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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0403
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19. Ordnung für die Konventualen im Barfüßerkloster 1535

man ettliche tag gedult haben, alles nach erkantnus
des verordenten von ainem ersamen rath.
Es mechte aber ainer derselbigen außlendischen
convent brueder sich undernemen, in der wochen ain
mal zwei hieher zekhomen und alda sein essen und
trincken | wollen haben, das soll inen nite zugelassen
sein, besonder zu ains ersamen raths verordenten
wolgefallen steen, denselbigen des tags zuunderhal-
ten oder furzeweisen.
Deßgleichen sollen alle wurffel-, karten- und an-
dere ergerliche spill sambt aller leichtfertigkait und
uppigkait gantz und gar abgeschafft und mit nich-
ten gestattet werden.
Zu dem allem ist geordent, das alle conventsver-
wandten morgens, zu summer zeiten, wen es funffe
schlecht, und zu winters zeitten, wan es sechse ge-
schlagen, sollen an ain bequem ort zesamen khomen.
Daselbsten sol durch ir ainen, so fdarzu daugenlich
istf, darzu ain psalm in latein und volgends das
teutsch darauf, und zum dritten die außlegung und
dan zum beschluß ain paternoster5 gelesen und ge-
petten werden. Nachfolgends, wan es acht ur
schlecht morgens, sollen sie gleicher gestalt wider
zesamen khomen und auchg durch ir ainen ain ca-
pitel aus dem alten testament, erstlich lateinisch,
volgends teutsch und zum dritten die außlegung,
mit vleiß gelesen werden und abermals mit ainem
paternoster beschlossen. Also auch nach mittag,
wan es ains geschlagen, sollen sie nit weniger bey
ainander erscheinen | und ain capitel aus dem newen
testament lateinisch und teutsch lesen und die auß-
legung darüber fur hannd nemen. Unnd so sie
nachts6 von tisch geen, soll ain psalm gelesen werden
und mit ainem paternoster zur dancksagung be-
schliessen.
Damit sich aber niemants under inen vor dem
andern der muhe und arbait des lesens zubeschwe-
ren hab, sollen sie under inen selbs alle wochen drey
personen erwelen, die dis alles ain gantze wochen

e B: mit nichten.
f-f B: der daugenlist.
g B: gleicher gestalt.
h B: pfarkirchen.
i-i Fehlt B.

mit lesen sollen versehen, und dis also under inen
lassen umbgeen, damit solich lesen an ainen jeden
khomen und hierin niemants verschont werde. De-
nen allen soll ainer under den predicanten zugeor-
dent werden, dem sie sollen und mogen zulauffen,
ine befragen, der auch inen die außlegung jeder zeit
under die hannd gebe und in den strittigen puncten
underweisen und entschaiden mege.
Sie sollen sich auch befleissen, alle tag die zwo
predigen in der pfarrh7 mit ernst und fleiß zehören
und sich kainer absündern. | Und ob sie je zuzeitten
ausser dem kloster herausser in die statt geen wel-
len, sollen sie sich alwegen bey ains ersamen rats
verordenten antzeigen und one desselbigen erlaub-
nus nit herauß geen.
Der müessiggang als ain muter und wurtzel alles
argen8 soll bey inen, als die an essen und trincken
kain mangel haben, ganz und gar nit statt haben,
besonder sollen alle klosterpersonen zu zimlicher ar-
bait, jeder nach seiner geschicklichait und verme-
gen, angehalten werden, und furnemlichen sollen sie
der hailigen, gotlichen schrifft, so den menschen zu
allem guetem geschickt macht, mit allem vleiß und
ernst obligen.
Und welcher also in ainem oder mehr puncten
gefarlicher weiß straffbar befunden, der- oder die-
selbigen sollen mit abbruch des weins oder sonsten
in ander weg nach gestalt der ubertrettung gestrafft
werden. Darnach wiß sich ain jeder zerichten.
iVorbeheltlich, dis ordnung zu endern, mindern oder
mehr[en] etc.
Actum montags nach Egidii anno etc. [MD]xxxv
[Rückvermerk:] Statuta und verordnungen eines er.
rahts, mit den samentlichen ordenßpersohnen im
barfüsser kloster zu observirn, anno 1535i

5 Mt 6,9-13.
6 Abends.
7 Pfarrkirche St. Dionysius.
8 Vgl. Wander, Sprichwörter-Lexikon 3, Sp. 791 Nr. 17.

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