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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0157
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13. Kirchenzuchtordnung für die Herrschaft Homburg [1605]

13. Kirchenzuchtordnung für die Herrschaft Homburga
[1605, vor August 20]
Kirchenn dißciplin und ordnungh, wie die nach inhalt volgender articull in den Homburgischen kirchen
gehalten und volnzogen werden soll

Nachdem bei diesen geschwinden letzten zeiten auß
vielen wunder und zeichen, so am himmell unnd auff
erden geschehen und gesehen werden, gantz greiff-
lich und offenbar erscheinet, daß von wegen
menschlicher bößheit, sunde, unzucht, schandt und
laster, so hauffig im schwangh gehen, Gottes gerech-
ter zorn unzweifflich in kurtzem wie ein uber-
schwenglich brennendes feur, ja, wie ein gewaltiger
sturm und ungewitter herinfallen, alles verzeren und
umbkeren werde, da solches nicht durch ein bußfer-
tig leben, eifferiges und embsiges gebett der kirchen
und gemein Gottes verhuttet und abgewendt wir-
det, so sollen demnach die pastores und kirchendie-
ner ire zuhorer und kirspels leudt zur buß, beke-
rungh und besserungh ires lebens mit ernst
vermahnen, innen auch die schwere straffen der un-
bußfertigkeit auß Gottes wortt mit großem fleiß
vorhaltten und einbilden, darmit dardurch der
schwere zorn, rach und straff Gottes versuenet und
abgewendt werde.
Und darmit der gemein man desto gewißer zur
buß und bußfertigem leben gereitzt, erweckt, eiffe-
rig und begierig gemacht werde, so sollen demnach
die pastores und kirchendiener | auff die sontage und
andere feirtage nach beschloßener predigt jedermall
ein capitell auß den propheten, dardurch die buß
und straff der unbußfertigkeit verkundiget wirdet,
dem volck offentlich von der cantzell vorleßen,
darmit sie darauß alß auß Gottes munde hoeren und

a Textvorlage (Handschrift): FA Berleburg, Akten H 57.
Abdrucke: Heckmann, Geschichte, S. 57-64; ders.,
Reformation, S. 50-56 (fehlerhaft).

1 Siehe unten, S. 143f.
2 Ez 20,1-17; Dtn 5,6-21.
3 Caspar Olevian hatte in den 1570er Jahren den Heidel-
berger Katechismus von 1563 in der Grafschaft Wittgen-
stein eingeführt, Abdruck in: Neuser, Katechismus,

vernehmen moegen, wie hoch und hefftig Gott die
buß fordere, dieselbige auch belohnen und hinwieder
die unbußfertigkeit erschrecklich straffen wolle.
Und sein solcher capitel auß den propheten hieneben
ein anzall schrifftlich verzeichnet zuersehen1.
Nach verlesungh solches capitels sollen die pa-
stores und kirchendiener zum gebett schreiten. Und
neben allerhandt nott, so inß gebett zu schließen,
daß volck auch mit fleiß vermahnen, daß sie Gott
umb ein bußfertig hertz, daß zur buß unnd bußfer-
tigem leben geneigt, hertzlich anruffen und bitten
wollen. Wan dan darauff daß gebett angefangen
werden soll, sollen die pastores und kirchendiener
niederknien und daß volck vermahnen, daß sie auch
auff ire knie sitzen, Gott daß gebet mit hertzen und
mundt, demutigen und andechtigen geberden vor-
tragen und heimbstellen wollen.
Nach verrichtem gebett sollen die prediger daß
volck der zehen gebott2 und anderer heubtstuck deß
christlichen catechismi3 erineren und sonderlich je-
dermall solcher stuck deß catechißmi, zum wenig-
sten eins, allein und schlecht4 nach | dem text, alß
nemblich und vor erst die zehen gebott, dan zu der
andern nechstfolgenden predigt den christlichen
glauben5 und also vorters zu andern predigten die
andere stuck deß catechißmi dem volck einfeltig
und verstentlich vorsagen, darmit darauß der ge-
mein, alber6 und einfeltigk mahn solche stuck des
catechißmi lehren, faßen und behalten moege.

S. 174-212; Niesel, Bekenntnisschriften, S. 149-181;
Sehling, EKO XIV, S. 342-375. Nachdem Georg von
Sayn-Wittgenstein-Berleburg 1605 die Alleinherrschaft
in Homburg angetreten hatte, führte er auch hier das
reformierte Bekenntnis nach Maßgabe des Heidelberger
Katechismus ein, vgl. oben, S. 69.
4 Schlicht, einfach.
5 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSELK S. 42f.
6 Schlichte, naive, Grimm, DWb 1, Sp. 201.

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