Wittgenstein
mit breutgam und braudt zur kirchen gehen, Gottes
wort hören unnd den herrn umb glück und segen
anruffen helffen; des andern tags aber soll man kein
nachhochzeit12 machen, doch mag der breutgam und
braut mit irer beider freundschafft ein disch oder
zween belangend, ein messige geselschafft halten.
Würde aber jemand sich gelüsten lassen und
uber diese zeit unnd maß hochzeit halten, soll, wie
auch in den weinkauffen, von einer jeden ubrigen
person 1 ort13 dalers uns zur straff erlegen, wie auch
ein iglicher, so dem invitantenn uber gebürende
dzeit uberlestig14 sein und nit würt oder will schei-
den, derselben straff unterworffen sein soll.
Von dantzen
Im dantzen zu den hochzeiten soll auch zucht und
maß gehalten werden; wenn die geschenk verricht,
mag man 1 stund oder 2 einen ehrlichen dantz hal-
ten, wo aber die mittags predigt und kinderlehre ge-
schiht, soll man ablaßen, so bald mand |73v| anfengt
zuleuthen, unnd sollen knechte und mägde sampt
andern gesten zur kirchen gehen etc. Nach gehalte-
ner predig mag inen auch ein stund frey gelassen,
aber kein nachtdentze15 gestattet werdenn. Unnd
damit solchs unverbrüchlich so werde gehalten, soll
der underschultheis, welcher je in einem jeden kir-
ßpel bey dem dantze sein und zusehen und den uber-
farer, es sey gleich spielman oder sonst einer, alß-
bald zur straffe anzeigen.
Ausserhalb aber den hochzeiten, als auff kir-
messen, pfingstfest, erndtezeit und sonsten, sollen
nirgendt keine dentze gestattet werden, sondern
hiermit außdrücklich verbotten und gentzlich abge-
schafft seinn.
d-d Papier zerstört, von moderner Hand ergänzt.
e Papier zerstört. Vgl. die Kirchenordnung von 1563,
oben, S. 100.
f-f Papier zerstört, von moderner Hand ergänzt.
12 Feierlichkeit, die über den eigentlichen Tag der Ehe-
schließung hinausgeht, vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 74.
13 Siehe oben, Anm. 9.
14 Lästig, beschwerlich, Grimm, DWb 23, Sp. 369.
Von kindtauffen
So viel die kindtauff belangt, soll hinfurt nit mehr
dann einer ein kind zuheben16 gebeten oder genom-
men werden, unnd soll derselbig der kindbetterin nit
[...]e |74r |
Von den spinstuben17
Wir werden auch berichtet, das die mägde unnd jun-
ge gesinde inn flecken und dörffernn bißhero gewon-
heit gehabt, sich in winters zeiten abends in einer
gemeinen spinstuben zuversamblen, bey denen sich
bißweilen auch das junge mansvolck finden lassenn,
unnd (wie leichtlich zuerachten) die zeit mehr mit
unnützem, ohnerbaren geschwetz, daraus dann al-
lerhand ferner unrath folget, dann mit gottseligem
gesprech zubringenn unnd nachtdentze halten sol-
lenn. Demnach wöllen unnd gebieten wir, das solche
spinstuben hinfuro auch gentzlich nachgelassen und
abgethan sein sollen. Unnd da sich einer unserer un-
derthanen gelüsten lassen würde, solche zusamen-
kunfft des jungen gesindts bey sich in seinem hause
hinfuro zu gestatten, soll unns mit einem halben
thaler straff verfaln seinn.
Von faßnachts
fDieweil uns bey dem hellen licht des evangeli18 das
heidnische wüten der fastnacht als uff der tauff ge-
thanen eid zuwieder und nit stehnt zuzulassen und
ohne das die frölichkeiten und gesellschaften wie
fast alle dingf |74v| in diesem abgehenden alter der
welt zum ohnchristlichsten werden gebraucht, und
also mit erweckung Gottes zorns viel untugent wer-
den begangen, setzen und wollen wir, das unsere un-
derthanen hinfuro zur zeit der mommereyen, reigens,
15 Siehe oben, S. 100 Anm. 24.
16 Aus der Taufe zu heben.
17 In den Spinnstuben traf sich die jugendliche unverhei-
ratete Dorfbevölkerung, vorwiegend die Mädchen. Hier
bot sich die Möglichkeit geselliger Vergnügungen und
Ausschweifungen aller Art, Medick, Spinnstuben,
S. 19-49.
18 Vgl. 2Kor 4,4.
128
mit breutgam und braudt zur kirchen gehen, Gottes
wort hören unnd den herrn umb glück und segen
anruffen helffen; des andern tags aber soll man kein
nachhochzeit12 machen, doch mag der breutgam und
braut mit irer beider freundschafft ein disch oder
zween belangend, ein messige geselschafft halten.
