Einleitung
Durch den Hinweis auf die Confessio Augustana stand die Kirchenordnung offenbar der Wittenberger
Theologie nahe. Weniger eindeutig ist, auf welche Vorbilder die Ordnung zurückging, infrage kämen die
Wittgensteiner Kirchenordnung von 1555,94 die Kirchenordnung Kurfürst Ottheinrichs von 155695 sowie die
Pfalz-Zweibrücker Kirchenordnung von 1557.96 Möglich wäre jedoch auch, dass in Homburg 1563 die Witt-
gensteiner Ordnung aus demselben Jahr eingeführt worden ist.
11. Gerichts- und Polizeiordnung 1. Januar 1562/1563 (Text S. 135)
Nicht nur im Wittgensteiner Kernland strebte Ludwig I. eine Verwaltungsreform an, sondern gemeinsam
mit seinem Mitregenten auch in der Herrschaft Homburg. Die Condomini erließen mehrere Ordnungen,
darunter 1562/63 eine Gerichts- und Polizeiordnung (Nr. 11). Neben Organisation und Aufgaben der ein-
zelnen Gerichte, die ausführlich dargelegt sind, finden sich Abschnitte zu Ehebruch, Unzucht und leicht-
fertiger Beiwohnung, Wirtshausbesuch, Gotteslästerung sowie dem Umgang mit Täufern und anderen
Abweichlern vom offiziellen Landesbekenntnis.97
Die Ordnung besteht aus zwei Teilen, deren erster in der Vorrede auf den 1. Januar 1562 und deren
zweiter am Schluss auf den 1. Januar 1563 datiert ist. Als Aussteller sind die Grafen Sebastian von Sayn-
Sayn und Wilhelm von Wittgenstein genannt. Wilhelm d.Ä. († 1570) hatte die Regierung 1558 in die Hand
seines Sohns Ludwig I. gelegt, und obwohl Wilhelm in der Homburger Gerichts- und Polizeiordnung als
einer der beiden Aussteller genannt ist, dürfte sein Sohn Ludwig gemeinsam mit Sebastian von Sayn-Sayn
als Urheber gelten.98 Die innerhalb des Wittgensteiner Landrechts überlieferte Ordnung geht auf einen
Entwurf von 1561 zurück.99
12. Hochzeits- und Taufordnung 1570 (Text S. 137)
Zu den Homburger Regelungen für das Kirchenwesen gehört auch die 1570 von Ludwig von Wittgenstein
und Sebastian von Sayn-Sayn erlassene Hochzeits- und Taufordnung. Sie ist sowohl an die weltlichen
Amtsträger, als auch an die Pfarrer und Kirchendiener der Herrschaft gerichtet und enthält Bestimmungen
zur Anzahl der Gäste bei Hochzeits- und Tauffeiern sowie zu Menge und Wert der Geschenke. Mit diesen
Beschränkungen suchten die Grafen die Gefahr einzudämmen, dass sich ihre Untertanen verschuldeten. Die
in der Ordnung enthaltenen Regelungen gehen über die im Titel genannten Themen hinaus, indem sie auch
den vorehelichen Beischlaf und andere sittliche Vergehen untersagten.100
Kirche daselbst etwas zu befehlen und das ,ausgemu-
sterte' Papsttum wieder einzuführen habe, sintemal noto-
risch ist, daß vor 30 und mehr Jahren Sayn und Wittgen-
stein als die einzigen Landherren die Päpstliche Religion
ohne Zutun und Verhinderung des Herzogs zu Berg in der
Herrschaft Homburg abgeschafft und dagegen der Augs-
burger Konfession Lehre, Glauben und Ceremonien in
allen Kirchen eingeführt, auch anno 63 eine besondere
Kirchenordnung den Pastoren liefern und ihnen befehlen
lassen, derselben sich gemäß zu verhalten, wie auch bisher
geschehen“, zitiert nach Heckmann, Geschichte, S. 51,
sowie ders., Reformation, S. 16f.
94 Bauer, Reformation Wittgenstein, S. 50.
95 Hennes, Geschichte, S. 79.
96 Heckmann, Geschichte, S. 48f. und ders., Reformation,
S. 9, 22.
97 Vgl. von Kamptz, Provinzial- und statutarische Rechte,
S. 598f.; Dresbach, Kirchengeschichte, S. 524.
98 Vgl. Heckmann, Landordnungen, S. 55 Anm. 2.
99 FA Berleburg, Akten H 41. Abdruck des Entwurfs bei
Heckmann, Landordnungen, S. 57-112. Zu diesem Ent-
wurf und weiteren Überlieferungen der Ordnung siehe
ebd., S. 55f., 112 Anm. 159; Tabbert, Gerichts- und
Polizeiordnung, S. 88-90; Hartnack, Landrecht, S. 6.
100 Zum Inhalt siehe Pampus, Ludwig, S. 42; Kaufmann,
Kirchenzucht in den ehemaligen freien Reichsherrschaf-
ten, S. 112f.
