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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0286
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Ulm

Leuchtvertig Personen
Und wo Personen, so beiderseits leuchtvertig und
farende Personen sein, also das inen gleich gilt, heut
hie, morgen anderstwo zusein, alsdann sollen sollich
Personen durch die Eherichter dem regierenden
Burgermeister, sie in Behaltnuß zunemen und nach
Erkanntnuß eines Ehrsamen Rhats mit inen zu-
handlen, anzeigen, doch mit Anzeig irer Handlung,
da sich dann wol begeben mag, das beyd Partheyen
für ein Ehrsamen Rhat gestelt und daselbst zu ei-
nem Eyd leiplichen zu Gott, dem Allmächtigen, zü-
schwören, gehalten werden mögen, bey solchem Eyd
einander ehelich Beywonung zuthun oder in dreyen
Tagen zu der Statt hinauß ziehen.
Gütlich Handlung
Und wo aber sie, die Eherichter, yeder Zeit verhoff-
ten, etwas Guts zwischen den Partheyen in der Güte
zuhandlen, so mögen sie mit Wissen beyder Par-
theyen gütliche Underhandlung undernemmen, Und
wo sie dann beyde mit einander vertragen werden
im namen des Herrn, so soll doch das mit angeheng-
ter Ermanung und Betrewung beschehen, das sie
sich, wie frommen Eheleuten gezimpt, halten, dann
wölche solches nicht thetten, und keme es von inen
zu Klag, so wurd ein Ehrsamer Rhat wider dieselb
beklagt Parthey nach der Gebür mit Straff vermög
der auffgerichten Constitution und sonst fürfaren,
Wo sie aber nicht vertragen wurden, alsdann soll der
Rechtvertigung ir Gang gelassen werden.
Betrug und Gefahr
So dann auch Partheyen fürkemen, da die Eherich-
ter bedeucht, das beyd Theil, umb was Ursachen ja
das were, sich mit einander verainbart hetten und
sich also anmaßten, darmit sie von einander ge-
trennt und gescheiden wur- | XXI | den, alsdann so
sollen sie die jhenen, so beyder Partheyen Kundt-
schafft haben, beschicken und befragen, die, so ires
Lebens und Haltens wissen mögen tragen, in Krafft

19 Gegend, Umgebung.

des Ampts, es seyen Verwandte oder andere, Sich
alsdann darauff weitters der Gebür und Gelegenheit
nach haben und wissen zuhalten.
Wie abwesende Partheyen zu citiern
Wo sich aber begibt, das ein abwesend Ehegemecht
in der Gegne19 hierumb sich on des anderen Bewil-
ligung erhielte, Alsdann wurde auff des anwesenden
Ehegemechts begern nicht weitters gehandlet, dann
das abwesend werde darmit auch durch ein Botten,
auff des anwesenden Eegemechts eingebracht Klag
und Anforderung Antwort zugeben, berüfft und ci-
tiert, darzu inen dann Compaß- und Fürdernuß-
brieff20 gemacht und gegeben werden sollen.
Wie sich die Gescheidnen in die andern Ehe
begeben mögen
Als sich auch zutragen möcht, nach dem ein Ehe-
gemecht an dem andern brüchig und vermög unse-
rer vorigen Constitution ergriffen und darumb ge-
strafft wurde, des sich der ander Theil, unerlangt
einicher Ehescheidung, in die andern Ehe begeben
hat, deßhalb soll hinfürter keiner unser burger, Ein-
woner, Hindersäß und Angehöriger, es sey Mann
oder Frawen, so in solchem Fahl erfunden wurd, un-
erlangt von den verordneten Eherichtern rechtli-
chen Ehescheidung oder deren Bewilligung sich in
einander nachgehnde Ehe begeben oder verbinden,
Dann wer hiewider handlen würdt, Der soll der Ge-
bür nach und Erkanntnuß eines Rhats gestrafft
werden.
Die in Recht standen, nicht einzusegnen | XXII |
Darneben soll man die, so vor den verordneten Ehe-
richtern der Ehe halben in Rechtvertigung gestan-
den, keins wegs auff der Cantzel außrüffen oder ein-
segnen, sie zeigen dann inen zuvor von den verord-
neten Eherichtern ein schrifftlichen Schein unnd
Urkundt, wes sie sich hierinn halten sollen.

20 Siehe oben, S. 189 Anm. 18.

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