Würde aber jemand sich gelüsten lassen und
uber diese zeit unnd maß hochzeit halten, soll, wie
auch in den weinkauffen, von einer jeden ubrigen
person 1 ort13 dalers uns zur straff erlegen, wie auch
ein iglicher, so dem invitantenn uber gebürende
dzeit uberlestig14 sein und nit würt oder will schei-
den, derselben straff unterworffen sein soll.
Von dantzen
Im dantzen zu den hochzeiten soll auch zucht und
maß gehalten werden; wenn die geschenk verricht,
mag man 1 stund oder 2 einen ehrlichen dantz hal-
ten, wo aber die mittags predigt und kinderlehre ge-
schiht, soll man ablaßen, so bald mand |73v| anfengt
zuleuthen, unnd sollen knechte und mägde sampt
andern gesten zur kirchen gehen etc. Nach gehalte-
ner predig mag inen auch ein stund frey gelassen,
aber kein nachtdentze15 gestattet werdenn. Unnd
damit solchs unverbrüchlich so werde gehalten, soll
der underschultheis, welcher je in einem jeden kir-
ßpel bey dem dantze sein und zusehen und den uber-
farer, es sey gleich spielman oder sonst einer, alß-
bald zur straffe anzeigen.
Ausserhalb aber den hochzeiten, als auff kir-
messen, pfingstfest, erndtezeit und sonsten, sollen
nirgendt keine dentze gestattet werden, sondern
hiermit außdrücklich verbotten und gentzlich abge-
schafft seinn.
d-d Papier zerstört, von moderner Hand ergänzt.
e Papier zerstört. Vgl. die Kirchenordnung von 1563,
oben, S. 100.
f-f Papier zerstört, von moderner Hand ergänzt.
12 Feierlichkeit, die über den eigentlichen Tag der Ehe-
schließung hinausgeht, vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 74.
13 Siehe oben, Anm. 9.
14 Lästig, beschwerlich, Grimm, DWb 23, Sp. 369.
Von kindtauffen
So viel die kindtauff belangt, soll hinfurt nit mehr
dann einer ein kind zuheben16 gebeten oder genom-
men werden, unnd soll derselbig der kindbetterin nit
[...]e |74r |
Von den spinstuben17
Wir werden auch berichtet, das die mägde unnd jun-
ge gesinde inn flecken und dörffernn bißhero gewon-
heit gehabt, sich in winters zeiten abends in einer
gemeinen spinstuben zuversamblen, bey denen sich
bißweilen auch das junge mansvolck finden lassenn,
unnd (wie leichtlich zuerachten) die zeit mehr mit
unnützem, ohnerbaren geschwetz, daraus dann al-
lerhand ferner unrath folget, dann mit gottseligem
gesprech zubringenn unnd nachtdentze halten sol-
lenn. Demnach wöllen unnd gebieten wir, das solche
spinstuben hinfuro auch gentzlich nachgelassen und
abgethan sein sollen. Unnd da sich einer unserer un-
derthanen gelüsten lassen würde, solche zusamen-
kunfft des jungen gesindts bey sich in seinem hause
hinfuro zu gestatten, soll unns mit einem halben
thaler straff verfaln seinn.
Von faßnachts
fDieweil uns bey dem hellen licht des evangeli18 das
heidnische wüten der fastnacht als uff der tauff ge-
thanen eid zuwieder und nit stehnt zuzulassen und
ohne das die frölichkeiten und gesellschaften wie
fast alle dingf |74v| in diesem abgehenden alter der
welt zum ohnchristlichsten werden gebraucht, und
also mit erweckung Gottes zorns viel untugent wer-
den begangen, setzen und wollen wir, das unsere un-
derthanen hinfuro zur zeit der mommereyen, reigens,
15 Siehe oben, S. 100 Anm. 24.
16 Aus der Taufe zu heben.
17 In den Spinnstuben traf sich die jugendliche unverhei-
ratete Dorfbevölkerung, vorwiegend die Mädchen. Hier
bot sich die Möglichkeit geselliger Vergnügungen und
Ausschweifungen aller Art, Medick, Spinnstuben,
S. 19-49.
18 Vgl. 2Kor 4,4.
128