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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0269
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3. Bentheim-Tecklenburger Kirchenordnung 1588/1619

Weil aber, geliebte Söhne und Töchter, die auffs
Papyr gebrachte Kirchenordnung nun mehr fast
vergenglich, So haben wir für eine notturfft erach-
tet, Gott dem Almächtigen zu ehren et in gratiam
piissimi d[omini] parentis memoriam, Auch zu er-
haltung guter Ordnung in Kirchen unnd Schulen,
vorgemeldte Kirchenordnung in offentlichen Truck
außgehen zu lassen und an den Tag zu bringen,
Euch aber, unsern hertzlieben Kindern, dieselbe
Vätterlich zu dedicieren und zuzueignen, Damit,
gleich wie ihr von jugendt auff von Uns in aller
Gottseligkeit, | auch Ehr und Tugendt, erzogen wer-
det, Darnach auch, wann ir von Gott dem Almäch-
tigen, in ewrem Alter unseren Platz zuvertretten,
auff den Stul der Obrigkeit gesetzt werdet, ir alß-
dann eine Christliche Regel, nach derselben euch in
Kirchen und Schulen und derselben von euch be-
stelleten Dienern zuverhalten, Für euch finden
möchtet, Nach welcher ir euch in betrachtung ewer
wolgemeldten Gottseligen Herrn Großvatters, auch
Großfrawen Mutters20 Christlichen Eiffers (wie
auch, das an der wolgeborner unser hertzlieben Eh-
gemahlinnen, Ewer hochgeehrten, lieben Fraw Mut-
ter21 Seiten die Graffen von Nassaw22, als von Gott
erwehlte Seulen der Kirchen Christi und unserer zei-
ten die rechte Machabaeer, ihren | Christlichen eifer

α Dan. 11, v. 39.
β Exod. 18 v. 20 et seq.

19 Mangeln, fehlen, Grimm, DWb 3, Sp. 985.
20 Siehe oben, Anm. 16 und 17.
21 Margaretha von Nassau-Wiesbaden (1589-1660) war
seit 1606 mit Adolf, Graf zu Tecklenburg, verheiratet.
22 Johann VI. von Nassau-Dillenburg (1560-1606) und
sein Sohn Johann VII. (1607-1623).
23 Döhmann, Leben des Grafen, S. 21f.: „Den 7. Junii
[1586] sein die drei elttiste junge Herrn von Bentheim,
Everwin Wirich, Adolff, Arnoldt Jost ... ghen Herborn
zur schulen verschicket worden“. In der Herborner Ma-
trikel erscheinen die drei Grafen Everwin Wirich (1576-
1596), Adolf (1577-1623) und Arnold Jost (1580-1643)
ebenfalls, Zedler, Gottfried (Hg.), Die Matrikel
der hohen Schule und des Paedagogiums zu Herborn
(VHKN 5), Wiesbaden 1908, S. 8, 184-186.
24 Jer 29,13-14.
25 Vgl. Lk 11,9-10.
26 Dtn 5,32; 28,14; Jos 1,7; Spr 4,27.

erzeiget, in deren Schulen unserer geliebten Brüder
zwen neben uns23 das Fundament unserer Christli-
chen Religion erstlich gelegt) nit alleine für Euch
selbst zu richten, Sondern auch zu Gottes ehren
euwre gemeine Underthanen erbawen und ihnen als
hellbrennende Sternen in aller Gottseligkeit für-
leuchten könnet.
Suchet den Herrn, ewern Gott, von gantzem
Hertzen, Er wirdt sich von Euch finden lassen24.
Klopffet an, Er wirdt euch hir zeitlich seine Gna-
denpforten eröffnen und darnach die Himmelspforte
nicht verschliessen25. Weichet nicht hinder ihm ab,
weder zur Rechten noch zur Lincken26. Laßt euch
den Gott Maozim und seinen Pracht noch seinen
grossen Anhang auff dieser Welt nicht ver-
führenα Bleibet bey Gott, Er wirt auch bey euch
bleiben27. Saget mit dem frommen Martyrer Hanna
Bur-| gio:28 Herr, Verlasse mich nicht, auff daß ich
dich auch nicht verlasse. Suchet redliche, Gotts-
förchtige Leuthe zu Räthe[n] und Beampten, die ein
Erbar Leben führen unnd dem Geitz feindt
seinβ. Ermahnet ewern Adel zur waren Gottesforcht
und zur reinen erkandtnuß der Evangelischen War-
heit und in bestendigkeit bey derselben zu bleiben.
Erinnert ewre Prediger und lehret sie, was da sey
Auffrichtig lehren und Gottselig leben. Ewren Die-

27 Vgl. Sach 1,3.
28 Anne du Bourg war Jurist und seit 1553 Professor an der
Universität Orléans. Im Oktober 1557 übernahm er in
Paris das Amt eines Conseiller-clerc au parlament.
Nachdem er gegenüber dem französischen König Hein-
rich II. für den evangelischen Glauben eingetreten war,
wurde er am 23. Dezember 1559 öffentlich hingerichtet,
Strohm, Christoph, Ethik im frühen Calvinismus.
Humanistische Einflüsse, philosophische, juristische und
theologische Argumentationen sowie mentalitätsge-
schichtliche Aspekte am Beispiel des Calvin-Schülers
Lambertus Danaeus (AKG 65), Berlin, 1996, S. 206f.
Die in der Kirchenordnung zitierte Stelle stammt aus
Jean Crespin, Märtyr-Buch. Denckwürdige Reden unnd
Thaten vieler H. Märtyrer ..., Basel 1597, S. 593, vgl.
Scholl, Hans, Reformation und Politik. Politische
Ethik bei Luther, Calvin und den Frühhugenotten,
Stuttgart 1976, S. 87-102; Stephan, Raoul, Gestal-
ten und Kräfte des französischen Protestantismus, Mün-
chen 1967, S. 112f.

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