Ulm
26. Kanzelverkündung zur Prüfung der Brautleute 6. Mai 1584 (Text S. 276)
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war die evangelische Lehre in Ulm in Predigt und Kasualien
etabliert. Die Inhalte der evangelischen Glaubensgrundlagen waren unter der Bevölkerung, vor allem des
ausgedehnten Ulmer Territoriums, jedoch kaum bekannt. In einer Vermahnung beklagte der Rat am 6. Mai
1584, dass nicht nur heimliche Eheschließungen ohne Einwilligung der Eltern vorgenommen worden, son-
dern dass die Brautleute vielfach auch ohne Kenntnis der sechs Hauptstücke des Katechismus - gleichsam
unchristlich - in den Stand der Ehe getreten seien. Die Brautleute sollten künftig erst dann eingesegnet
werden, wenn sie dem Pfarrer die Katechismushauptstücke auswendig vortragen könnten.227
27.a-d Berichte und Ratsentscheide zur Einzelbeichte Juli / November 1586 (Texte S. 277)
Nachdem die Prediger bereits im April 1586 in einem ersten Bericht ihre generelle Zustimmung zur Ein-
führung der Einzelbeichte (privatexamen) vor dem Abendmahl gegeben und praktische Erwägungen ange-
stellt hatten,228 arbeiteten sie im Juli desselben Jahres konkrete Maßnahmen aus, in welcher Weise die
Einzelbeichte abgenommen werden sollte (Nr. 27a): Nur derjenige wurde zum Abendmahl zugelassen, der
sich beim Pfarrer angemeldet hatte, von diesem unterwiesen worden war und abschließend die Beichte
abgelegt hatte. Den Unbußfertigen, die ihre Sünden nicht bekannten, sollte das Abendmahl verweigert
werden.229 Bei diesen Regelungen berief man sich dezidiert auf die württembergische Kirchenordnung von
1553, die nach dem Interim in Ulm zur maßgeblichen Richtschnur geworden war.230 Der Rat beschloss am
22. Juli, das Privatexamen gemäß den Vorschlägen der Prädikanten einzuführen, zuvor sollte die Bevöl-
kerung mit Predigten ein Vierteljahr lang auf diese Neuerung vorbereitet werden (Nr. 27b). Nachdem die
drei Monate vergangen waren, konkretisierten die Prädikanten in einem weiteren Bericht an den Rat, an
welchen Tagen und zu welchen Stunden die Beichte in der Kirche abgenommen werden sollte. Bestimmte
Personen - betagte ehrenwerte Bürger - wollten die Prädikanten auch in ihren Häusern examinieren
(Nr. 27c). Mit Ausnahme des letztgenannten Vorschlags stimmte der Rat den Plänen der Prädikanten zu
(Nr. 27d). Das Privatexamen wurde damit Ende 1586 eingeführt.
28. Resolution zu Schul- und Kirchensachen 2. Januar 1593 (Text S. 286)
Im Januar 1593 erließ der Ulmer Rat eine Resolution für die Prädikanten, in der er neben Beschlüssen zur
Verbesserung des Schulunterrichts umfangreiche Maßnahmen zur Erneuerung des Kirchenwesens beschloss:
Es sollten weitere Geistliche angestellt und die in Abgang gekommenen Visitationen und Synoden wieder
regelmäßig durchgeführt werden, die Landpfarrer in ihren Studien gefördert, die Predigttexte besser struk-
turiert, auf angemessenes Verhalten der Gemeinde beim Empfang des Abendmahls geachtet, die Einheit-
lichkeit von Lehre und Zeremonien in den einzelnen Pfarreien gewährleistet und keine politischen Themen
auf die Kanzel gebracht werden. Mit der Aufsicht über diese Maßnahmen wurde der Ulmer Superintendent
Johannes Veesenbeck betraut. Bevor den Geistlichen die Beschlüsse der Resolution mitgeteilt wurden, legte
man sie am 4. Januar 1593 ad revidendum den Religionsherren vor. Diese beschlossen, bezüglich der Anstel-
lung eines zusätzlichen Geistlichen sowie beim Kirchengesang Änderungen auszuarbeiten. Die Resolution
ist in zwei Fassungen überliefert, die jedoch nur geringfügig voneinander abweichen, vermutlich war eine
für das Gremium der Religionsherren bestimmt.
227 Vgl. Fritz, Kirchengeschichte 1934, S. 108. 229 Vgl. Fritz, Kirchengeschichte 1934, S. 97.
228 Sämtliche Dokumente zur Einführung der Einzelbeichte 230 Siehe oben, S. 78.
befinden sich in StadtA Ulm A [1562].
