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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0093
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Einleitung

Ebenso wie im Wittgensteiner Kernland setzte die Homburger Kirchenzuchtordnung von 1605 - auch
wenn sie reformierte Züge trägt - die ältere Kirchenordnung von 1563 nicht außer Kraft, sondern ergänzte
sie.109 Die Kirchenzuchtordnung ist nicht datiert. Da das Mandat zur Einführung des reformierten
Bekenntnisses vom 20. August 1605 (Nr. 14) die Ordnung erwähnt, muss sie an diesem Tag bereits in
Geltung gewesen und folglich vorher entstanden sein.
Auch in Homburg lassen sich um 1605 Strukturen einer reformierten Kirchenleitung erkennen. Als
Inspektoren fungierten zunächst der Wiehler Pfarrer Albert Schnabel und der Nümbrechter Pfarrer Kuhn,
die mit ihren Amtsbrüdern und den Ältesten zu jährlichen Konventen zusammenkamen. Das Homburger
Inspektorat unterstand dem Konsistorium in Berleburg.110
14. Mandat zur Einführung des reformierten Bekenntnisses 20. August 1605 (Text S. 145)
15. Mandat zur Anstellung des Predigers Albert Schnabel in Marienhagen 16. September 1605 (Text S. 146)
Trotz des Protests, der in einigen Gemeinden gegen die Einführung der Zweiten Reformation vorgebracht
wurde, scheint es Paul Crocius mit Hilfe der Kirchenzuchtordnung von 1605 gelungen zu sein, in der
Herrschaft Homburg reformierte Zeremonien einzuführen. Am 10. Juni dieses Jahres berichtete er Graf
Georg: „Das werck der reformation gehet, Gott lob, für sich. Den 7. Junii ist zu Marienberckhaußen
geprediget und die sembtliche altar abgethan worden ... Hoffe, den 23. Junii, geliebts Gott, [in der Pfarrei
Wiehl] das h. abendmal nach Christi ordnung einzuführen ... Es wollen e[uer] g[naden] bevhelen, das M.
Paidt, der schreiner, erstes tags hieher komme, tische und andere nottdurfft in die kirchen zumachen“.111 Zu
den ersten Schritten auf dem Weg zur Zweiten Reformation gehörte also der an Tischen vollzogene Abend-
mahlsritus.
Am 20. August 1605 erließ Graf Georg ein Mandat, in dem er festhielt, dass er Paul Crocius mit der
Einführung der Zweiten Reformation in der Herrschaft Homburg betraut habe (Nr. 14). Ferner bestimmte
er, dass die Lehre und kirchlichen Zeremonien künftig „nach der einigen richtschnur der christlichen reli-
gion, dem h. götlichen wort“ auszurichten seien. Hierfür sollte Crocius - unterstützt von den weltlichen
Beamten - die bisherigen Pfarrer und Prediger durch Anhänger der reformierten Theologie ersetzen.
Am 16. September stellte Graf Georg Albert Schnabel als Prediger in der Kapelle Marienhagen an
(Nr. 15), wobei er ihn zur Beachtung der Homburger Kirchenzuchtordnung (Nr. 13) verpflichtete. Bezüg-
lich Schnabels konfessioneiler Haltung heißt es in dem Anstellungsmandat, dass er sich „zu unser in Gottes
wort, den prophetischen unnd apostolischen schriefften, gegrunden religion und glaubensbekandnis rundtt
erkleret“ habe.
16. Beschlüsse zu Homburger Kirchensachen [1605] (Text S. 147)
17. Mandat zu kirchlichen Belangen 13. Dezember 1606 (Text S. 150)
Im Zusammenhang mit der Einführung der Zweiten Reformation beriet man in Homburg verschiedene
Punkte des kirchlichen Lebens. In einem „Memorial zeddel von Homburgeschen kirchensachen“ (Nr. 16),
den der Homburger Inspektor Paul Crocius verfasste, hielt er nicht nur die beratenen Punkte, sondern auch

109 Dies geht aus folgender Formulierung hervor: „Sonsten
und in allen andern stucken und articulen, so hierinnen
nicht außgedruckt, sollen sich die kirchendiener und
zuehorer beider unser gnedigen herren kirchenordnungh
gemeß verhalten und darwieder nicht handtlen, straff
zuvermeiden“, siehe unten, S. 143.

110 Heckmann, Geschichte, S. 64; Dresbach, Kirchenge-
schichte, S. 525.
111 FA Berleburg, Akten, H 57. Vgl. den sprachlich moder-
nisierten Auszug des Briefs bei Heckmann, Reforma-
tion, S. 28f.

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