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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0353
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Einleitung

1. Das Bistum und die Stadt Münster

Nachdem Karl der Große den Friesen Liudger 792 zum Missionar des heutigen Münsterlandes ernannt
hatte, gründete dieser im Jahr darauf in Mimigernaford, südlich der Aa, ein Kloster (monasterium), das
Bistum und Stadt später den Namen geben sollte. Sachsen war vermutlich auf dem 799 in Paderborn
abgehaltenen Reichstag in Diözesen eingeteilt worden, und Liudger wurde 805 zum Bischof seines Missi-
onssprengels geweiht. Das Bistum Münster wurde dem Erzbstift Köln unterstellt, es war vermutlich seit
Ende des 12. Jahrhunderts in sechs große und 28 kleine Archidiakonate unterteilt, die größtenteils von
Klöstern und Stiften besetzt wurden, einige auch vom Bischof mit Kanonikern aus den Reihen des Dom-
kapitels.1
Das Hochstift Münster bestand aus den beiden Landesteilen Ober- und Niederstift, wobei sich das
Oberstift mit den Münsteraner Diözesangrenzen deckte, während das Niederstift Gebiete umfasste, die
geistlich zum Bistum Osnabrück gehörten. Auf dem Areal der befestigten Domimmunität lagen nicht nur
die Kurien der Domherren, sondern hier siedelten sich auch Handwerker an. Die Siedlung vergrößerte sich,
und in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts wurden in rascher Folge die Stiftskirchen St. Mauritz,
Alter Dom, St. Ludgeri und St. Martini errichtet, wobei die letzten beiden zugleich als Pfarrkirchen fun-
gierten. Unabhängig von diesem ersten Siedlungskern war 1040 nördlich der Aa die Stiftskirche St. Marien
Überwasser gegründet worden, mit der ebenfalls ein Kirchspiel verbunden war. Ende des 12. Jahrhunderts
wurden die Siedlungen beiderseits der Aa vereinigt und mit einer Stadtmauer umgeben.2
Stadt- und Landesherr war ursprünglich der Bischof. Im 12. und 13. Jahrhundert übernahm der Rat
jedoch immer mehr städtische Rechte und baute seine politische Selbständigkeit aus.3 Ein wichtiger Schritt
in die Unabhängigkeit vom Bischof resultierte aus der Münsteraner Stiftsfehde: Anlässlich der strittigen
Bischofswahl von 1450 kam es zwischen dem Landesherrn und der Stadt zu einer politischen und militä-
rischen Auseinandersetzung um die Macht innerhalb der Stadt, die 1458 mit einem Verfassungskompromiss
beendet wurde, in dem die Stadt ihre Rechte gegenüber dem Landesherrn nicht nur sichern, sondern sogar
erweitern und ihre Stellung als Hauptort des Stifts stärken konnte.4
Das Regiment der Stadt oblag dem Rat, der aus 24 Mitgliedern und zwei Bürgermeistern bestand. Die
Ratsherren stammten aus den Patrizierfamilien der Stadt, den so genannten Erbämtern.5 Münster lag im
Schnittpunkt wichtiger Verkehrsstraßen, die Wirtschaft der Stadt war vom Regional- wie vom Fernhandel
vor allem mit Tuch, Ochsen und Bier geprägt. Die Handelsbeziehungen reichten bis nach Flandern, Eng-
land, Skandinavien und ins Baltikum. Münster war bereits früh mit der Städtehanse verbunden, ein Ein-
trittsjahr lässt sich jedoch nicht feststellen.6 Seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erscheinen die
Gilden als Zusammenschlüsse von Münsteraner Handwerkern in den Quellen, Anfang des 16. Jahrhunderts
sind 17 Gilden nachgewiesen, denen jeweils zwei Gildemeister vorstanden.7 Um 1410 schlossen sich die

1 Von Oer, Münster, S. 110-113; Angenendt, Mission,
S. 143-163.
2 Freise, Eckhard, Vom vorchristlichen Mimigernaford
zum honestum monasterium Liudgers, in: Jakobi,
Geschichte der Stadt 1, S. 1-51; Balzer, Manfred, Die
Stadtwerdung - Entwicklungen und Wandlungen vom
9. bis 12. Jahrhundert, in: ebd., S. 53-89; Münster 800-
1800, S. 18f., 44-47; Kohl, Kirchen, S. 536-560.

Ehbrecht, Rat, S. 99-107.
Ebd., S. 135-137; Münster 800-1800, S. 68f.
Ehbrecht, Rat, S. 110-124.
Johanek, Handel, S. 644-647, 663-667; Münster 800-
1800, S. 72-74.
Johanek, Handel, S. 654f.; Münster 800-1800, S. 52-54.

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