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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0108
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Wittgenstein

Dieweil auch die feirdage nit zum mussiggange
und anderer unnutzer deidong52, sonder umb des
willen, das die menschlichen gedancken, so die ver-
gangene dage uff eusserliche, vergenckliche dinge
gestanden, dan uffhoeren und uff das ewig gerichtet
werden, auch, das mhan predig horen und was Got-
tes gnediger will und dobei, was er von unß haben,
wie er geehret sein wolle und wie wir entlich from
und selig werden mogen, lernen sollen etc., hierumb
so sollen die schulmeister iren schulern die feirtage
vilweniger dan uff ander werckeldage hien unnd wi-
der uff der gassen zulauffen unnd allerlei schalck-
heit, wie gewonlich, anzurichten, verhengen53 noch
gestatten, sonder ihnen jedes feirtages nach dem
mittagsessen zum wenigsten eine stonde | 45 | ein lec-
tion ex sacris und uß dem catechismo54 nach gele-
genheit der schuler verstandes und geschicklicheit
mit vleisse thun. Soll auch am volgenden feirtag zur
selbigen zeit die schuler, wes sie in den negsten55 lec-
tion behalten, erstlich anhoren und mit ihnen vleis-
sig repetiren, domit auch die schuler gegen den
nechstkonfftigen feirtag wider zustudiren haben und
des gassen lauffens vergessen. Ihnen alsdhan nach
gehaltener repetition widerumb ein lection thuen,
uff die sie die volgende zeit, so sie sonst mit gassen
lauffen zubrechten, zustudiren haben, auß welchem
dhan vilfeltiger nutz erfolget. Dan erstlich wirt
Gottis ehre gefurdert und sein name, wie uns solchs
im heiligen vatter unser zuthun befollen ist, gehei-
liget56. Zum andern werden die schuler erinnert, das
sie ein vatter im himmel haben, auch underwiesen,
wie sie den erkennen und ihnen ehren sollen, entlich
auch zubedrachten, das sie von dem leib, sel, ver-
stant unnd alles haben, wie sied sich dessen gebrau-
chen und die ewige stroff entpflihen sollen und mo-
gen. Zum dritten ubet der schulmeister | 46 | durch
solche lehre sich selbst und kombt also durch diß
exercit[i]um in erkantnis der warheit, dozu er aus-
d In der Handschrift: sich.

52 Betätigung.
53 Erlauben.
54 Luther, Kleiner Katechismus, BSELK S. 852-910. Vgl.
Reu, Quellen I/III,1/2, S. 1175f*-1177*. Kroh, Wie-
derentdeckung, S. 39 erwägt, dass in Wittgenstein der
Katechismus des Erasmus Sarcerius von 1537 verwendet
wurde, Abdruck bei Reu, Quellen I/III,2/3, S. 1228-

serhalb derselbigen exercitii gar nit oder aber je nit
so recht und wol als nhun kommen were. Unnd zum
virdten verpleibet die zeit, das schulmeister und
schuler solchem heilsamen dinge ob- und ußwarten,
vilerlei boeses, das sonst beide, bei schulmeistern
und discipulen, ingerissen were und uberhant ge-
nommen hette.
Die schulmeister sollen auch in iren schulen und
unter iren discipulen gut und ordenliche regiment
mit wissen des superintendenten anrichten, als mit
ansetzonge der custodum, item mit verordnong etz-
licher schuler, so die tarde venientes, item die cur-
rentes in plateis, item die temerarios, so boese ge-
berde und schalckhafftige wordt faren lossen und
allerlei leckerei57 anstifften, auch die jenigen, so zwi-
schen der predig und sonst in lectionibus schwetzen
und vantasiren, mit vleisse uffschreiben, welche die
schulmeister verzeichnet, nemen | 47 | unnd nach ge-
legenheit des excesses mit der rueten dorumb zuch-
tigen und stroffen sollen.
[7.] Von beuhen58 und behausonge der predicanten
und pfarher, zu den pastoreihen gehorig
Nachdem leider in allerlei stenden die menschlichen
gemuther uff das weltlich unnd vergencklich gut ge-
richtet, das auch etwa die selensorger und pfarher
(wie solchs die erfarong gibt) allein das inkommens
irrer pfarren suchen, aber dobei (wie sie doch zuthun
schuldig seint) mit nichten gedencken oder trach-
ten, wie die pfarbeue in geburlichem wesen und bes-
serong mochten erhalten werden, und etwa umb ei-
ner cleinen anlage willen gute beuhe, die noch lange
woll hetten stehen mogen, in abganck kommen, ja
vilmols gar zerfallen lassen, also das mhan darnach
zu wider uffrichtong solcher beuhe etwa ein gulden
anwenden muß, do mhan vorhien und zu rechter
zeit nordt59 eins weispfenning60 hiezu were bedurff-
1307, vgl. Reu, Quellen I/III,1/2, S. 1194*-1197*; Seh-
ling, EKO X, S. 25.
55 Letzten, jüngst vergangenen, Grimm, DWb 13,
Sp.144.
56 Mt 6,9.
57 Mutwillen, Büberei, Grimm, DWb 12, Sp. 485f.
58 Gebäuden.
59 Nur.

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