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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0585
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Einleitung

Der Aalener Rat nahm das Kirchenregiment nun mehr und mehr in die Hand und besetzte die geist-
lichen Stellen in der Pfarrkirche schließlich nach eigenem Ermessen, trotz fortdauernden Widerstands sei-
tens des Ellwanger Stifts, das de iure bis 1803 das Patronatsrecht inne hatte. Der Fürstpropst weigerte sich
strikt, für die Besoldung der evangelischen Geistlichen aufzukommen. Auf Vermittlung der Vertreter Würt-
tembergs und Nördlingens sowie des Königsbronner Prälaten25 erklärte sich der Propst am 25. November
1576 auf einer Tagsatzung in Heidenheim schließlich bereit, zur Besoldung der Geistlichen und des Schul-
meisters beizusteuern.26 Der Vertrag, den der Ellwanger Propst sowie Bürgermeister und Rat von Aalen
aushandelten, hielt fest, welche Geldbeträge, Naturalien, Behausungen, Wiesen und Äcker die beiden Ver-
tragsparteien dem Pfarrer und seinem Helfer jährlich zur Verfügung stellen mussten. Diese Vereinbarung
wurde zunächst auf neun Jahre geschlossen und anschließend immer wieder verlängert.27
Der Vertrag ist in zwei Exemplaren überliefert. Während das eine auf den 25. November datiert ist,
wurde das zweite am 18. Dezember ausgestellt. Beide Texte weichen in einigen Formulierungen leicht
voneinander ab.
Die Bewahrung des altgläubigen Bekenntnisstands in Aalen bis ins letzte Viertel des 16. Jahrhunderts war
im wesentlichen dadurch bedingt, dass zum einen das Stadtgebiet nahezu völlig vom Territorium der Fürst-
propstei Ellwangen eingeschlossen war, und zum anderen, dass die Ellwanger Fürstpröpste auch lange nach
dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 noch am Patronatsrecht für die Aalener Pfarrkirche St. Nikolai
festhalten konnten. Die Einführung der Reformation 1575 war ein vorwiegend politisch motivierter Akt:
Der Aalener Magistrat konnte hierdurch nicht nur in kirchlichen Verhältnissen Unabhängigkeit von der
Fürstpropstei erlangen, sondern auch deren generellen Einfluss auf die Reichsstadt dauerhaft zurückdrän-
gen.28
Seit der Reformationseinführung in Aalen bildet die Reichsstadt zusammen mit Bopfingen eine prote-
stantische Insel inmitten einer weitenräumig katholisch gebliebenen Umgebung der Fürstpropstei Ellwan-
29
gen.

25 Vgl. Zapf, Reformations-Urkunden 1, Nr. XXX-
LXXXVII.
26 Zapf, Reformations-Urkunden, 1, Nr. LXXXVIII; vgl.
Bauer, Geschichte und Beschreibung, S. 82; Rau, Wie
Aalen evangelisch wurde, S. 21f.

27 So etwa am 14. Februar 1607 und am 25. Juni 1612,
StaatsA Ludwigsburg B 389 Pergamenturkunden 214.
28 Schaab, Aalen, S. 662; VON Greyerz, Reformation,
S. 191f.
29 Bauer, Geschichte und Kultur, S. 99f.

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