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14. brief an philipp iv. vonhanau-lichtenberg
555
oder handlung vnd reichung der h[eiligen] Sacramenten oder andere ceremonien
vnd kirchenübungen, dahin mit höchstem ernst vnd vleiß, auch bester vnd ansehenlichster
ehrlichster weise, richten vnd verrichten solle, das dadurch alle vnd jede getaufften,
so bald sie zu so fil verstand komen sind, angefüret, gebracht vnd darin erhalten
vnd gefürdert werden, in ware lebendige vnd würckliche erkandtnüs, rew
vnd leid der sünden, bede ¹ der angebornen vnd deren, in die sie täglich fallen, vnnd
in war lebendigen, thetigen glaüben an Christum | 472 |vnseren Herren, durch in ²
verzeihung der sünden, seinen h[eiligen] Geist zu allen guten wercken vnd das ewig
leben zu empfahen vnd zu erhalten.
So ist das auch offenbar, das durch der Päpstlichen hinlessigkeit ³ vnd verkerung
das arme volck in so schweren onuerstand, onwissen vnd verachtung Gottes vnd aller
götlichen sachen komen ist, das man warlich aller der mittel, weise vnd wege bedarffe,
die m[agister] Panthaleon hat vorgeschrieben, das volck zu bringen in rechte
lebendige erkantnüs vnd forcht Gottes, auch heilsamen geprauch seines Worts, Sacramenten,
gebets vnd anderen vbungen der Religion, beide ⁴ in gesundheit vnd
kranckheit, in gefahr vnd ausser gefahr, inglück vnd onglück.
Darumb, so fil den bedacht ⁵ vnd begriff vom tauff, den er gar hat verfertiget ⁶ ,
belanget, so kan ia niemand sagen, das es nit seer nutz vnd besserlich seie, das die
schwangeren frawen der massen, wie ers vorgeschriben, zu der geburtsgefahr vnd
not im Herren bereitet vnd gerüstet vnd in nöten getröstet, des gleichen nach der geburt
zu rechter dancksagung vnd trost, wa inen der Herre ire leibsfrucht entzogen
hat, angehalten vnd befürdert werden.
Waserdann von der vorbereitung züm h[eiligen] Tauff ⁷ vnd der gantzen handlung
vnd herlichkeit des selbigen, desgleichen vom Nottauffe vorgeschriben, ist
auch alles aus dem Gotteswort gezogen vnd würde hoch besserlich sein, wa mans
also alles hielte vnd verrichtet, nemlich zu diesen Zeiten vnd bei vnserem ietzigen
volck, bei dem die achtung vnd hochhaltung des h[eiligen] Tauffs so schwerlich verfallen
ist, welches doch als das Sacrament vnser widergeburt vnd erstes vffnemen in
die gnad Gottes ⁸ mit der aller ernsten vnd höchsten herlichkeit vnd andacht solte
gehandelt vnd empfangen werden, wie es die alten apostolischen kirchen gehalten.
Allein in dem, so von straff der Widerteuffer gesetzet ist, im zehenden und eilfften,
das ist: letstem articul, vnder dem titel: ›Wie man mit den Widerteufferen vnd allen
anderen, so ketzereien wider die Symbola in das volck strewen etc., handlen vnd
vmbgehen solle‹, hab ich in dem ein bedencken, ob ein ieder,der vber sein gethanen
eid wider in der teuffer irthumb fiele, on alle gnad mit dem schwerdt vom leben zum
1. bede ... vnd: sowohl ... als auch.
2. ihn.
3. Nachlässigkeit, Mangel an Sorge. Grimm 10 (= IV,2), Sp.1451.
4. Vgl. oben Anm.1.
5. Erwägung, Überlegung.
6. sc. den er abschließend behandelt hat.
7. Zum Maskulinum vgl. Grimm 21 (= XI,1,1), Sp.185 f.
8. Ähnlich definiert Bucer die Taufe in seinem ›Quid de baptismate infantium sentiendum‹ vom
Dezember 1533 (vgl. oben S.377,6–10).
