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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 14): Schriften zu Täufertum und Spiritualismus 1531 - 1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30651#0019
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dertaufe und kommt einer Abhandlung gleich, obwohl es die äußere Form eines
Briefes einhält.

Eigentümlich ist das darauffolgende Stück (Nr. 8), das als einziges in diesem Band
einen Vertragstext wiedergibt. Das damit dokumentierte Abkommen vom Mai 1535
zwischen Bucer und seinen Mitreformatoren Ambrosius Blarer und Martin Frecht
einerseits und den Spiritualisten Kaspar Schwenckfeld und Jakob Held andererseits
ist ohne Parallele: Eine vergleichbare Übereinkunft Bucers mit einem seiner täuferischen
Gegner wäre kaum denkbar gewesen. Der Frieden, der in dieser ›Tübinger
Konkordie‹ zwischen beiden Parteien protokolliert ist, war freilich nur von kurzer
Dauer.

Auf ein Zentrum täuferischer Aktivität außerhalb von Bucers unmittelbarem
Straßburger Wirkungskreis beziehen sich auch die drei folgenden Schriften, die sich
mit hessischen Täufern befassen (Nr.8–10). Unter ihnen finden wir erstmals in unserem
Band ein Gutachten im eigentlichen Sinne (Nr. 9), in welchem die Straßburger
Prediger dem Landgrafen Philipp Empfehlungen für den angemessenen Umgang
mit Täufern geben. Diese Quelle hat einen besonderen historiographischen Wert, da
man sie mit den Gutachten zum selben Thema, die Philipp von mehreren anderen
Reformatoren zeitgleich erhielt (allen voran die ungleich wirkungsmächtigere Wittenberger
Stellungnahme ›Daß weltliche Obrigkeit den Wiedertäufern mit leiblicher
Strafe zu wehren schuldig sei‹, WA 50, S.6–15), vergleichen kann.

Bereits Bucers umfangreiche Replik (Nr. 2) auf Pilgram Marpecks Bekenntnis
weist einen gewissen dialogischen Charakter auf. Darüber hinausgehend stellt die
Schrift Nr. 10 als einzige unseres Bandes das Protokoll eines Gespräches zwischen
Bucer und Vertretern des Täufertums dar, das tatsächlich stattfand. Da dieser
Schlagabtausch überraschenderweise eine Versöhnung zwischen beiden Parteien in
die Wege leiten sollte, kommt der genauen Dokumentation des Gesprächs besonderes
Gewicht zu. Die darauffolgende Stellungnahme Bucers, in der dieser eine recht
vorsichtige, aber letztlich positive Bilanz des Bekenntnisses rückkehrwilliger hessischer
Täufer zieht (Nr.11), schließt diesen Themenkomplex ab.

Für Kaspar Schwenckfelds anhaltende Beliebtheit in einflußreichen Kreisen bis in
die 1540er Jahre hinein sprechen Bucers beharrliche Versuche, seine Verurteilung
durch kein geringeres Gremium als die versammelten Theologen des Schmalkaldischen
Bundes zu erreichen. Freilich ermangeln die in diesem Zusammenhang entstandenen
Schriften (Nr. 12 und 13) der theologischen Durchdachtheit und der argumentativen
Tiefe, die seine sonstigen Schriften gegen Täufer und Spiritualisten
charakterisieren.

Die abschließende Schrift unseres Bandes (Nr.14), vor der Kulisse der drohenden
Niederlage der Protestanten im Schmalkaldischen Krieg verfaßt, zeichnet sich
durch eine Haltung von fast abgeklärter Toleranz gegenüber dem Täufertum und
durch merkliche Selbstkritik gegenüber der eigenen Kirche aus. Bucer verbirgt nicht
seine Enttäuschung darüber, daß die Menschen in seinem Umfeld sich bisher nicht
dazu haben durchringen können, die »war, christliche religion« verbindlich anzunehmen
und »christliche gemeinschafft, zucht vnd bann nach dem Gottesgebot«
konsequent aufzurichten (S. 556,10–14). Gerade diese Mängel verbieten es der

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