Einleitung
1. Die Stadt Soest
Der älteste Ortskern von Soest umfasste in ottonischer Zeit eine Pfalz, die Pfarrkirche St. Petri und das
durch Erzbischof Brun von Köln im 10. Jahrhundert gegründete Kollegiatstift St. Patroklus. Im 11. Jahr-
hundert entstand bei diesem Gebäudekomplex eine Siedlung mit der Kirche St. Georg. Eine weitere Ansied-
lung hatte sich südlich bei der Kirche St. Thomae gebildet.1 Um 1180 wurden beide Areale vom Kölner
Erzbischof als Stadtherrn mit einem Mauerring umgeben.2
Das Stadtgebiet war in sechs Hofen, die Teilgemeinden markierten, unterteilt.3 Das Regiment übte
zunächst der Patrizierausschuss der „meliores“ aus, Anfang des 13. Jahrhunderts sind ein städtischer Rat
sowie zwei Biirgermeister nachgewiesen. Aus zwei Ratswahlordnungen von 1260 und 1283 lassen sich die
Grundlagen der städtischen Verfassung ablesen: Neben dem aus 24 Personen bestehenden Rat4 amtierten
die Zwölfherren, ein aus zwölf Bürgern bestehender Ausschuss der Gesamtgemeinde, der die Interessen aller
sozialen Gruppen gegenüber dem Rat vertrat.5 An der Spitze der städtischen Verfassung standen die beiden
Bürgermeister, denen sechs Kämmerer nachgeordnet waren, die Aufsichts- und Rechtsaufgaben wahrnah-
men. Die Zisemeister waren für militärische Belange zuständig, die Schleswicker amtierten als Schieds-
männer vorwiegend in Handelsangelegenheiten, die Rentmeister hatten die Finanzverwaltung in Händen,
die Hospitalherren beaufsichtigten die Spitäler. In dieser Weise gab es für nahezu alle Lebensbereiche
spezielle Ratsämter.6 Die Stadtbevölkerung setzte sich aus einer Oberschicht, dem Patriziat, sowie den
Zünften (Ämtern) und der Gemeinheit zusammen.7
Die am Hellweg gelegene Stadt Soest handelte seit dem 13. Jahrhundert vorwiegend mit Salz und Korn.
Als Mitglied der Hanse unterhielt sie wirtschaftliche Beziehungen im gesamten Nord- und Ostseeraum.8
Der Fernhandel begründete auch den Wohlstand der Stadt, deren Blütezeit im 14. Jahrhundert lag, als rund
1 Kohl, Absolutismus, S. 29; Chroniken der westfälischen
und niederrheinischen Städte, S. XlXf., XXVI; Melzer,
Soest, S. 84 Abb. 39, S. 58-115.
2 Ehbrecht, Einwohner, S. 337 Abb. 6, vgl. ebd., S. 319-
330, 377-390; Chroniken der westfälischen und nieder-
rheinischen Städte, S. XXVI; Melzer, Soest, S. 115-
125; Janssen, Soest, S. 243-288; Leidinger, Soest,
S. 85-113; Winterfeld, Soest und Dortmund, S. 157f.
3 Große und Kleine Westhofe, Osthofe, Hellweghofe, Nord-
hofe und Südhofe, vgl. Kohl, Absolutismus, S. 35; Eh-
brecht, Einwohner, S. 335-339; Gleba, Bürgerwelt,
S. 20-22, 31. Auch die Reichsstadt Dortmund und die
Hansestädte Braunschweig und Münster, waren in „Bau-
erschaften“ oder “Leischaften” eingeteilt, Winterfeld,
Soest und Dortmund, S. 160. Zu Münster siehe oben,
S. 336.
4 Chroniken der westfälischen und niederrheinischen
Städte, S. XXVIII-XXX, XXXVII, XCIIIf.; Bock-
horst, Patriziat, S. 301-303; Mersiowsky, Verfassung,
S. 62-72; Kohl, Absolutismus, S. 30f.; Schröer, Refor-
mation 1, S. 354; Ehbrecht, Einwohner, S. 360-366;
ders., Reformation, S. 270f.; Gleba, Bürgerwelt, S. 33-
43.
5 Kohl, Absolutismus, S. 32; Ehbrecht, Reformation,
S. 270f.; Mersiowsky, Verfassung, S. 73-76.
6 Mersiowsky, Verfassung, S. 105-123; Kohl, Absolutis-
mus, S. 33. Zum Soester Recht siehe Dusil, Soester
Recht, S. 429-486; Mersiowsky, Verfassung, S. 80-88.
Zur Verfassung siehe auch Mersiowsky, Verfassung,
S. 57-151; Leidinger, Soest, S. 94-99; Ehbrecht,
Reformation, S. 324f. Schaubild.
7 Chroniken der westfälischen und niederrheinischen
Städte, S. CIII-CXIX; Friedland, Korporationen,
S. 423-432; Ehbrecht, Reformation, S. 271-273; ders.,
Einwohner, S. 339-343; Gleba, Bürgerwelt, S. 28-30;
Mersiowsky, Verfassung, S. 127-130; Bockhorst,
Patriziat, S. 299-314.