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Durch den Hinweis auf die Confessio Augustana stand die Kirchenordnung offenbar der Wittenberger
Theologie nahe. Weniger eindeutig ist, auf welche Vorbilder die Ordnung zurückging, infrage kämen die
Wittgensteiner Kirchenordnung von 1555,94 die Kirchenordnung Kurfürst Ottheinrichs von 155695 sowie die
Pfalz-Zweibrücker Kirchenordnung von 1557.96 Möglich wäre jedoch auch, dass in Homburg 1563 die Witt-
gensteiner Ordnung aus demselben Jahr eingeführt worden ist.
11. Gerichts- und Polizeiordnung 1. Januar 1562/1563 (Text S. 135)
Nicht nur im Wittgensteiner Kernland strebte Ludwig I. eine Verwaltungsreform an, sondern gemeinsam
mit seinem Mitregenten auch in der Herrschaft Homburg. Die Condomini erließen mehrere Ordnungen,
darunter 1562/63 eine Gerichts- und Polizeiordnung (Nr. 11). Neben Organisation und Aufgaben der ein-
zelnen Gerichte, die ausführlich dargelegt sind, finden sich Abschnitte zu Ehebruch, Unzucht und leicht-
fertiger Beiwohnung, Wirtshausbesuch, Gotteslästerung sowie dem Umgang mit Täufern und anderen
Abweichlern vom offiziellen Landesbekenntnis.97
Die Ordnung besteht aus zwei Teilen, deren erster in der Vorrede auf den 1. Januar 1562 und deren
zweiter am Schluss auf den 1. Januar 1563 datiert ist. Als Aussteller sind die Grafen Sebastian von Sayn-
Sayn und Wilhelm von Wittgenstein genannt. Wilhelm d.Ä. († 1570) hatte die Regierung 1558 in die Hand
seines Sohns Ludwig I. gelegt, und obwohl Wilhelm in der Homburger Gerichts- und Polizeiordnung als
einer der beiden Aussteller genannt ist, dürfte sein Sohn Ludwig gemeinsam mit Sebastian von Sayn-Sayn
als Urheber gelten.98 Die innerhalb des Wittgensteiner Landrechts überlieferte Ordnung geht auf einen
Entwurf von 1561 zurück.99
12. Hochzeits- und Taufordnung 1570 (Text S. 137)
Zu den Homburger Regelungen für das Kirchenwesen gehört auch die 1570 von Ludwig von Wittgenstein
und Sebastian von Sayn-Sayn erlassene Hochzeits- und Taufordnung. Sie ist sowohl an die weltlichen
Amtsträger, als auch an die Pfarrer und Kirchendiener der Herrschaft gerichtet und enthält Bestimmungen
zur Anzahl der Gäste bei Hochzeits- und Tauffeiern sowie zu Menge und Wert der Geschenke. Mit diesen
Beschränkungen suchten die Grafen die Gefahr einzudämmen, dass sich ihre Untertanen verschuldeten. Die
in der Ordnung enthaltenen Regelungen gehen über die im Titel genannten Themen hinaus, indem sie auch
den vorehelichen Beischlaf und andere sittliche Vergehen untersagten.100
Kirche daselbst etwas zu befehlen und das ,ausgemu-
sterte' Papsttum wieder einzuführen habe, sintemal noto-
risch ist, daß vor 30 und mehr Jahren Sayn und Wittgen-
stein als die einzigen Landherren die Päpstliche Religion
ohne Zutun und Verhinderung des Herzogs zu Berg in der
Herrschaft Homburg abgeschafft und dagegen der Augs-
burger Konfession Lehre, Glauben und Ceremonien in
allen Kirchen eingeführt, auch anno 63 eine besondere
Kirchenordnung den Pastoren liefern und ihnen befehlen
lassen, derselben sich gemäß zu verhalten, wie auch bisher
geschehen“, zitiert nach Heckmann, Geschichte, S. 51,
sowie ders., Reformation, S. 16f.
94 Bauer, Reformation Wittgenstein, S. 50.
95 Hennes, Geschichte, S. 79.
96 Heckmann, Geschichte, S. 48f. und ders., Reformation,
S. 9, 22.
97 Vgl. von Kamptz, Provinzial- und statutarische Rechte,
S. 598f.; Dresbach, Kirchengeschichte, S. 524.
98 Vgl. Heckmann, Landordnungen, S. 55 Anm. 2.
99 FA Berleburg, Akten H 41. Abdruck des Entwurfs bei
Heckmann, Landordnungen, S. 57-112. Zu diesem Ent-
wurf und weiteren Überlieferungen der Ordnung siehe
ebd., S. 55f., 112 Anm. 159; Tabbert, Gerichts- und
Polizeiordnung, S. 88-90; Hartnack, Landrecht, S. 6.
100 Zum Inhalt siehe Pampus, Ludwig, S. 42; Kaufmann,
Kirchenzucht in den ehemaligen freien Reichsherrschaf-
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