Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Leutkirch

werd, megen zuegestelt oder aber gegen bezahlung
obgemelter St. Lenhardten pfründt gefellen laut
desselben articuls pro rato abgezogen und compen-
sirt werden.
Zum achtenden, so sollen und wellen burger-
maister und rath zue Leittkirch dem schuelmaister
der alten religion die alte schuel und hauß auf dem
kirchhof biß St. Jacobs tag13 nechstkünfftig aller-
dings raumen und ihrem schulmaister der Augspur-
gerischen Confession14 dagegen ain andere behau-
sung aingeben, damit die baide religionen an iren
kirchen übungen desto weniger verhindert werden,
zue welchem sie dann die zway pfrind heuser St. An-
na und spittal pfründt, ob sie wollen, wol brauchen
oder in andern weeg zu ihrem nutz und gefallen ver-
wenden megen, seyn deß herrn prelaten von Wain-
garten halben daran unverhindert.
Zum neundten, nachdem herr Balthaser Bendel,
priester und caplon, gegen und wider burgermaister
und rath zu Leittkirch an dem gaistlichen gericht
zue Costentz15 inn rechtfertigung erwachsen, auch
etlichen verfallnen nuzungen halben, von St. Ni-
clausen pfrindt herrhüerendt, etliche sprich und vor-
derungen gehabt, so soll solche rechtfertigung von
baiden thailen abgestelt, jede parthey seinen erlit-
nen costen selbs haben und tragen und gedachter
caplon seines außstands halben von dem herren pre-
laten zue Waingarten von den ausserhalb der statt
Leittkhirch arrehstierten früchten vergnügt und zue
der resignation gedachter pfründe vermögt werden. |
Letstlich sollen die baiderseits fürgenommne
und beschene arrestationes und verhafftungen rela-
xiert und entschlagen, auch dieser vertrag biß zue
ainhelliger christlicher vergleichung der spaltigen
religionen, innhalt religionsfriden16, gehalten werden
und alßdann bayden theilen ir recht und gerechtig-
khaiten vorbehalten. Und damit aller unwill aufge-
hebt, tod und ab seye und bayde viel- und obge-
melte partheyen ainnander gnedigen und undterte-

13 25. Juli.
14 Siehe Anm. 2.
15 Leutkirch gehörte zum Bistum Konstanz und Bischof
Mark Sittich von Hohenems (1561-1589) beanspruchte
auch nach der Reformationseinführung die geistliche Ge-
richtsbarkeit in der Reichsstadt.

nigen, guetten, nachpeurlichen willen erzaigen, wie
sie dann bayderseits ob- und vielgedachten herren
commissarien versprochen und zuegesagt, auch der-
selben sonder freundtlich und nachpeurlich vertra-
wen zue ihnen statt.
Deß zue uhrkund seyndt dieser vergleichungen und
güetlichen entschaids zwo gleichs inhalts gemacht,
deren jeder part aine mit deren obgemelten herren
comissarien und derselben verordneten und nachge-
setzten pettschafften und handgeschriften, und, die-
wail der herren burgermaister und rathe zue Bib-
rach abgesandter, Ambrosi Scherrich, seyn pett-
schier17 dieser zeith nit beyhanden, seyn solche ver-
gleichungen allein durch den andern mitgesandten,
Gottschalckhen Klackhen, pettschafft, aber dan-
nocht mit desselben Serrichen18 aignen handen ver-
secretiert und undterschriben, zuegestelt worden,
die geben ist ihm gottshauß Waingarten, montags
nach dem sontag Cantate, den siben und zwainzig-
sten monats tag Apprilli nach Christi, unsers lieben
herren und seligmachers, geburt gezehlt tausent
fünf hundert und ihm zway und sechzigsten jahr.
L[ocus] s[igilli] Johannes, Abtt zue Roggenburg19
L. S. Petrus Fewerer doc[tor] reip[ublicae] Ulm ad-
vocatus m[anu] p[ropria]
L. S. Sig[mund] v. Hornstain Landcommen-
thur20
L. S. Ambrosi Scherrich
L. S. Hanß Jacob Crafft
L. S. Gottschalck Klackh
[Rückvermerk:] Vertrag zwischen dem herrn prela-
ten zu Weingarten und Ochsenhusen und der statt
Leutkürch, die unterhaltung kirchen- und schuldie-
ner, so dann deß exercitii religionis, ufgericht den
27. Aprilis anno Christi 1562

16 Siehe Anm. 8.
17 Siehe oben, S. 503 Anm. 22.
18 Ambrosius Scherrichs.
19 Siehe Anm. 4.
20 Siehe Anm. 5.

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