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14. brief an philipp iv. vonhanau-lichtenberg
555
oder handlung vnd reichung der h[eiligen] Sacramenten oder andere ceremonien
vnd kirchenübungen, dahin mit höchstem ernst vnd vleiß, auch bester vnd ansehenlichster
ehrlichster weise, richten vnd verrichten solle, das dadurch alle vnd jede getaufften,
so bald sie zu so fil verstand komen sind, angefüret, gebracht vnd darin erhalten
vnd gefürdert werden, in ware lebendige vnd würckliche erkandtnüs, rew
vnd leid der sünden, bede ¹ der angebornen vnd deren, in die sie täglich fallen, vnnd
in war lebendigen, thetigen glaüben an Christum | 472 |vnseren Herren, durch in ²
verzeihung der sünden, seinen h[eiligen] Geist zu allen guten wercken vnd das ewig
leben zu empfahen vnd zu erhalten.
So ist das auch offenbar, das durch der Päpstlichen hinlessigkeit ³ vnd verkerung
das arme volck in so schweren onuerstand, onwissen vnd verachtung Gottes vnd aller
götlichen sachen komen ist, das man warlich aller der mittel, weise vnd wege bedarffe,
die m[agister] Panthaleon hat vorgeschrieben, das volck zu bringen in rechte
lebendige erkantnüs vnd forcht Gottes, auch heilsamen geprauch seines Worts, Sacramenten,
gebets vnd anderen vbungen der Religion, beide ⁴ in gesundheit vnd
kranckheit, in gefahr vnd ausser gefahr, inglück vnd onglück.
Darumb, so fil den bedacht ⁵ vnd begriff vom tauff, den er gar hat verfertiget ⁶ ,
belanget, so kan ia niemand sagen, das es nit seer nutz vnd besserlich seie, das die
schwangeren frawen der massen, wie ers vorgeschriben, zu der geburtsgefahr vnd
not im Herren bereitet vnd gerüstet vnd in nöten getröstet, des gleichen nach der geburt
zu rechter dancksagung vnd trost, wa inen der Herre ire leibsfrucht entzogen
hat, angehalten vnd befürdert werden.
Waserdann von der vorbereitung züm h[eiligen] Tauff ⁷ vnd der gantzen handlung
vnd herlichkeit des selbigen, desgleichen vom Nottauffe vorgeschriben, ist
auch alles aus dem Gotteswort gezogen vnd würde hoch besserlich sein, wa mans
also alles hielte vnd verrichtet, nemlich zu diesen Zeiten vnd bei vnserem ietzigen
volck, bei dem die achtung vnd hochhaltung des h[eiligen] Tauffs so schwerlich verfallen
ist, welches doch als das Sacrament vnser widergeburt vnd erstes vffnemen in
die gnad Gottes ⁸ mit der aller ernsten vnd höchsten herlichkeit vnd andacht solte
gehandelt vnd empfangen werden, wie es die alten apostolischen kirchen gehalten.
Allein in dem, so von straff der Widerteuffer gesetzet ist, im zehenden und eilfften,
das ist: letstem articul, vnder dem titel: ›Wie man mit den Widerteufferen vnd allen
anderen, so ketzereien wider die Symbola in das volck strewen etc., handlen vnd
vmbgehen solle‹, hab ich in dem ein bedencken, ob ein ieder,der vber sein gethanen
eid wider in der teuffer irthumb fiele, on alle gnad mit dem schwerdt vom leben zum
1. bede ... vnd: sowohl ... als auch.
2. ihn.
3. Nachlässigkeit, Mangel an Sorge. Grimm 10 (= IV,2), Sp.1451.
4. Vgl. oben Anm.1.
5. Erwägung, Überlegung.
6. sc. den er abschließend behandelt hat.
7. Zum Maskulinum vgl. Grimm 21 (= XI,1,1), Sp.185 f.
8. Ähnlich definiert Bucer die Taufe in seinem ›Quid de baptismate infantium sentiendum‹ vom
Dezember 1533 (vgl. oben S.377,6–10).