DIALOGI
177
wir darumb der speyß des ewigen lebens manglen? So uns Got ruffet, billich kommen
wir, so er uns seine gnad anbeüttet, warumb wolten wir sy nit mit hochster danckbar-
kait annemen? Andere kommen auch und nemen die gnad Christi an, wenn inen das
geben wirt.
Aber, mein lieber Sinnprecht, kanstu nun erkennen, das unsere oberen vor Gott
schuldig seind, das reych unsers Herren Jesu Christi nach allem irem vermogen bey
iren underthonen so ferr zü fürderen, das sy versehen, das wir die lere und Kirchen-
übungen haben nach dem wort des Herren, onangesehen, was dagegen alle welt
gebiete oder verbiete? So würstu warlich das auch müssen bekennen, das sy schuldig
seind, in irem gebiet schlecht nieman überal zü gestatten, falsche leere oder unchristli-
che Cerimonien zu üben. 845 Dann so sy die oberen vater seind, müssen sy in der warhait
von irer gemain alle ergernuß sovil fleissiger abhalten, als kain besonderer vatter von
seinem hauß alle ergernuß abzuhalten schuldig ist, sovil sy ain hoheren befelch haben
und gemainere vätter des vatterlands seind, die | Y 3 a | erstatten sollen, was die beson-
dere vätter in Christlicher zucht und anhalten zur gotsäligkait versaumen oder ye nit
außrichten mogen. Nun, wer ain frembde leere bringet, den sollen die haußvätter nit
grüssen noch in ir hauß aufnemen, wie wir in der anderen Epistel Johannis [10] haben;
vil weniger wirt den gemainen und oberen vätteren gebüren, das sy solten lassen bey
den iren offentliche verkerung der lere und Cerimonien Christi anstatt des hochsten
Gottesdiensts und darzü mit trutz und boch 846 wider die warhait, als dann layder die
armen leüt yetz handlen, geübet werden.
847 So dann die oberen die pfaffen doch beschützen, mit Rigel und thoren bewaren
und in der gemainschafft ires volcks, das ist, in gemainer statt marck 848 , brauch und
nutzbarkaiten 849 halten, ja inen gemainlich die vortail vergunnen, die den waren
seelsorgeren und gaistlichen vätteren von Christlichen oberen vor zeyten gegeben
seind, mächtend sy sich schuldig und thailhafft alles des gotlosen wesens, das sy triben,
und füreten damit über sich und die iren den schwären zorn Gottes, wa sy inen ir
gotloß wesen nit weereten. An den sünen Eli 850 und anderen verkereten priesteren des
alten volcks hatt man wol zu sehen, wie erschrocklich der zorn Gottes über das volck
durch der priester gottloß wesen anzündet werde, wa inen an dem nicht geweeret
wirdt.
851 Daher, als der hailig Gregorius vernommen, wie bey den Francken etliche priester
unzüchtig lebten, ermanet er gar fleyssig ire Künigin Brunßhilden, das sy solchem übel
alsbald wolte begegnen und damit irer aigen seelen, iren kinderen und landen vor der
straff Gottes sein. Dann sich der der sünden tailhaft machet, schreybet er, der sy
underlasset abzuschaffen, wa ers vermag. Und beschleüßt der hailig Gregorius den
brief an die Künigin also: Wisset, das ir unserem Gott ain groß opffer der versünung
aufopferen, so ir die mackel sollich grossen lasters von eweren gebieten alsbald abha-
845. Oberkaiten seind vätter. [Marg.].
846. Prahlerei, Trutz; Lexer 1, Sp. 320.
847. On den %oren gotes mogen die pfaffen bej irem mißbrauch nit geschüt^et werden. [Marg.].
848. Bezirk; Trübner 4, S. 557h
849. Nützungsgerechtsamen, -vorrechte.
850. Vgl. 1 Sam 2,12—17. 851. Bapst Gregorius. [Marg.].
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wir darumb der speyß des ewigen lebens manglen? So uns Got ruffet, billich kommen
wir, so er uns seine gnad anbeüttet, warumb wolten wir sy nit mit hochster danckbar-
kait annemen? Andere kommen auch und nemen die gnad Christi an, wenn inen das
geben wirt.
