12. Hochzeits- und Taufordnung für die Herrschaft Homburg 1570
12. Hochzeits- und Taufordnung für die Herrschaft Homburga
1570
Wir, Sebastian1, grave zu Sain, her zu Homburg,
Mungklar und Meintzberg, und wir, Ludwig2 von
Sain, g[rave] zu Wittg[enstein], her zu Homburg, en-
bieten allen und jeden unsern amptleuten, pastoren,
caplanen, ren[t]meistern, vogten, richtern, scheffen,
schultheissen, geschworen und underthonen, in un-
serm landt und herschafft Homburg gesessenn, un-
ser gnadt und alles gut zuvor und [geben] hiemit zu
wissen.
Nachdem unß vielfeltig und beschwehrlich vor-
kommen und wir im werck selbst befunden, das vill
unrichtigkeiten, gottlesterung, gezenck, schlegerey,
totschlege, schand- und unzuchtige hendell sich uff
den grossen hochzeitten und kindtbetten3, da sich
allerhandt unruhige, leichtfertige und zu denen hen-
deln geneigte leut samblen, zutragen, das auch sol-
che grosse kösten, kindtbett und geschenck ein
heimliche entblössung4 und schattzungh sein unser
armen underthanen, bevorab in diesen theuren und
geschwindten zeiten, als haben wir unsern under-
thanen zu gutem auffnemen und gedeyen, auch uff
vieler guthertziger leut underthänig, trewlich und
christlich ansuchen, unß nachfolgender ordnung und
maß, wie es hinfuro uff hochzeit und kindtbetten
gehalten werden soll, verglichen. |40v|
1. Ehrstlich mogen junge knechte und megde, die
a Textvorlage (Handschrift): FA Berleburg, Akten H 41,
fol. 40r-41v. Abdruck: Heckmann, Landordnungen,
S. 43-46.
b Heckmann, Landordnungen, S. 44 Anm. 8 erwähnt,
1 Sebastian II. von Sayn-Sayn (reg. 1539-1573), siehe
oben, S. 72.
2 Ludwig I. von Wittgenstein (reg. 1558-1605), siehe
oben, S. 63.
3 Siehe oben, S. 100, Anm. 26.
4 Plünderung, Beraubung, Grimm, DWb 3, Sp. 500.
5 Im Gegensatz zu Freihochzeiten, bei denen das Braut-
paar alle Kosten des Fests übernahm, überreichten die
mit willen irer eltern, freunde und vormünder in die
ehe ehrlich verlopt, ein ehrlich kirchgangk mit meg-
den und spill und eine gifft brutlofft5 halten, doch
wie nachfolgt.
2. Dieselben sollen ire negste blutfreunde6,
schwegere und nachbarn durch 2 freunde in iren
heusern laden lassen und nit mehr in der kirchen ins
gemein, doch nit uber 10 disch, jeder disch uff x
personen gerechent, laden bey peen xx gl. Und wer
nit also zur hochzeit geladen, solt nit dahin kom-
men, damit er nit mit schandt und spot abgewießen
werde.
3. Zum dritten sollen keine widmenner oder wid-
frawen mit spill oder megden den kirchgangk thun
und keine giftbrutlofft halten, sonder eine geringe
maltzeit von 3 disschen zum hochsten machen bey
peen xx gl. So aber ein widman eine magt nimpt
oder ein junger knecht ein alt weib, soll der knecht
oder [die] magt mit ihren megden und spill den
kirchganck thun, doch keine gifftbrutloft halten,
dan, wie vorgemeldt, alle bey xx gl. straff.
4. Zum vierten, Got und dem heiligen ehestandt
zu ehren sollen die jenige, so sich vor volzogener ehe
in unpflicht7 vermischt, keinen kirchganck mit meg-
den und spilleuten halten, dan schlecht8 mit etlichen
mennern und weibern vor dem altar [und] irem pfar-
herb erscheinen und sich zusamen geben lassen.
Festteilnehmer dem Brautpaar bei Schenkhochzeiten
(gift brutloft) einen Geldbetrag, mit dem die Unkosten
beglichen wurden, siehe Voith-Drobnitzky, Regi-
na, Gebehochzeiten in Westfalen. Zum Wandel der
Schenkbräuche unter dem Einfluß obrigkeitlicher Maß-
nahmen (Münsteraner Schriften zur Volkskunde/Euro-
päische Ethnologie 2), Münster 1998, bes. S. 11-49. Vgl.
die Nassau-Weilburger Kirchenordnung 1574/1576,
Sehling, EKO X, S. 221 sowie die Ysenburger Kirchen-
und Sittenzuchtordnung [1581]/1587, ebd., S. 706.
