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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0249
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Einleitung

Die Bentheim-Tecklenburger Kirchenordnung von 1588 umfasst zwölf Abschnitte zu Predigt, Taufe,
Abendmahl, Armenfürsorge, Strafgewalt, Katechismus, Eheeinsegnung, Feiertagen, Synoden, Kranken-
und Gefangenenbesuch sowie Begräbnissen.82 Die Ordnung geht wie ihre Moerser Vorlage auf die kurpfäl-
zische Kirchenordnung von 156383 zurück. Folglich ist der in der Ordnung vielfach zitierte Katechismus der
Heidelberger, auch wenn er nicht ausdrücklich als Bekenntnisschrift genannt ist. Die Gebete stammen
ebenfalls größtenteils aus der kurpfälzischen Ordnung.84 Die Bentheim-Tecklenburger Kirchenordnung
stimmt mit ihrer Vorlage aus Moers zwar grundsätzlich überein, an einigen Stellen lassen sich jedoch
inhaltliche Abweichungen feststellen, etwa bei den Abschnitten zu Gottesdienst, Abendmahl und Taufe, zu
den Almosenpflegern, zur Kirchenzucht sowie zur Eheschließung.85
Nach Umarbeitung des Texts bestellte Graf Arnold am 2. Oktober 1588 die zehn Tecklenburger Burg-
männer ein, die bei wichtigen Entscheidungen gehört werden mussten, und teilte ihnen seine Absicht mit,
die Kirchenordnung in der Grafschaft einzuführen. Die fünf erschienenen Burgmänner stimmten zu.86
Neben der Grafschaft Tecklenburg, für die die Einführung der Ordnung belegt ist, dürfte sie jedoch auch in
Rheda, Bentheim und Steinfurt Geltung erlangt haben.87 Unmittelbar nach Inkraftsetzung der Kirchenord-
nung ließ Arnold II. verschiedene Kirchenräume nach reformierten Grundsätzen umgestalten. Am 10.
November 1588 wurde etwa in der Kirche am Bentheimer Witwensitz Gronau der Altar abgebrochen, 1589
folgte die Umgestaltung der Schlosskapelle in Burgsteinfurt, zwei Jahre später die der dortigen Stadtkirche
sowie 1590 in Veldhausen, 1591 in Neuenhaus und 1592 in Bentheim.88
Das reformierte Kirchenwesen der Grafschaft Moers hatte nicht nur Einfluss auf die Bentheim-Teck-
lenburger Kirchenordnung, sondern auch auf das akademische Leben, denn 1588 richtete Arnold II. von
Bentheim nach dem Vorbild des 1581 in Moers von seinem Schwager Adolf von Neuenahr gegründeten
Gymnasiums in den Gebäuden des ehemaligen Schüttorfer Augustinerinnenklosters das Arnoldinum ein. Es
wurde nach dem Muster von Johannes Sturms Straßburger Akademie, die Arnold II. selbst besucht hatte,
und der Hohen Schule in Herborn als akademisches Gymnasium (Gymnasium illustre) errichtet und sollte
ein Gegengewicht zu dem 1587/88 in Münster von den Jesuiten übernommenen Gymnasium Paulinum
darstellen. 1591 wurde das Arnoldinum nach Burgsteinfurt verlegt. Hier gelangte es zur Blüte und wurde
eine der zentralen Ausbildungsstätten reformierter Prägung.89

identischen Abschriften der Moerser Kirchenordnung in
Historischen Archiv der Stadt Köln erhalten sind, kann
diese Überlieferung jedoch nicht nachgewiesen werden.
82 Zum Inhalt siehe auch Smend, Kirchenverfassung, S. 6-
11; Neuser/Dörner, Kirchenordnung, S. 16-19; Neu-
ser, Spanier, S. 173-176; ders., Kirchengeschichte,
S. 115f.; Reu, Quellen I/III,1/2, S. 1127*-1129*; Goe-
ters, Reformation in der Grafschaft Bentheim, S. 105f.;
Stupperich, Reformationsgeschichte, S. 185-187;
Schmidt, 400 Jahre, S. 194f.
83 Abdruck in Sehling, EKO XIV, S. 333-408.
84 Siehe die einzelnen Nachweise unten, innerhalb der Edi-
tion. Vgl. Neuser/Dörner, Kirchenordnung, S. 20
Anm. 41; Neuser, Spanier, S. 168f.; Goeters, Refor-
mation in der Grafschaft Bentheim, S. 105f.; Schmidt,
Bentheimer Artikel, S. 99.
85 Die textlichen Abweichungen zwischen der Moerser und
der Bentheim-Tecklenburger Kirchenordnung sind in der
Faksimileausgabe von Neuser/Dörner, Kirchenord-
nung, nachgewiesen, vgl. ebd., S. 23f.
86 Das Protokoll dieser Zusammenkunft findet sich in FA
Burgsteinfurt, Best. A 1541, p. 22r, es ist abgedruckt bei
Goeters, Die Reformation in der Grafschaft Bentheim,

S. 104f. Vgl. Hunsche, Friedrich E., 250 Jahre Land-
kreis Tecklenburg 1707-1957, Lengerich 1957, S. 21f.;
Neuser/Dörner, Kirchenordnung, S. 14f.; Rumpius,
Tekelenburg, S. 28-36; Neuser, Spanier, S. 173.
87 Neuser/Dörner, Kirchenordnung, S. 7; Goeters,
Reformation in der Grafschaft Bentheim, S. 105f. Johann
VI. von Nassau-Dillenburg, der maßgebliche Anstöße für
ihre Entstehung gegeben hat, verfasste ein diesbezügli-
ches Gratulationsschreiben für Arnold II., das er jedoch
nicht abschickte. Der Brief befindet sich in HStaatsA
Wiesbaden 170 III, 1590, fol. 270r-271r. Er ist zitiert bei
Neuser/Dörner, Kirchenordnung, S. 19.
88 Neuser/Dörner, Kirchenordnung, S. 14; Schaub,
Rheda, S. 84; Goeters, Reformation in der Grafschaft
Bentheim, S. 104, 107f.; Smend, Kirchenverfassung,
S. 12.
89 Warnecke, Arnoldinum, S. 259-287; Rübel, Gymna-
sium, S. 3-12; ders., Arnold, S. 26-29; Döhmann, Leben
des Grafen, S. 25f., 31-33; Daebel, Reformation, S. 216;
Neuser, Spanier, S. 170; ders., Kirchengeschichte,
S. 116; Goeters, Reformation in der Grafschaft Bent-
heim, S. 106f.; Rohm/Schindling, Tecklenburg,
S. 192f.; Smend, Kirchenverfassung, S. 12f.; Röser,

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