Aber, mein lieber Sinnprecht, kanstu nun erkennen, das unsere oberen vor Gott
schuldig seind, das reych unsers Herren Jesu Christi nach allem irem vermogen bey
iren underthonen so ferr zü fürderen, das sy versehen, das wir die lere und Kirchen-
übungen haben nach dem wort des Herren, onangesehen, was dagegen alle welt
gebiete oder verbiete? So würstu warlich das auch müssen bekennen, das sy schuldig
seind, in irem gebiet schlecht nieman überal zü gestatten, falsche leere oder unchristli-
che Cerimonien zu üben. 845 Dann so sy die oberen vater seind, müssen sy in der warhait
von irer gemain alle ergernuß sovil fleissiger abhalten, als kain besonderer vatter von
seinem hauß alle ergernuß abzuhalten schuldig ist, sovil sy ain hoheren befelch haben
und gemainere vätter des vatterlands seind, die | Y 3 a | erstatten sollen, was die beson-
dere vätter in Christlicher zucht und anhalten zur gotsäligkait versaumen oder ye nit
außrichten mogen. Nun, wer ain frembde leere bringet, den sollen die haußvätter nit
grüssen noch in ir hauß aufnemen, wie wir in der anderen Epistel Johannis [10] haben;
vil weniger wirt den gemainen und oberen vätteren gebüren, das sy solten lassen bey
den iren offentliche verkerung der lere und Cerimonien Christi anstatt des hochsten
Gottesdiensts und darzü mit trutz und boch 846 wider die warhait, als dann layder die
armen leüt yetz handlen, geübet werden.
847 So dann die oberen die pfaffen doch beschützen, mit Rigel und thoren bewaren
und in der gemainschafft ires volcks, das ist, in gemainer statt marck 848 , brauch und
nutzbarkaiten 849 halten, ja inen gemainlich die vortail vergunnen, die den waren
seelsorgeren und gaistlichen vätteren von Christlichen oberen vor zeyten gegeben
seind, mächtend sy sich schuldig und thailhafft alles des gotlosen wesens, das sy triben,
und füreten damit über sich und die iren den schwären zorn Gottes, wa sy inen ir
gotloß wesen nit weereten. An den sünen Eli 850 und anderen verkereten priesteren des
alten volcks hatt man wol zu sehen, wie erschrocklich der zorn Gottes über das volck
durch der priester gottloß wesen anzündet werde, wa inen an dem nicht geweeret
wirdt.
851 Daher, als der hailig Gregorius vernommen, wie bey den Francken etliche priester
unzüchtig lebten, ermanet er gar fleyssig ire Künigin Brunßhilden, das sy solchem übel
alsbald wolte begegnen und damit irer aigen seelen, iren kinderen und landen vor der
straff Gottes sein. Dann sich der der sünden tailhaft machet, schreybet er, der sy
underlasset abzuschaffen, wa ers vermag. Und beschleüßt der hailig Gregorius den
brief an die Künigin also: Wisset, das ir unserem Gott ain groß opffer der versünung
aufopferen, so ir die mackel sollich grossen lasters von eweren gebieten alsbald abha-
845. Oberkaiten seind vätter. [Marg.].
846. Prahlerei, Trutz; Lexer 1, Sp. 320.
847. On den %oren gotes mogen die pfaffen bej irem mißbrauch nit geschüt^et werden. [Marg.].
848. Bezirk; Trübner 4, S. 557h
849. Nützungsgerechtsamen, -vorrechte.
850. Vgl. 1 Sam 2,12—17. 851. Bapst Gregorius. [Marg.].