8 Ehbrecht, Mutter der Hanse, S. 521-622; ders., Ein-
wohner, S. 349-359; Looz-Corswarem, Stadt Soest,
S. 345-382; Melzer, Soest, S. 125-128; Isenberg,
Soest, S. 147-160; Schröer, Reformation 1, S. 354;
Gleba, Bürgerwelt, S. 31f., 43-45; Kohl, Absolutismus,
S. 30; Winterfeld, Soest und Dortmund, S. 158.
367
1. Die Stadt Soest
Der älteste Ortskern von Soest umfasste in ottonischer Zeit eine Pfalz, die Pfarrkirche St. Petri und das
durch Erzbischof Brun von Köln im 10. Jahrhundert gegründete Kollegiatstift St. Patroklus. Im 11. Jahr-
hundert entstand bei diesem Gebäudekomplex eine Siedlung mit der Kirche St. Georg. Eine weitere Ansied-
lung hatte sich südlich bei der Kirche St. Thomae gebildet.1 Um 1180 wurden beide Areale vom Kölner
Erzbischof als Stadtherrn mit einem Mauerring umgeben.2
Das Stadtgebiet war in sechs Hofen, die Teilgemeinden markierten, unterteilt.3 Das Regiment übte
zunächst der Patrizierausschuss der „meliores“ aus, Anfang des 13. Jahrhunderts sind ein städtischer Rat
sowie zwei Biirgermeister nachgewiesen. Aus zwei Ratswahlordnungen von 1260 und 1283 lassen sich die
Grundlagen der städtischen Verfassung ablesen: Neben dem aus 24 Personen bestehenden Rat4 amtierten
die Zwölfherren, ein aus zwölf Bürgern bestehender Ausschuss der Gesamtgemeinde, der die Interessen aller
sozialen Gruppen gegenüber dem Rat vertrat.5 An der Spitze der städtischen Verfassung standen die beiden
Bürgermeister, denen sechs Kämmerer nachgeordnet waren, die Aufsichts- und Rechtsaufgaben wahrnah-
men. Die Zisemeister waren für militärische Belange zuständig, die Schleswicker amtierten als Schieds-
männer vorwiegend in Handelsangelegenheiten, die Rentmeister hatten die Finanzverwaltung in Händen,
die Hospitalherren beaufsichtigten die Spitäler. In dieser Weise gab es für nahezu alle Lebensbereiche
spezielle Ratsämter.6 Die Stadtbevölkerung setzte sich aus einer Oberschicht, dem Patriziat, sowie den
Zünften (Ämtern) und der Gemeinheit zusammen.7
Die am Hellweg gelegene Stadt Soest handelte seit dem 13. Jahrhundert vorwiegend mit Salz und Korn.
Als Mitglied der Hanse unterhielt sie wirtschaftliche Beziehungen im gesamten Nord- und Ostseeraum.8
Der Fernhandel begründete auch den Wohlstand der Stadt, deren Blütezeit im 14. Jahrhundert lag, als rund
1 Kohl, Absolutismus, S. 29; Chroniken der westfälischen
und niederrheinischen Städte, S. XlXf., XXVI; Melzer,
Soest, S. 84 Abb. 39, S. 58-115.
2 Ehbrecht, Einwohner, S. 337 Abb. 6, vgl. ebd., S. 319-
330, 377-390; Chroniken der westfälischen und nieder-
rheinischen Städte, S. XXVI; Melzer, Soest, S. 115-
125; Janssen, Soest, S. 243-288; Leidinger, Soest,
S. 85-113; Winterfeld, Soest und Dortmund, S. 157f.
3 Große und Kleine Westhofe, Osthofe, Hellweghofe, Nord-
hofe und Südhofe, vgl. Kohl, Absolutismus, S. 35; Eh-
brecht, Einwohner, S. 335-339; Gleba, Bürgerwelt,
S. 20-22, 31. Auch die Reichsstadt Dortmund und die
Hansestädte Braunschweig und Münster, waren in „Bau-
erschaften“ oder “Leischaften” eingeteilt, Winterfeld,
Soest und Dortmund, S. 160. Zu Münster siehe oben,
S. 336.
4 Chroniken der westfälischen und niederrheinischen
Städte, S. XXVIII-XXX, XXXVII, XCIIIf.; Bock-
horst, Patriziat, S. 301-303; Mersiowsky, Verfassung,
S. 62-72; Kohl, Absolutismus, S. 30f.; Schröer, Refor-
mation 1, S. 354; Ehbrecht, Einwohner, S. 360-366;
ders., Reformation, S. 270f.; Gleba, Bürgerwelt, S. 33-
43.
5 Kohl, Absolutismus, S. 32; Ehbrecht, Reformation,
S. 270f.; Mersiowsky, Verfassung, S. 73-76.
6 Mersiowsky, Verfassung, S. 105-123; Kohl, Absolutis-
mus, S. 33. Zum Soester Recht siehe Dusil, Soester
Recht, S. 429-486; Mersiowsky, Verfassung, S. 80-88.
Zur Verfassung siehe auch Mersiowsky, Verfassung,
S. 57-151; Leidinger, Soest, S. 94-99; Ehbrecht,
Reformation, S. 324f. Schaubild.
7 Chroniken der westfälischen und niederrheinischen
Städte, S. CIII-CXIX; Friedland, Korporationen,
S. 423-432; Ehbrecht, Reformation, S. 271-273; ders.,
Einwohner, S. 339-343; Gleba, Bürgerwelt, S. 28-30;
Mersiowsky, Verfassung, S. 127-130; Bockhorst,
Patriziat, S. 299-314.
8 Ehbrecht, Mutter der Hanse, S. 521-622; ders., Ein-
wohner, S. 349-359; Looz-Corswarem, Stadt Soest,
S. 345-382; Melzer, Soest, S. 125-128; Isenberg,
Soest, S. 147-160; Schröer, Reformation 1, S. 354;
Gleba, Bürgerwelt, S. 31f., 43-45; Kohl, Absolutismus,
S. 30; Winterfeld, Soest und Dortmund, S. 158.
367