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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0354
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Die Stadt Münster

Gilden zu einer Gesamtgilde zusammen, die mit ihren 34 Gildemeistern und zwei Alderleuten eine einfluss-
reiche soziale Körperschaft innerhalb der Stadt bildete und die Beteiligung am städtischen Regiment
anstrebte. Im Laufe des 15. Jahrhunderts wurden immer mehr Gildeangehörige in den Rat gewählt, und im
16. Jahrhundert konnten die Gilden ihren Einfluss so weit ausdehnen, dass sie die Patrizier zunehmend aus
dem Rat verdrängten.8
Die Sakraltopographie der Stadt weist neben dem Dom St. Paulus zahlreiche Stifte, Klöster und Pfarr-
kirchen auf. Zu den ältesten Klöstern zählt das Zisterzienserinnenkloster St. Aegidii, das um 1184 entstand
und Mitte des 15. Jahrhunderts in ein Benediktinerinnenkloster umgewandelt wurde, ebenso wie auch das
Stift St. Marien Überwasser. Seit etwa 1270 waren die Minoriten in Münster ansässig, seit Mitte dieses
Jahrhunderts gab es eine Deutschordenskommende und 1282 errichteten die Jonanniter in Münster eine
Komturei. Um 1326 gab es ein Beginenhaus, Anfang des 15. Jahrhunderts ließen sich die Fraterherren in
Münster nieder und 1444 kam ein Schwesternhaus vom gemeinsamen Leben hinzu.9
Neben den Stiftskirchen St. Marien Überwasser, St. Ludgeri und St. Martini, die zugleich als Pfarrkir-
chen fungierten, war Ende des 11. Jahrhunderts bereits die Pfarrkirche St. Lamberti gegründet worden, mit
dem Kloster St. Aegidii war ebenfalls ein Kirchspiel verbunden und Anfang des 13. Jahrhunderts kam noch
die Pfarrkirche St. Servatii hinzu. Für die am Dombezirk wohnenden Laien errichtete man Mitte dieses
Jahrhunderts St. Jakobi als Pfarrkirche.10 Die Pfarreien dienten auch als Einheiten der weltlichen Verwal-
tung. Im 13. Jahrhundert wurde die Kirchspielsgliederung von den sechs Leischaften abgelöst:
1. Liebfrauen (Westen)
2. Jüdefelder (Nordwesten)
3. Martini (Nordosten)
4. Lamberti (Osten)
5. Ludgeri (Südosten)
6. Ägidii (Süden)
Während die Sprengel der Kirchspiele über die Grenzen der Stadt hinausgingen und in den ländlichen Raum
hineinreichten, deckten sich die Leischaften im 15. Jahrhundert weitgehend mit dem Stadtgebiet. Sie hatten
die weltlichen Aufgaben der Kirchspiele übernommen, dienten als Verwaltungseinheiten, etwa bei der
Besteuerung, sowie als Ratswahlbezirke.11

2. Einführung der Reformation 1529-1533
Die lutherische Reformation in Münster war nur von kurzer Dauer. Sie begann etwa 1531 und währte bis
zum 27. Februar 1534, als die Täufer, die inzwischen das Regiment in der Stadt übernommen hatten, die
Vertreibung der Andersgläubigen beschlossen und der kirchlichen Erneuerung eine radikale Ausprägung
gaben. Die zentrale Figur der Reformationsgeschichte in Münster war Bernd Rothmann12 (ca. 1495-1535?).
Er stammte aus Stadtlohn, studierte in Mainz und wurde 1528/29 Kaplan an der Stiftskirche St. Mauritz in

8 Ehbrecht, Rat, S. 124-131; Krumbholtz, Gewerbe,
S. 20*-42*; Johanek, Handel, S. 657-659; Lutter-
bach, Weg, S. 46-51; Münster 800-1800, S. 52-54, 63.
9 Kohl, Kirche, S. 560-568; Hengst, Klosterbuch 2,
S. 28-136.
10 Kohl, Kirche, S. 554-560; Münster 800-1800, S. 62f„ 79.
11 Jakobi, Franz-Josef, Bevölkerungsentwicklung und

Bevölkerungsstruktur im Mittelalter und in der frühen
Neuzeit, in: ders., Geschichte der Stadt 1, S. 485-534, hier
S. 529-532; Münster 800-1800, S. 62.
12 Zu Rothmann siehe Brecht, Theologie, S. 49-82; Stup-
perich, Schriften Rothmanns, S. XI-XXIII; Schröer,
Reformation 2, S. 324-332; Peters, Art. Rothmann, in:
RGG 7 (2004), Sp. 650.

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