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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 14): Schriften zu Täufertum und Spiritualismus 1531 - 1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30651#0018
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14 einleitung

ursprünglich mit den Täufern viele Gemeinsamkeiten aufzuweisen schienen, aber
bald gegenüber diesen eine ebenso kritische Haltung einnahmen wie gegenüber der
Amtskirche. Auch sie konnten von der eigenen Position behaupten, sie sei nichts anderes
als die konsequente Radikalisierung dessen, was Bucer früher selbst vertreten
hatte. Es ist bezeichnend, daß Bucers erste umfangreichere gegen einen Täufer gerichtete
Schrift, seine ›Getrewe Warnung der Prediger des Evangelii zu Straßburg
uber die Artickel, so Jacob Kautz, Prediger zu Wormbs, kürtzlich hat lassen außgohn‹
vom Juli 1527 (BDS 2, S.234–258), sich vorwiegend mit spiritualistischen Positionen
auseinandersetzt.

Beide Gruppierungen –Täufer und Spiritualisten –begründeten ihre Kritik an
den entstehenden Landeskirchen mit den hohen ethischen Ansprüchen, die sie an
die sichtbare Kirche stellten. Beiden gemeinsam war dementsprechend auch die unverhohlene
Enttäuschung über das Ausbleiben der kollektiven moralischen Erneuerung,
die sie seit Anbruch der reformatorischen Bewegung erwartet hatten. Bucer
teilte dieses betonte ethische Anliegen. So ist sein Kampf gegen Täufertum und Spiritualismus
vor dem Hintergrund seines allgemeinen Bemühens zu sehen, verbindlichere
äußere Strukturen für die eigene Kirche zu errichten, um die Glieder zu einem
vollkommeneren Lebenswandel anzuspornen. In den wenigen Fällen, in denen es
Bucer gelang, Täufer für die eigene Kirche zurückzugewinnen, geschah dies nur
deshalb, weil die betreffenden Täufer sich gerade in bezug auf ihren ethischen Ernst
von Bucer verstanden fühlten.

Die vierzehn in diesem Band gesammelten Schriften Bucers zu Täufertum und Spiritualismus
weisen eine besondere Häufung in den dreißiger Jahren auf. Dies ist kein
Zufall, denn Bucers Bemühungen, mittels der Synoden vom Sommer und Herbst
1533 der Straßburger Kirche feste Strukturen zu verschaffen, standen in unmittelbarem
Zusammenhang mit mehreren Auseinandersetzungen Anfang der dreißiger
Jahre: dem ein Jahr zurückliegenden Disput mit dem Täufer Pilgram Marpeck (in
diesem Band die Schriften Nr. 1–3, die zwischen Dezember 1531 und Februar 1532
entstanden sind), dem gleichzeitig ausgetragenen Konflikt mit dem apokalyptischen
Täufer Melchior Hoffman (›Handlung in dem offentlichen gesprech zu Straßburg
jüngst im Synodo gehalten‹ von Juni/Juli 1533,BDS 5,S.45–107)und der Auseinandersetzung
mit dem Spiritualisten Kaspar Schwenckfeld (in diesem Band die Schriften
Nr. 4– 6, zwischen August und Oktober 1533 verfaßt). Die aus den Synodalverhandlungen
hervorgegangene Straßburger Kirchenordnung vom Juni 1534 sah eine
Kirche vor,inder es gemäß den Vorstellungen Bucers für Täufer und Spiritualisten
keinen Platz gab.

Während die obengenannten Schriften sich ausschließlich mit religiösen Nonkonformisten
befassen, die sich in Bucers unmittelbarem geographischen Umfeld
befanden, wendet sich der Reformator in seiner im Dezember 1533 abgeschlossenen,
umfangreichen Antwort auf einen Brief des Münsteraner Predigers Bernhard
Rothmann (Nr. 7 in diesem Band) erstmals einem täuferischen Zentrum weit außerhalb
Straßburgs zu. Dieses Werk ist eine der am gründlichsten durchdachten und am
stärksten systematisch angelegten Schriften Bucers hinsichtlich der Frage der Kin-
 
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