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26. Kanzelverkündung zur Prüfung der Brautleute 6. Mai 1584 (Text S. 276)
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war die evangelische Lehre in Ulm in Predigt und Kasualien
etabliert. Die Inhalte der evangelischen Glaubensgrundlagen waren unter der Bevölkerung, vor allem des
ausgedehnten Ulmer Territoriums, jedoch kaum bekannt. In einer Vermahnung beklagte der Rat am 6. Mai
1584, dass nicht nur heimliche Eheschließungen ohne Einwilligung der Eltern vorgenommen worden, son-
dern dass die Brautleute vielfach auch ohne Kenntnis der sechs Hauptstücke des Katechismus - gleichsam
unchristlich - in den Stand der Ehe getreten seien. Die Brautleute sollten künftig erst dann eingesegnet
werden, wenn sie dem Pfarrer die Katechismushauptstücke auswendig vortragen könnten.227
27.a-d Berichte und Ratsentscheide zur Einzelbeichte Juli / November 1586 (Texte S. 277)
Nachdem die Prediger bereits im April 1586 in einem ersten Bericht ihre generelle Zustimmung zur Ein-
führung der Einzelbeichte (privatexamen) vor dem Abendmahl gegeben und praktische Erwägungen ange-
stellt hatten,228 arbeiteten sie im Juli desselben Jahres konkrete Maßnahmen aus, in welcher Weise die
Einzelbeichte abgenommen werden sollte (Nr. 27a): Nur derjenige wurde zum Abendmahl zugelassen, der
sich beim Pfarrer angemeldet hatte, von diesem unterwiesen worden war und abschließend die Beichte
abgelegt hatte. Den Unbußfertigen, die ihre Sünden nicht bekannten, sollte das Abendmahl verweigert
werden.229 Bei diesen Regelungen berief man sich dezidiert auf die württembergische Kirchenordnung von
1553, die nach dem Interim in Ulm zur maßgeblichen Richtschnur geworden war.230 Der Rat beschloss am
22. Juli, das Privatexamen gemäß den Vorschlägen der Prädikanten einzuführen, zuvor sollte die Bevöl-
kerung mit Predigten ein Vierteljahr lang auf diese Neuerung vorbereitet werden (Nr. 27b). Nachdem die
drei Monate vergangen waren, konkretisierten die Prädikanten in einem weiteren Bericht an den Rat, an
welchen Tagen und zu welchen Stunden die Beichte in der Kirche abgenommen werden sollte. Bestimmte
Personen - betagte ehrenwerte Bürger - wollten die Prädikanten auch in ihren Häusern examinieren
(Nr. 27c). Mit Ausnahme des letztgenannten Vorschlags stimmte der Rat den Plänen der Prädikanten zu
(Nr. 27d). Das Privatexamen wurde damit Ende 1586 eingeführt.
28. Resolution zu Schul- und Kirchensachen 2. Januar 1593 (Text S. 286)
Im Januar 1593 erließ der Ulmer Rat eine Resolution für die Prädikanten, in der er neben Beschlüssen zur
Verbesserung des Schulunterrichts umfangreiche Maßnahmen zur Erneuerung des Kirchenwesens beschloss:
Es sollten weitere Geistliche angestellt und die in Abgang gekommenen Visitationen und Synoden wieder
regelmäßig durchgeführt werden, die Landpfarrer in ihren Studien gefördert, die Predigttexte besser struk-
turiert, auf angemessenes Verhalten der Gemeinde beim Empfang des Abendmahls geachtet, die Einheit-
lichkeit von Lehre und Zeremonien in den einzelnen Pfarreien gewährleistet und keine politischen Themen
auf die Kanzel gebracht werden. Mit der Aufsicht über diese Maßnahmen wurde der Ulmer Superintendent
Johannes Veesenbeck betraut. Bevor den Geistlichen die Beschlüsse der Resolution mitgeteilt wurden, legte
man sie am 4. Januar 1593 ad revidendum den Religionsherren vor. Diese beschlossen, bezüglich der Anstel-
lung eines zusätzlichen Geistlichen sowie beim Kirchengesang Änderungen auszuarbeiten. Die Resolution
ist in zwei Fassungen überliefert, die jedoch nur geringfügig voneinander abweichen, vermutlich war eine
für das Gremium der Religionsherren bestimmt.
227 Vgl. Fritz, Kirchengeschichte 1934, S. 108. 229 Vgl. Fritz, Kirchengeschichte 1934, S. 97.
228 Sämtliche Dokumente zur Einführung der Einzelbeichte 230 Siehe oben, S. 78.
befinden sich in StadtA Ulm A [1562].
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