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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0246
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Die Grafschaft Bentheim-Tecklenburg

gestärkt, die auch dazu diente, Besitzansprüche der Fürstbischöfe von Münster sowie Erbansprüche Graf
Philipps von Solms-Braunfels besser abwehren zu können.62 Neben dem Kontakt zum Herzogshof in Düs-
seldorf pflegte Anna von Tecklenburg intensive Beziehungen zu ihrem Cousin, Landgraf Wilhelm IV. von
Hessen-Kassel. Mit ihm stimmte sie sich darüber ab, Arnold 1571 an der Straßburger Akademie bei Johan-
nes Sturm (1507-1589) zu inskribieren.63 Zwei Jahre später übernahm Arnold die Regierung in Bentheim
und Steinfurt, den Erbländern seines Vaters und Onkels. Im gleichen Jahr heiratete er Magdalena von
Neuenahr, die mit den Herrschaften Bodenburg, Alpen und Helpenstein weiteren Besitz in die Ehe brachte.
1582 wurde Arnold II. mit den beiden Hoyaschen Ämtern Uchte und Freudenberg belehnt. Als Magdalenas
Bruder, Adolf von Neuenahr, 1589 kinderlos starb, erbte sie die Grafschaft Limburg, die Herrschaft Lennep
und die Erbvogtei über die Stadt und das Erzstift Köln.64 In Tecklenburg regierte bis 1580 Arnolds Mutter
Anna, die ihrem Sohn erst in diesem Jahr ihr väterliches Erbe, die Grafschaft Tecklenburg mit Rheda,
übergab.
Für den Tecklenburger Landesteil hatte Anna eine lutherische Kirchenordnung erlassen, die ihr Hof-
prediger, der aus Utrecht stammende Hermann Machaeropaeus (Meßmacher)65, entworfen hatte. Hermann
Hamelmann erwähnt die Ordnung in seiner Chronik: „Hermannus Machaeropeus, qui conscripsit aliquam
ecclesiasticam ordinationem, anno Domini 1562 in ecclesiarum Tecklenburgensium usum“.66 Andere Quel-
len verweisen darauf, dass Anna erst 1575 eine Kirchenordnung erließ, die nach dem Vorbild der hessischen
Agende von 1574 gestaltet war.67 Diese Ordnung ist nicht überliefert. Sie befand sich einst als handschrift-
licher Anhang im Umfang von 14 Blatt bei dem Exemplar der hessischen Agende,68 das in der Staatsbi-
bliothek Bremen69 aufbewahrt wurde. Die Ordnung trug den Titel „Kirchen Ordnung in der Graffschop
Teckelenburg. Extract Etlicher Artickell und puncten, deren sich die wolgeborene fraw, fraw Anna, Gra-
finne zu Teckelnburgk, Bentem und Steinfurth, fraw zu Rhede unnd Wevelinghoven etc., Wittwe, mit Ihrer
Gnaden semptlichen Pastoren in der Graffschafft doselbst uß dußer hirbey gebundenen furstlichen Hessi-
schen Kirchen Ordnung den 23ten dach Februarii Anno etc. 75 verglichen, dieselbigen nun hinfurter in iren
bunten (?) Kirchen zu uben und sich deren allenthalben gemeß zu verhalten“.70 Bei dieser Ordnung handelte
es sich also um einen Auszug aus der hessischen Vorlage, der in den folgenden Jahren in Tecklenburg71
eingeführt wurde und vermutlich auch im Bentheimer Landesteil Geltung erlangte.

62 Smend, Kirchenverfassung, S. 4; zu Bentheim, Anna
von Tecklenburg, S. 81; Schaub, Rheda, S. 77f.; Rübel,
Arnold, S. 18-21.
63 Zu Bentheim, Anna von Tecklenburg, S. 81f.; Schaub,
Rheda, S. 78-80; Rohm/Schindling, Tecklenburg,
S. 190.
64 Neuser, Spanier, S. 169; Marra, Allianzen, S. 29-37,
54; Neuser/Dörner, Kirchenordnung, S. 269 Anm. 1;
Schaub, Rheda, S. 81; Rübel, Arnold, S. 21f.
65 Zu Hermann Machaeropaeus siehe Bauks, Pfarrer,
Nr. 3919.
66 Hamelmann, Reformationsgeschichte, S. 296, ebd.,
Anm. 5: „Von dieser Kirchenordnung ist sonst keine
Nachricht erhalten“, vgl. Kühn, Kirchenordnung, S. 37;
Grosse-Dresselhaus, Einführung, S. 22, 84; Neuser,
Kirchengeschichte, S. 115; Smend, Kirchenverfassung,

S. 4; Schröer, Reformation 1, S. 207; ders., Anteil,
S. 656; Schaub, Rheda, S. 69.
67 Kühn, Kirchenordnung, S. 35-37; Goeters, Kirchen-
ordnungen, S.145.
68 Abdruck in Sehling, EKO VIII, S. 408-469.
69 Signatur: XII. 2. b. 54. Vgl. Goeters, Reformation in
der Grafschaft Bentheim, S. 100 Anm. 191: „Das Bremer
Exemplar mit dem handschriftlichen Tecklenburger
Extract ist im Zweiten Weltkrieg vernichtet worden“.
70 Zitiert nach Reu, Quellen I/III,1/2, S. 1126*. Vgl. Goe-
ters, Reformation in der Grafschaft Bentheim, S. 100.
71 Arnolds II. Biograph berichtet zum Jahr 1587, dass im
Tecklenburgischen „alles nach der hessischen Agenda
gefunden“ worden sei, Döhmann, Leben des Grafen,
S. 23. Vgl. Goeters, Reformation in der Grafschaft
Bentheim, S. 100.

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