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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0334
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Esslingen

2. Ratsdekret zur Einführung der Reformation 11. November 1531 (Text S. 331)
Ebenso wie in Ulm, wo im November 1530 unter den Zünften eine Abstimmung über Annahme oder
Ablehnung des Augsburger Reichstagsabschieds durchgeführt worden war,37 beraumte der Esslinger Rat ein
Jahr darauf ebenfalls eine Befragung an.38 Hierbei sprachen sich lediglich 21 von 1076 Stimmberechtigten
gegen die Einführung der Reformation aus.39 Nach diesem Ergebnis wandte sich der Rat an die Bürger-
schaft und gab bekannt, dass die Messfeiern abgeschafft,40 die Heiligenbilder zerstört und allerorts evan-
gelische Predigtgottesdienste gehalten werden sollten. Schließlich teilte er mit, dass die Stadt dem Schmal-
kaldischen Bund beigetreten sei.41
Der Esslinger Rat kündigte umfassende Neuerungen an, die in Zusammenarbeit mit den Geistlichen der
Stadt ins Werk gesetzt werden sollten. Unmittelbare Auswirkungen hatten diese Maßnahmen auf die Bil-
derfrage: Zwischen dem 3. und 10. Januar 1532 ließ der Rat sämtliche Bildwerke planmäßig entfernen. Die
reformatorische Bilderfrage in Esslingen war damit endgültig entschieden.42
Zu den ersten Schritten auf dem Weg zur Reformation in Esslingen gehörte auch ein „Verhör“ der
Geistlichen, das Blarer ebenso bereits in Ulm initiiert hatte. Am 13. November 1531 zitierte der Esslinger
Rat sämtliche Geistlichen der Stadt und forderte jeden einzelnen zu einer Stellungnahme zur neuen Lehre
auf. Die überwiegende Mehrheit der Befragten sprach sich dafür aus, beim alten Glauben zu bleiben.43

3. Verbot, in anderen Orten die Messe zu besuchen 3. Dezember 1531 (Text S. 333)
4. Verbot, Kleriker und Ordensgeistliche zu beleidigen 10. Dezember 1531 (Text S. 334)
Ende 1531 lebte in Esslingen nur noch eine Minderheit altgläubiger Bürger. Da in der Reichsstadt inzwi-
schen keine Messfeiern mehr stattfanden, gingen sie außerhalb zur Messe. Der Magistrat setzte alles daran,
die Altgläubigen an der öffentlicher Glaubensausübung zu hindern und verbot, ins Dominikanerinnenklo-
ster Weiler,44 nach Oberesslingen oder in andere Orte im zu dieser Zeit noch altgläubigen Württemberg
„auszulaufen“, um dort die messe oder andere erdichte bepstliche ceremonien zuheren oder zuhalten.45 Das mit
Strafandrohung verschärfte Mandat (Nr. 4) belegt, dass es zu zahlreichen verbalen Auseinandersetzungen
zwischen der Mehrheit der Evangelischen und der Minderheit der Katholischen gekommen war.

5. Zuchtordnung 14. Januar 1532 (Text S. 335)
Nachdem der Esslinger Rat seit 1531 mit der Anstellung eines evangelischen Predigers sowie der Abschaf-
fung von Messfeiern und Bildwerken erste Maßnahmen zur Einführung der Reformation eingeleitet hatte,
ging er an den organisatorischen Neuaufbau des evangelischen Kirchenwesens. Dieses sollte mit Hilfe einer
Zuchtordnung - umfangreiche Maßgaben zur sittlichen und moralischen Haltung der Bevölkerung - auf ein

37 Siehe oben, S. 66.
38 Diese fand vom 6. bis 11. November statt, vgl. Schrö-
der, Kirchenregiment, S. 90-92.
39 StadtA Esslingen, Reichsstadt, F. 205, Nr. 9 und
Nr. 10a/b. Abdruck der Abstimmungsliste bei Bern-
hardt, 450 Jahre, S. 115-117. Vgl. Schuster, Kir-
chengeschichte, S. 152.
40 Über die Abschaffung der Messe berichtet Ambrosius
Blarer in einem Brief an Bucer vom 6. November 1531,
Schiess, Briefwechsel I, Nr. 231, S. 284f. Vgl. ebd.

Nr. 258 S. 314 vom 18. Januar 1532; Schild, Religio-
nen, S. 123.
41 Der Beitritt erfolgte am 26. September 1531, StadtA
Esslingen, Reichsstadt, F. 455. Vgl. Bernhardt, 450
Jahre, S. 117f.
42 Litz, Bilderfrage, S. 190-198; Schröder, Kirchenre-
giment, S. 95.
43 Schröder, Kirchenregiment, S. 92-95.
44 Siehe unten, S. 333. Zu den pfarrherrlichen Verhältnis-
sen in Weiler siehe auch Ott, Weil(er), S. 315-320.
45 Vgl. Schröder, Kirchenregiment, S. 95.

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