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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0123
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2. Ulmer Katechismus des Konrad Sam 1528/1536

Sun, darumb ist er nit ain Sun wie wir oder er wer
nit ain ainiger, sonder alle kinder Gottes weren ge-
mainlich mit im kinder. So er aber der ainig ist, so
volgt, das er der natürlich Sun gottes ist. Das wort
ainig hat vil hinder im. So ich sprich „Ich glaub inn
Jesum Christum, seinen ainigen Sun“, ist gleich, als
ob ich sagte „Gott hat nichts liebers noch bessers
gehebt dann sein ainigen Sun, den er uns geschenckt
hat“. Het er etwas bessers oder liebers gehebt, so het
ers uns auch geschenckt, so hold ist er uns.
Frag: Warzu dienet der artickel?
Ant.: Wir sollen ernstlich zuher- |A5v| tzen ne-
men, das Got seinen ainigen Sun hat lassen mensch
werden, In uns und für uns geben, darmit sein vät-
terlich lieb, die er gegen uns tregt, eroffnetx.
Frag: Was ydeuts, so du sprichsty „Unsern herrn“?
Ant.: Christus ist unser herr des regiments und
der sorg halb. Er nimpt sich unser an und sorget für
unns, dieweil wir hie auff erden leben, seufftzen und
engsten uns.
Der empfangen ist vom hailgen gaist
Frag: Was haist das?
Ant.: Es ist so vil gesagt: Ich glaub, das der selb,
unser herr Jesus Christus, nit auß flaischz emfangen
x 1528: eroffnet. Wir sehen bey den menschen, das all
gutthaten wol verthädiget werden, die ainer thut sich
selbs unangriffen. Wann aber der mensch sich selbs an-
greifft, dann so sehen wir, das er unns gründtlich lieb
hatt. Also da Gott sich selbs angriff, schickt sein ainigen
Sun, unser Natur an sich zunemen, da sahen wir, das er
uns auffs hochst lieb hett, ja als lieb als sich selbs, So er
sich selbs für unns geben hatt.
Frag: Hast mer etwas auß dem gelernet?
Ant.: Ja, der ainig sun Gottes ist das gewiß underpfand
gotlicher huld, darbey wir gwißlich sehen, das sich Gott
unsers unglücks annymbt. Wann schon ain Engel, ain
Prophet oder ain hailiger man unns die gnad Gottes ver-
haist, so zweyflet dannocht unser hertz und sorget ym-
merdar, es sey noch ain mangel da. Aber dieweil der auff
erden kommen ist, der deß Vatters willen waißt unnd in
deß Vatters schoß ist, so empfahet die gewißne ain gutte
hoffnung, Got sey uns gnedig. Auff die weyß spricht die
Epistel zun Hebreern am ersten ca. [Hebr 1,1-2]: Gott
hat mancherlay weys und offt geredt durch die Prophe-
ten und zu disen letsten zeyten hat er durch sein Sun zu
uns geredt etc.

[!] sei wie alle Adams Kinder, sonder auß dem Hai-
ligen gaist, wie der Engel Gabriel der jungfraw Ma-
rie vorgesagt hat, Luce 1 [30-33]. Darumb ist er nit
in sünden empfangen, wie wir von unsern ältern in
sünden empfangen seind, Psal. 51 [7].
Frag: Warumb das?
Ant.: Der aller welt sünd hinnemen solt, der solt
auch on alle anfechtung deß flaischsa und der sünd
empfangen werdenb.
Geborn von Maria, der Jungfrawen | A6r |
Frag: Was haltest du von der jungfrawschafft Ma-
rie?
Ant.: Ich halt und glaub, das sie jungfraw sei
gewesen vor und nach der geburt. Christus ist vom
Hailigen gaist empfangen, on mänliche vermi-
schung, darumb muß die mutter ain jungfraw sein.
Frag: Wa stat es geschriben?
Ant.: Esaje 7 [14]: Ein jungfraw würt empfahen
und geberen. Das zeucht der Prophet an als ain
wunderzeichen, das wer es nit, wann sie nit jungfraw
blieben werec.

y-y 1528: bedeut.
z 1528: flaysch und blut.
a Druckfehler: flaichs.
b 1528: werden. Frag: Was trostes haben wir darvon?
Ant.: Ain grossen trost, dann da hat Gott angefangen
augenscheynlich zu beweysen. Ja, er hat unß sehen und
greiffen lassen, wie war das sey, das er unnser freund ist,
zu dem wir unns deß besten versehen sollen. Seytmals er
sich unser so tieff erbarmet hat, das er sich in seinem sun
unsers unglücks annympt, alß sey es sein selbs, Esaie 53
[3-5].
c 1528: were. Das ist ye kain wunder, das aine, die ain
junckfraw gewesen, empfacht und gebürt, dann es täg-
lich geschicht, sonder das sy empfahet und gebürt und
darbey ain junckfraw bleibt. Das ist das wunder, davon
der Prophet redt, etc.
Frag: So hör ich wol, du sagst nit, das Maria ain fraw sey
wie ain ander fraw oder das sy mer Sün gehapt hab dann
Christum?
Ant.: Ja, ich sags nit. Sy ist in sonderhait von Gott er-
wölt worden zu ainer muter seines suns und allweg
junckfraw bliben.

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