Einleitung
früh auch auf den Bereich des Eherechts ausgedehnt. Mit dem Mandat vom 20. Juni 1535 verlegte er die
Eheeinsegnungen, die bisher im Langhaus (am Kreuzaltar) stattgefunden hatten, in den abgeschlossenen
Bereich des Chors. So konnte der Rat die allzu ausgelassenen Bürger, die Hochzeiten als öffentliche Belu-
stigungen ansahen, vom Akt der Einsegnung ausschließen.120
21 a/b. Reformartikel und Ordnung kirchlicher Belange 21./25. August 1536 (Texte S. 385)
Nach 1534 konsolidierte sich die Reformation in Esslingen, aber einige Ziele des Magistrats waren immer
noch nicht erreicht worden. Nachdem man am 21. August 1536 zunächst eine Liste der verbesserungswür-
digen Punkte angefertigt hatte (Nr. 21a), zu denen weiterhin das Fernbleiben von den Predigtgottesdien-
sten gehörte, verfassten der Bürgermeister, zwei Redner121 und die Zuchtherren eine mit Bedencken über-
schriebene Ordnung verschiedener Belange (Nr. 21b). Der Rat versah dieses Schriftstück anschließend mit
Ergänzungen und Verbesserungen.
Die Ordnung traf Regelungen zum Unterricht und zur Aufsicht in den Schulen, legte die Aufgaben der
Totenbrüder bei den Armen sowie der Regelhausschwestern bei den Kranken fest und stellte die Priester-
kinder den übrigen Bürgerkindern gleich. Außerdem sollten während der Predigt die umliegenden lärmver-
ursachenden Gewerbe nicht ausgeübt werden. Hunde sollten aus den Gotteshäusern vertrieben werden, eine
Regelung, die auch in Konstanz anzutreffen ist.122
22 a/b. Gebot der Sonntagsheiligung und Ordnung der Feiertage 7. Januar 1537 / [1537] (Texte S. 389)
Auf Drängen der Prädikanten123 mussten die Sitzungen des Stadtgerichts, die bisher mit viel uppigkheit und
leichtfertigkheit am Sonntag stattgefunden hatten, 1537 auf den Freitagnachmittag verlegt werden, um den
sonntäglichen Hauptgottesdienst nicht zu beeinträchtigen. Ferner wurden mit Ausnahme der Sonntage und
des Weihnachtsfestes sämtliche Feiertage abgeschafft (Nr. 22a). Dieser drastische Schritt stand vor dem
Hintergrund, dass sich die Bevölkerung an arbeitsfreien Tagen verstärkt dem Trinken und Spielen hingab.
Der Esslinger Magistrat musste jedoch erkennen, dass derlei Laster nun an den „blauen Montagen“ statt-
fanden. Der Rat ließ sich auf einen Kompromiss ein, indem er die Aposteltage wieder als Feiertage zuließ
(Nr. 22b).124
23. Protokoll zur Abfindung der Konventualen im Barfüßerkloster 14. Oktober 1538 (Text S. 391)
Die wenigen in Esslingen verbliebenen Mönche waren 1533 zusammen im Barfüßerkloster untergebracht
worden (Nr. 16). 1535 hatten man Anordnungen ihres Zusammenlebens und vor allem der wirtschaftlichen
Verwaltung (Nr. 19) erlassen. Drei Jahre später machten die vier Klosterverordneten gemeinsam mit den
drei Pflegern des Klostervermögens erneut eine Bestandsaufnahme: Sie trafen nur noch 10 Mönche an. Die
jährlichen Zahlungen an jeden einzelnen entsprachen dem, was bereits im Frühjahr 1532 für die Leibgedinge
festgelegt worden war (Nr. 7). Auch 1538 wurde betont, dass die Gelder ausschließlich im Esslinger Herr-
schaftsraum ausgegeben werden dürften.
120 Schröder, Kirchenregiment, S. 310; Köhler, Ehege-
richt II, S. 137.
121 Zu diesen unten, S. 386 Anm. 8.
122 Sehling, EKO XVII/1, S. 413f.
123 Schröder, Kirchenregiment, S. 130.
124 Das Mandat ist nicht datiert, lässt sich jedoch aus
inhaltlichen Gründen auf die Zeit nach dem 7. Januar
1537 einordnen, vgl. Maier, Strafrecht, S. 285.
