Die Grafschaft Wittgenstein
einige Beschlüsse fest: In den beiden Pfarreien Nümbrecht und Wiehl sowie in der Kapelle Marienberg-
hausen wurden Älteste sowie Kirchen- bzw. Kapellenmeister und Almosenpfleger verordnet. Zu den Auf-
gaben der Ältesten gehörte nicht nur, das „examen domesticum“112 zu beaufsichtigen, sondern auch, dafür
zu sorgen, dass die Anhänger der Täufer die Gottesdienste besuchten. Die Kirchen- und Kapellenmeister
mussten auf die Instandhaltung der Pfarr- und Schulhäuser achten. Daneben wurde ein monatlicher Bettag
eingerichtet, die Beinhäuser sollten aufgelöst und die Knochen begraben werden, Braut und Bräutigam
sollten sich ebenso wie die Väter von Täuflingen von ihrem Pfarrer geistlich unterweisen lassen. Ferner
finden sich Bestimmungen zum Abendmahlsempfang ausschließlich in der Pfarrkirche sowie Überlegungen
zum Verkauf überzähliger vasa sacra und Paramente. Schließlich dokumentierte Crocius in seinem Memo-
rial auch einige Besetzungen von Pfarr- und Kaplaneistellen.113
Auf die Anstellung reformierter Pfarrer und Prediger bezieht sich auch ein Mandat, das Graf Georg am
13. Dezember 1606 erließ (Nr. 17). Es war an drei namentlich genannte Homburger Schultheißen gerichtet
und ging auf einige dem Grafen zuvor eingereichte Punkte ein.114 Die sechs Abschnitte des Mandats behan-
deln die Anstellung reformierter Prediger in den Homburger Kirchen Marienhagen, Drabenderhöhe und
Nümbrecht, denen aufgetragen werden sollte, sich in ihrem Amt nach der Kirchenzuchtordnung von 1605
(Nr. 13) zu richten.
18. Täufermandat 10. Juli 1611 (Text S. 152)
Bereits in der Homburger Gerichts- und Polizeiordnung von 1562/63 (Nr. 11) und der Wittgensteiner Poli-
zeiordnung von 1573 (Nr. 7) finden sich Bestimmungen gegen die Täufer. Auch in den Beschlüssen zu
Homburger Kirchensachen von 1605 (Nr. 16) werden Regelungen zur Rückführung der Täufer in das Witt-
gensteiner Kirchenwesen getroffen.115 Das hier zum Ausdruck kommende Bemühen, die Täuferanhänger
durch entsprechende Belehrung wieder auf den „rechten Weg“ zu bringen, also in die Wittgensteiner Lan-
deskirche zu integrieren, spricht auch aus einem Schreiben, das Paul Crocius am 10. Juni 1605 an Graf
Georg sandte: „Denselben tag ist auch mit einem 70 oder 80jährigen wiederteuffer, welcher sich fürnemlich
an Jacobi Fischbachs und anderer gottlosen lehren ergert etc. gehandelt worden. Hat verheißen, zu mir
zukommen und mich offter [predigen] zu hören“.116
Im gleichen Jahr sandten die in der Herrschaft Homburg lebenden Täufer eine Bekenntnisschrift117 an
Graf Georg, in der sie ihre Glaubensauffassung darlegten und darum baten, ihren Glauben weiterhin leben
zu dürfen. Die nachsichtige Haltung des Grafen gegenüber den Täufern führte dazu, dass sich ihre Zahl in
Homburg deutlich vermehrte. Schließlich verwies Georg sie des Landes. Am 10. Juli 1611 erließ er ein
Mandat, in dem er feststellte, dass einige von ihnen wieder zurück gekommen seien, und verfügte, dass
diese, wenn sie bei ihrem Glaubensverständnis blieben, binnen acht Tagen das Land zu verlassen hätten
(Nr. 17). Wer gegen diese Weisung verstieß, musste mit Einzug seiner Güter und weiteren Strafen rechnen.
Trotz dieser drastischen Maßnahmen klingt auch in diesem Mandat an, dass die Täufer im Land bleiben
könnten, wenn sie dem Täufertum abschworen und das reformierte Bekenntnis annähmen.118
Neben den Bestimmungen gegen die Täufer mahnte Graf Georg in seinem Mandat auch die Beachtung
der Hochzeits- und Taufordnung von 1570 (Nr. 12) an.
112 Die „Hauslehre“ wurde jährlich in jeder Hundschaft von
den Geistlichen in Gegenwart eines Presbyters abgehal-
ten, Heckmann, Reformation, S. 36.
113 Vgl. ebd., S. 36f.
114 FA Berleburg, Akten, H 57.
116 Vgl. zu den Täufern auch ein weiteres undatiertes „Memo-
riall“ in FA Berleburg, Akten, H 57.
116 Siehe oben, Anm. 111.
117 Abdrucke bei Faulenbach, Das 16. Jahrhundert,
S. 138-141 und Heckmann, Reformation, S. 57-59. Vgl.
ebd., S. 35f.
