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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0284
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Ulm

Straßburger Ordnung
Und nachdem Meister14 und Rhat der Statt Straß-
burg ein Libell ettlicher Fähl in Ehesachen, warauff
dieselben in Göttlichen und Keiserlichen Rechten
fundiert, durch ire Gelerten berhatschlagt, einem
Erbarn Rhat allhie vor ettlicher Jaren mit notturff-
tigen Allegationen überschickt und überant-
wurtla, So sollen die bemelten sechs Richter dasselb
zuhanden unsers Gerichtschreibers antwurten also,
wo sich ettliche Fähl (in derselben verleipt) zutra-
gen, das sie ire Entscheid Göttlichem und Keiser-
lichem Rechten dester gemässer richten und schik-
ken mögenn.
Solten sich aber in einichen Ehesachen zu einem
oder mehrmalen Handlungen oder Fähl (die in be-
rürter unserer hievor gemachten Christlicher Ord-
nung nicht lautter begriffen oder außgefürt) zutra-
gen, in dem sie dieselben füran bey und mit den an-
dern unsern Theologen und Rechtsgelerten (so wir
darzu verordnet und uns derhalben sonder Pflicht
gethon) mit besstem und getrewestem Fleiß berhat-
schlagen, die weiter nit weisen, sonder volgendts on
einich ferner anbringen demselben irem Rhatschlag
nach mit allen Anhängen mit Urtheil zu Recht er-
kennen, publiciern und eröffnen, wie sich gebürt.
Wann dann dieselben, unsere Theologen und
Rechtsgelerten, die wir yedesmals darzu verordnen,
in einem oder mehr Fählen in iren Urtheilen sich
spalten und nicht vergleichen wurden, So sollen und
wöllen als dann wir hierinn der Billicheit gemäß Er-
kenntniß thun. | XVII |
oWie unnd wohin zu appelliern
Und wo yemandt hinnach vermeinen oder darfür
halten wurde, an unserm Ehegericht mit Urtheil be-
schwärt zusein, so soll demselben unbenommen,
sonder zugelassen sein, seiner Notturfft nach in der
zeit des Rechten für und an unser Obergericht (zu-
gleich wie von unserm Undergericht gepflegt) zu be-
ruffen und zu appelliern, Wölche wir zu Appellation
o-o Fehlt EhegerichtsO 1600, 1617.
14 Bürgermeister.

Richtern und Urtheilern in solchen Sachen und an-
derer Instantz mit zustellung alles Gewalts, darzu
gehörig, hiemit geordnet haben wöllen, doch so soll
von einicher Beyurtheil, wo die nicht ein Endurtheil
auff dem Rucken tregt16, auch von berürten Rich-
tern der andern Instantz nit appelliert noch dersel-
ben andern Appellation statt geben, sonder, was in
solcher andern Instantz gesprochen würdt, endtlich
volnzogen, volstreckt und exequiert werden0.
Fürderlich zu procediern und wann
Gericht zuhalten
Damit aber auch fürderlicher dann bißher besche-
hen ist, in den Ehesachen gehandelt werde, in Be-
trachtung, das sie solches erfordern und ettwann
gleich andern kein Verzug leiden künden oder sollen,
auch sich niemandt desselben zubeklagen hab, So
setzen, ordnen und wöllen wir, das zum wenigsten
allwegen inn vier Wochen und nicht lenger (doch
ausserhalb der Ferien und Feyertagen) Ehegericht
gehalten werde. Es soll auch in der Partheyen Ge-
walt und Macht stehn, den Feriis (wölche nit zu der
Ehr Gottes angesehen und auffgesetzt sein) zu re-
nunciern, darmit sie zu fürderlichem Außtrag der
Sachen kommen mögen.
Frembde Personen belangen | XVIII |
Und ob sich zutrüge, das frembde Personen, die un-
serer Jurisdiction und Oberkeit nicht underworffen
weren, an offtgemeltem unserm Ehegericht der Ehe
oder Scheidung derselben oder Entsetzung der Jung-
frawschafft oder Annemung und Erziehung eines
Kinds und andern solchen Sachen anhengig, umb
rechtlich Hilff und Urtheil ansuchen wolten oder
wurden, oder etwann derselben eins in unserm Ge-
piet gesessen, und aber das ander frembder Herr-
schafft und Gepieten verwannt oder unserm Gericht
und Gebott nicht gehorsam oder Volnziehung thun
wolt, So wöllen wir, das unsere Eherichter in solchen
Sachen zu yeder Zeit nach Gelegenheit gewarsam-
15 Siehe oben, S. 74.
16 Siehe oben, S. 190 Anm. 21.

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