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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0287
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3. Bentheim-Tecklenburger Kirchenordnung 1588/1619

uben unnd erhalten und darauff ferner wol acht ha-
ben, daß die bißanhero bey der Tauff gebrauchte
aberglaubische Ceremonien und fürnemblich die Ex-
orcismi134, die keinen grundt im Wort Gottes haben
und im alten Testament bey der Beschneidung und
hernach in den zeiten Christi unnd der heiligen Apo-

steln nicht im brauch gewesen und mehr die Tauff
und alle an- 1811 dere Ceremonien zuvertunckelen
dann zuerklaren dienen, abgeschaffet werden, damit
das gemeine und unverstendige Volck den brauch
der H. Tauff desto baß135 verstehen lerne.

Von der vorbereitung zum Abendtmahl

Daß das heilige Nachtmahl von Christo, unserm
Herrn, kurtz vor seinem Todt, Leiden und Sterben
eingesetzt sey136 unnd daß es von der Kirchen biß an
der Welt ende nach deß Apostels Pauli Lehr, 1. Co-
rinth. 11, versic. 26: Ihr solt deß Herren Todt ver-
kündigen biß daß er kümpt, Item: Thut das zu mei-
ner gedächtniß137, sol underhalten138 werden, ist
allen Glaubigen bewust. Dieweil aber allerley unnd
mannigfaltige irrthummen deß H. Nachtmals hal-
ben, und das mehrertheils auß 1821 unverstandt der
wort, so der Son Gottes uber Tisch im Nachtmahl
geredt, erwachsen, die auch dem gemeinen Man so
tieff im Hertzen stecken, daß derselbig sich darvon
lasset gar schwerlich abführen, So sollen die Kir-
chendiener das gemeine Volck von diesem heiligen
Sacrament offt und fleissig berichten und in den
Predigten sich wol fürsehen, daß sie den worten
Christi keinen frembden verstandt andichten, son-
dern die wort deß heiligen Nachtmals also erklaren,
daß dieselbe erklärung mit den Articulen unsers
Christlichen Glaubens und dem rechten verstandt
aller Sacramenten sowol deß Alten als Neuwen Te-
staments ubereinkommen, unnd sonderlich, daß der
underscheidt beyder Naturen in Christo sampt einer
jeden Na-1831 turen eigenschafften wol und eigent-
lich139 dem Volcke eingebildet werde, Darauß dann
einfaltige Leut einen guten unnd nothwendigen be-
richt von Christo und seinem Opffer, am Creutze
volnbracht, zu welchem uns das Nachtmal als mit
der Handt führet, und vom H. Nachtmahl selbst
bekommen und also von allem unverstandt abgezo-
134 Die Dämonen- und Teufelsaustreibung als Teil des Tauf-
rituals, an dem die Lutheraner festhielten, während die
Reformierten sie verwarfen, Nagel, Art. Exorzismus,
in: TRE 10 (1982), S. 754.
135 Besser.

gen werden.
Es sol aber das Nachtmahl in aller einfalt nach
der einsetzunge Christi und brauch der H. Aposteln
außgetheilt werden, Dann dieweil Gott im alten Te-
stament darauff getrungen, daß die vorgeschriebene
form und ordnung deß Osterlambs, davon Exodi am
12. [1-28.43-49] geschrieben, und sonst andere Ce-
remonien gehalten unnd nicht geändert worden, So
hat auch der Sohn Gottes mit 1841 gleichem ernst be-
folen, daß die ordnung deß H. Nachtmals, von ime
eingesetzet, ohne weitern zusatz aller anderer Cere-
monien oder veränderung sol gehalten werden, Wie
er spricht: Solchs thut zu meiner gedächtnuß140, etc.
Derhalben die Prediger sich mit der ordnung sollen
genügen lassen und keine andere Ceremonien, als
Liechter, sonderliche Kleider, Schellen, Altaren und
was deß dings mehr ist, einzuführen understehen.
Nachdem auch in unser Graff- unnd Herrschaff-
ten in den Kirchen die Altaren, Kelchen, das con-
secrierte oder Oblatenbrot, wie es genant wirt, noch
fürhanden und gebraucht werden, Sollen die Predi-
ger zuvorderst mit allem fleiß und ernst ihre ZuhÖ-
rer auß güttlichem Worte lehren und vermahnen, 1851
daß solche Altaren und andere Ceremonien, so in
Gottes Wort nicht gegründet noch der Institution
gemäß, sondern stracks zuwider, nothwendig abge-
schaffet werden müssen unnd sollen, wie sich solches
auß der H. Schrifft zu erbawung der Christlichen
Gemeine, der Zuhürer Seelenseligkeit, Bevorab aber
zu der befürderung Gottes ehren und reiner Christ-
licher niessung deß Herren Nachtmahls, warzu uns

136 Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20; lKor 11,23-25.
137 lKor 11,25.
138 Beibehalten.
139 Genau, eingehend.
140 Siehe oben, Anm. 137.

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