schwierigen
Vorhaben. Vor allem die frühe Tendenz Bucers, geringes Gewicht etwa auf die
Wassertaufe als äußeres Zeichen zu legen und dagegen die auf Gott zurückgehende
Geisttaufe als allein heilsbestimmend hervorzuheben, kam den Täufern entgegen,
die den Sinn der Kindertaufe gerade als äußere Handlung in Frage stellten. Bucers
Konfrontation mit den Täufern führte ihn deshalb –ähnlich wie der zur selben Zeit
stattfindende Abendmahlsstreit –zueiner zunehmenden Betonung der ekklesiologischen
Notwendigkeit äußerer Strukturen und zu einer Aufwertung der von Menschen
vollzogenen Sakramentshandlungen. Der Konflikt verkomplizierte sich zusätzlich
durch das Auftreten einer dritten Partei, derjenigen der Spiritualisten, die
 
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