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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0208
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Moers

pabstler sagenn) der kirchen, derselben oder der el-
tern oder gevattern glaub, auch nit der kinder ein-
faldt unnd unnöselheit78, sonder der bundt unnd die
verheischungh Gottes lauth der spruch Genesis 17
[7]: Ich bin dein unnd deines samens Gott; Marc. 10
[14]: Lasset die kinder zu mir khommen.
Dieweil aber biß annhero in viel evangelischen
wie auch pabstischenn kirchen breuchlich, daß die
hebammen oder weise mutter oder sönsten andere
personen die junge kinder im fall der noth habenn
tauffen mögen, dardurch dan die ordnungh Gottes
geschwecht unnd dem volckh anlaß geben würdt,
dem werckh deß taufs die säligkheit wider denn ver-
standt aller sacramenten unnd furnemblich deß hei-
ligen bundts Gottes zuzuschreibenn, so soll nun
vorthan kheiner, es sey im fall der noth oder ausser-
halb derselben, den tauff |12v| zubedienen79 [sich]
unnderstehen, welches allein den kirchendienern,
wie auch daß predighambt, von Christo befohlenn,
Matth. 28 [19].
Unnd sovil die kinder der christen, so ohne ver-
richtungh des taufs sterbenn80, anlangt, da wissen
alle verstendigen, das die nit alls verdambte, sonder
alls sehlige vermögh des bundts Gottes, wie auch die
kinder im alten testament, so vur dem achten tagh
ohne beschneidungh sturben81, zuhalttenn seindt,
sollen derhalben die kirchendiener dem gemeinen
volckh diese zwey stuckh in der lehr oder bedie-
nungh82 der heiligenn sacramenten woll furhalttenn
unnd fleißigh einbilden, daß nemblich dem kirchen-
diener daß teuffen wie daß predigen und nachtmahl
außzutheilen allein gebüre, unnd daß es kheiner
creaturen diesen befelch zuendern zugelassen sey;
dan dieweil daß lehren unnd predigenn nach deß
heiligen apostels Pauli lehr, 1. Timoth. 2 [12], den
weibern verbottenn, so ist innen auch gleichfals daß
teuffen alls ein stuckh deß kirchendienst verbotten,
zuedem, das die junge kinder nit (wie die unversten-

r In der Handschrift: angesprochen.
78 Unnoselheit = Unschuld, Schiller/Lübben, Wörter-
buch 5, S. 67.
79 Das Taufsakrament zu spenden.
80 Im reformierten Verständnis wird die Nottaufe abge-

dige kirchendiener gelert unnd daß gemein volckh
verstanden) im tauff sehligh werdenn, sonder daß
innen die sehligkheit verheischen auch im mutter-
leib oder im anfangh ihres lebens, unnd das derhal-
ben sie von der sehligkheit nit außgeschlossen sein
sollen, ob sie woll noth halben denn tauff nit be-
khommen.
Der tauff soll nimmermehr ohne christliche ver-
samblungh unnd lehr, quae est anima sacramenti,
bedienet werden unnd derhalben furnemblich ahn
den tagen, wen ordenliche predigh geschehen, alls
am sontagh, feirtagen oder sonst in der wochen, wen
die gemein Gottes beieinander ist, auf daß jeder sei-
nes taufs sich wisse zuerinnern unnd die christliche
gemein einhelligh den nahmen Gottes uber daß
kindt anruffen mögen, derohalben auch die diener
die gemein ermahnen sollen, nit auß der |13r| kir-
chenn zu gehen, der tauff sey dan bedienet worden.
Es soll auch in alwege der vatter deß kindts, so
er inheimisch, oder sonst jemandt seinentwegen den
kirchendiener umb den tauff zuvor ansprechenr
unnd ersuchen, damit der prediger zuvor sich möge
erkhündigen, was fur gevattern sein werdenn, auff
daß er bey zeitten in vermahne, khein leichtfertige
oder lasterhafftige oder sonst khein untugige83 per-
sonen darzu gebrauchen, daß daß heilige sacrament
deß tauffs nit verunehret, auch daß kindt durch sol-
che gevattern ahn christlicher zucht nit verseumbt
werde.
Sollen derowegen die eltern selbst vonn den die-
nern fleißigh ermahnet werden, daß sie kheine ge-
vattern beruffen, die nit der religion zugethan oder
eines erbarn lebens seindt. Und wohe sie dawider
wurden handlen, daß denn solche zeugen mit nich-
ten bei dem tauff zu stehen sollen zugelassen wer-
denn. Der vatter selbst, so er vorhanden, soll sich
zum tauff seines kindts verfügen, darmit er mit sei-
nem gebett und gegenwürt daß kindt Gott in seinem

lehnt, da sie nicht in Anwesenheit der Gemeinde erfolgt,
vgl. Beintker, Art. Taufe, reformiert, in: RGG 8,
Sp. 74.
81 Vgl. 2Sam 12,15-18.
82 Spendung, Grimm, DWb 1, Sp. 1230f.
83 Untaugliche, Grimm, DWb 24, Sp. 1973.

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