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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0572
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Bopfingen

1529 wurde das Bedürfnis der Bevölkerung nach evangelischer Predigt jedoch so stark, dass der Rat sich
an das Zisterzienserinnenkloster Kirchheim wandte und um einen evangelischen Nachfolger für den ver-
storbenen Pfarrer Ulrich Con bat. Das Kloster installierte daraufhin Johann Vogler,11 der zwar kein ent-
schiedener Protestant war, es aber verstand, eine Art Simultaneum in der Pfarrkirche einzurichten.12 Auch
außenpolitisch war der Bopfinger Rat darum bemüht, sich sowohl mit den Altgläubigen als auch mit den
Evangelischen zu arrangieren. Nachdem sich infolge des Speyerer Reichstags von 1526 der kaiserliche
Druck auf die kleine Reichsstadt erhöht hatte, unterzeichnete Bopfingen 1529 nicht die Protestation, son-
dern nahm den Abschied des Augsburger Reichstags von 1530 an.13

3. Einführung und Konsolidierung der Reformation seit 1546
Mitte der 1540er Jahre zeigte sich der Rat schließlich zur Einführung der Reformation entschlossen. Er
hatte die sieben Kaplaneipfründen aufgelöst und deren Einkünfte für schulische und kirchliche Belange
verwendet, er besetzte fortan nur noch die Pfarr- und die Helferstelle14 und verdrängte das Zisterzienserin-
nenkloster Kirchheim zunehmend aus dessen angestammten Patronatsrechten an der Pfarrkirche St. Bla-
sius.15 Zu Beginn des Jahres 1546 nahm Bopfingen die Confessio Augustana an, die Reichsstadt galt fortan
als evangelisch.16

1. Bucherwerb für die Pfarrkirche 28. Juni 1546 (Text S. 555)
Vom Beginn der Reformation in Bopfingen hat sich eine knappes, aber für die innerevangelische Ausrich-
tung der Reichsstadt aufschlussreiches Bücherverzeichnis erhalten. Es führt die Neuanschaffungen von
Büchern auf, die die Kirchenpfleger am 28. Juni 1546 für die Pfarrkirchenbibliothek tätigten. Hiernach
wurden nicht nur Veit Dietrichs Summarien und Luthers Hauspostille erworben, sondern auch eine „Agend
und colnische ordnung“. Von der Agende wurde außerdem eine kleinformatige Ausgabe für die Hand des
Pfarrers angeschafft. Mit der „colnischen ordnung“ ist vermutlich Martin Bucers Entwurf einer Kirchen-
ordnung für das Erzbistum Köln von 1543 gemeint.17 Ob der evangelische Gottesdienst in Bopfingen tat-
sächlich nach der Kölner Ordnung ausgerichtet war, muss jedoch offen bleiben. Bei dem nicht spezifizierten
Katechismus handelte es sich vermutlich um Luthers Kleinen Katechismus, der auch in die Bopfinger
Kirchenordnung von 174518 Eingang fand. Neben diesen Agenden und Katechismen wurde das Straßburger
Gesangbuch von 1541 fur ain schulmayster angeschafft sowie Registerbücher erworben, in denen künftig
sämtliche Taufen und Eheschließungen verzeichnet werden sollten. Das Führen von Kirchenbüchern wurde

26. März 1527 in Nürnberg enthauptet wurde. Kumpf,
Bopfingen, S. 97-104; Brecht/Ehmer, Reformations-
geschichte, S. 80.
11 Zu Vogler siehe Cramer, Pfarrerbuch 11/2, Nr. 2760.
12 Kumpf, Bopfingen, S. 105f.; Ensslin, Freie Reichs-
stadt, S. 114.
13 Kumpf, Bopfingen, S. 106.
14 Ensslin, Freie Reichsstadt, S. 116; Kumpf, Bopfingen,
S. 107.
15 Seit 1552 nahm der Rat die Nomination, die Äbtissin
Präsentation und Konfirmation der Kandidaten vor,

Kumpf, Bopfingen, S. 107; Ensslin, Freie Reichsstadt,
S. 90f., S. 116.
16 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 182.
17 Abdruck der Kölner Kirchenordnung in Bucer, Deut-
sche Schriften, 11,1, S. 147-429. Vgl. Brecht/Ehmer,
Reformationsgeschichte, S. 182: „Vielleicht benützte
man - und das wäre bezeichnend - die aus katholischen
und evangelischen Elementen kombinierte Kölner
Reformationsordnung“. Zu Inhalt und Bedeutung der
Bucerschen Ordnung siehe Köhn, Bucers Entwurf.
18 Siehe unten, S. 554.

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