6 Blutsverwandte.
7 Unzucht, Grimm, DWb 24, Sp. 1227.
8 Schlicht, einfach.
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12. Hochzeits- und Taufordnung für die Herrschaft Homburga
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Wir, Sebastian1, grave zu Sain, her zu Homburg,
Mungklar und Meintzberg, und wir, Ludwig2 von
Sain, g[rave] zu Wittg[enstein], her zu Homburg, en-
bieten allen und jeden unsern amptleuten, pastoren,
caplanen, ren[t]meistern, vogten, richtern, scheffen,
schultheissen, geschworen und underthonen, in un-
serm landt und herschafft Homburg gesessenn, un-
ser gnadt und alles gut zuvor und [geben] hiemit zu
wissen.
Nachdem unß vielfeltig und beschwehrlich vor-
kommen und wir im werck selbst befunden, das vill
unrichtigkeiten, gottlesterung, gezenck, schlegerey,
totschlege, schand- und unzuchtige hendell sich uff
den grossen hochzeitten und kindtbetten3, da sich
allerhandt unruhige, leichtfertige und zu denen hen-
deln geneigte leut samblen, zutragen, das auch sol-
che grosse kösten, kindtbett und geschenck ein
heimliche entblössung4 und schattzungh sein unser
armen underthanen, bevorab in diesen theuren und
geschwindten zeiten, als haben wir unsern under-
thanen zu gutem auffnemen und gedeyen, auch uff
vieler guthertziger leut underthänig, trewlich und
christlich ansuchen, unß nachfolgender ordnung und
maß, wie es hinfuro uff hochzeit und kindtbetten
gehalten werden soll, verglichen. |40v|
1. Ehrstlich mogen junge knechte und megde, die
a Textvorlage (Handschrift): FA Berleburg, Akten H 41,
fol. 40r-41v. Abdruck: Heckmann, Landordnungen,
S. 43-46.
b Heckmann, Landordnungen, S. 44 Anm. 8 erwähnt,
1 Sebastian II. von Sayn-Sayn (reg. 1539-1573), siehe
oben, S. 72.
2 Ludwig I. von Wittgenstein (reg. 1558-1605), siehe
oben, S. 63.
3 Siehe oben, S. 100, Anm. 26.
4 Plünderung, Beraubung, Grimm, DWb 3, Sp. 500.
5 Im Gegensatz zu Freihochzeiten, bei denen das Braut-
paar alle Kosten des Fests übernahm, überreichten die
mit willen irer eltern, freunde und vormünder in die
ehe ehrlich verlopt, ein ehrlich kirchgangk mit meg-
den und spill und eine gifft brutlofft5 halten, doch
wie nachfolgt.
2. Dieselben sollen ire negste blutfreunde6,
schwegere und nachbarn durch 2 freunde in iren
heusern laden lassen und nit mehr in der kirchen ins
gemein, doch nit uber 10 disch, jeder disch uff x
personen gerechent, laden bey peen xx gl. Und wer
nit also zur hochzeit geladen, solt nit dahin kom-
men, damit er nit mit schandt und spot abgewießen
werde.
3. Zum dritten sollen keine widmenner oder wid-
frawen mit spill oder megden den kirchgangk thun
und keine giftbrutlofft halten, sonder eine geringe
maltzeit von 3 disschen zum hochsten machen bey
peen xx gl. So aber ein widman eine magt nimpt
oder ein junger knecht ein alt weib, soll der knecht
oder [die] magt mit ihren megden und spill den
kirchganck thun, doch keine gifftbrutloft halten,
dan, wie vorgemeldt, alle bey xx gl. straff.
4. Zum vierten, Got und dem heiligen ehestandt
zu ehren sollen die jenige, so sich vor volzogener ehe
in unpflicht7 vermischt, keinen kirchganck mit meg-
den und spilleuten halten, dan schlecht8 mit etlichen
mennern und weibern vor dem altar [und] irem pfar-
herb erscheinen und sich zusamen geben lassen.
Festteilnehmer dem Brautpaar bei Schenkhochzeiten
(gift brutloft) einen Geldbetrag, mit dem die Unkosten
beglichen wurden, siehe Voith-Drobnitzky, Regi-
na, Gebehochzeiten in Westfalen. Zum Wandel der
Schenkbräuche unter dem Einfluß obrigkeitlicher Maß-
nahmen (Münsteraner Schriften zur Volkskunde/Euro-
päische Ethnologie 2), Münster 1998, bes. S. 11-49. Vgl.
die Nassau-Weilburger Kirchenordnung 1574/1576,
Sehling, EKO X, S. 221 sowie die Ysenburger Kirchen-
und Sittenzuchtordnung [1581]/1587, ebd., S. 706.
6 Blutsverwandte.
7 Unzucht, Grimm, DWb 24, Sp. 1227.
8 Schlicht, einfach.
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