118 Vgl. auch das Gutachten des Hermann Vultejus über die
Bestrafung der Homburger Täufer vom 10. Dezember
1611, Heckmann, Reformation, S. 69, vgl. hierzu ebd.,
S. 35.
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einige Beschlüsse fest: In den beiden Pfarreien Nümbrecht und Wiehl sowie in der Kapelle Marienberg-
hausen wurden Älteste sowie Kirchen- bzw. Kapellenmeister und Almosenpfleger verordnet. Zu den Auf-
gaben der Ältesten gehörte nicht nur, das „examen domesticum“112 zu beaufsichtigen, sondern auch, dafür
zu sorgen, dass die Anhänger der Täufer die Gottesdienste besuchten. Die Kirchen- und Kapellenmeister
mussten auf die Instandhaltung der Pfarr- und Schulhäuser achten. Daneben wurde ein monatlicher Bettag
eingerichtet, die Beinhäuser sollten aufgelöst und die Knochen begraben werden, Braut und Bräutigam
sollten sich ebenso wie die Väter von Täuflingen von ihrem Pfarrer geistlich unterweisen lassen. Ferner
finden sich Bestimmungen zum Abendmahlsempfang ausschließlich in der Pfarrkirche sowie Überlegungen
zum Verkauf überzähliger vasa sacra und Paramente. Schließlich dokumentierte Crocius in seinem Memo-
rial auch einige Besetzungen von Pfarr- und Kaplaneistellen.113
Auf die Anstellung reformierter Pfarrer und Prediger bezieht sich auch ein Mandat, das Graf Georg am
13. Dezember 1606 erließ (Nr. 17). Es war an drei namentlich genannte Homburger Schultheißen gerichtet
und ging auf einige dem Grafen zuvor eingereichte Punkte ein.114 Die sechs Abschnitte des Mandats behan-
deln die Anstellung reformierter Prediger in den Homburger Kirchen Marienhagen, Drabenderhöhe und
Nümbrecht, denen aufgetragen werden sollte, sich in ihrem Amt nach der Kirchenzuchtordnung von 1605
(Nr. 13) zu richten.
18. Täufermandat 10. Juli 1611 (Text S. 152)
Bereits in der Homburger Gerichts- und Polizeiordnung von 1562/63 (Nr. 11) und der Wittgensteiner Poli-
zeiordnung von 1573 (Nr. 7) finden sich Bestimmungen gegen die Täufer. Auch in den Beschlüssen zu
Homburger Kirchensachen von 1605 (Nr. 16) werden Regelungen zur Rückführung der Täufer in das Witt-
gensteiner Kirchenwesen getroffen.115 Das hier zum Ausdruck kommende Bemühen, die Täuferanhänger
durch entsprechende Belehrung wieder auf den „rechten Weg“ zu bringen, also in die Wittgensteiner Lan-
deskirche zu integrieren, spricht auch aus einem Schreiben, das Paul Crocius am 10. Juni 1605 an Graf
Georg sandte: „Denselben tag ist auch mit einem 70 oder 80jährigen wiederteuffer, welcher sich fürnemlich
an Jacobi Fischbachs und anderer gottlosen lehren ergert etc. gehandelt worden. Hat verheißen, zu mir
zukommen und mich offter [predigen] zu hören“.116
Im gleichen Jahr sandten die in der Herrschaft Homburg lebenden Täufer eine Bekenntnisschrift117 an
Graf Georg, in der sie ihre Glaubensauffassung darlegten und darum baten, ihren Glauben weiterhin leben
zu dürfen. Die nachsichtige Haltung des Grafen gegenüber den Täufern führte dazu, dass sich ihre Zahl in
Homburg deutlich vermehrte. Schließlich verwies Georg sie des Landes. Am 10. Juli 1611 erließ er ein
Mandat, in dem er feststellte, dass einige von ihnen wieder zurück gekommen seien, und verfügte, dass
diese, wenn sie bei ihrem Glaubensverständnis blieben, binnen acht Tagen das Land zu verlassen hätten
(Nr. 17). Wer gegen diese Weisung verstieß, musste mit Einzug seiner Güter und weiteren Strafen rechnen.
Trotz dieser drastischen Maßnahmen klingt auch in diesem Mandat an, dass die Täufer im Land bleiben
könnten, wenn sie dem Täufertum abschworen und das reformierte Bekenntnis annähmen.118
Neben den Bestimmungen gegen die Täufer mahnte Graf Georg in seinem Mandat auch die Beachtung
der Hochzeits- und Taufordnung von 1570 (Nr. 12) an.
112 Die „Hauslehre“ wurde jährlich in jeder Hundschaft von
den Geistlichen in Gegenwart eines Presbyters abgehal-
ten, Heckmann, Reformation, S. 36.
113 Vgl. ebd., S. 36f.
114 FA Berleburg, Akten, H 57.
116 Vgl. zu den Täufern auch ein weiteres undatiertes „Memo-
riall“ in FA Berleburg, Akten, H 57.
116 Siehe oben, Anm. 111.
117 Abdrucke bei Faulenbach, Das 16. Jahrhundert,
S. 138-141 und Heckmann, Reformation, S. 57-59. Vgl.
ebd., S. 35f.
118 Vgl. auch das Gutachten des Hermann Vultejus über die
Bestrafung der Homburger Täufer vom 10. Dezember
1611, Heckmann, Reformation, S. 69, vgl. hierzu ebd.,
S. 35.
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