323
früh auch auf den Bereich des Eherechts ausgedehnt. Mit dem Mandat vom 20. Juni 1535 verlegte er die
Eheeinsegnungen, die bisher im Langhaus (am Kreuzaltar) stattgefunden hatten, in den abgeschlossenen
Bereich des Chors. So konnte der Rat die allzu ausgelassenen Bürger, die Hochzeiten als öffentliche Belu-
stigungen ansahen, vom Akt der Einsegnung ausschließen.120
21 a/b. Reformartikel und Ordnung kirchlicher Belange 21./25. August 1536 (Texte S. 385)
Nach 1534 konsolidierte sich die Reformation in Esslingen, aber einige Ziele des Magistrats waren immer
noch nicht erreicht worden. Nachdem man am 21. August 1536 zunächst eine Liste der verbesserungswür-
digen Punkte angefertigt hatte (Nr. 21a), zu denen weiterhin das Fernbleiben von den Predigtgottesdien-
sten gehörte, verfassten der Bürgermeister, zwei Redner121 und die Zuchtherren eine mit Bedencken über-
schriebene Ordnung verschiedener Belange (Nr. 21b). Der Rat versah dieses Schriftstück anschließend mit
Ergänzungen und Verbesserungen.
Die Ordnung traf Regelungen zum Unterricht und zur Aufsicht in den Schulen, legte die Aufgaben der
Totenbrüder bei den Armen sowie der Regelhausschwestern bei den Kranken fest und stellte die Priester-
kinder den übrigen Bürgerkindern gleich. Außerdem sollten während der Predigt die umliegenden lärmver-
ursachenden Gewerbe nicht ausgeübt werden. Hunde sollten aus den Gotteshäusern vertrieben werden, eine
Regelung, die auch in Konstanz anzutreffen ist.122
22 a/b. Gebot der Sonntagsheiligung und Ordnung der Feiertage 7. Januar 1537 / [1537] (Texte S. 389)
Auf Drängen der Prädikanten123 mussten die Sitzungen des Stadtgerichts, die bisher mit viel uppigkheit und
leichtfertigkheit am Sonntag stattgefunden hatten, 1537 auf den Freitagnachmittag verlegt werden, um den
sonntäglichen Hauptgottesdienst nicht zu beeinträchtigen. Ferner wurden mit Ausnahme der Sonntage und
des Weihnachtsfestes sämtliche Feiertage abgeschafft (Nr. 22a). Dieser drastische Schritt stand vor dem
Hintergrund, dass sich die Bevölkerung an arbeitsfreien Tagen verstärkt dem Trinken und Spielen hingab.
Der Esslinger Magistrat musste jedoch erkennen, dass derlei Laster nun an den „blauen Montagen“ statt-
fanden. Der Rat ließ sich auf einen Kompromiss ein, indem er die Aposteltage wieder als Feiertage zuließ
(Nr. 22b).124
23. Protokoll zur Abfindung der Konventualen im Barfüßerkloster 14. Oktober 1538 (Text S. 391)
Die wenigen in Esslingen verbliebenen Mönche waren 1533 zusammen im Barfüßerkloster untergebracht
worden (Nr. 16). 1535 hatten man Anordnungen ihres Zusammenlebens und vor allem der wirtschaftlichen
Verwaltung (Nr. 19) erlassen. Drei Jahre später machten die vier Klosterverordneten gemeinsam mit den
drei Pflegern des Klostervermögens erneut eine Bestandsaufnahme: Sie trafen nur noch 10 Mönche an. Die
jährlichen Zahlungen an jeden einzelnen entsprachen dem, was bereits im Frühjahr 1532 für die Leibgedinge
festgelegt worden war (Nr. 7). Auch 1538 wurde betont, dass die Gelder ausschließlich im Esslinger Herr-
schaftsraum ausgegeben werden dürften.
120 Schröder, Kirchenregiment, S. 310; Köhler, Ehege-
richt II, S. 137.
121 Zu diesen unten, S. 386 Anm. 8.
122 Sehling, EKO XVII/1, S. 413f.
123 Schröder, Kirchenregiment, S. 130.
124 Das Mandat ist nicht datiert, lässt sich jedoch aus
inhaltlichen Gründen auf die Zeit nach dem 7. Januar
1537 einordnen, vgl. Maier, Strafrecht, S. 285.
323