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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0291
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3. Bentheim-Tecklenburger Kirchenordnung 1588/1619

hat153, Da er ist gebunden worden, auff daß er uns
entbünde154, darnach unzehliche schmach erlitten,
auff daß wir nimmer zu schanden würden, Unschul-
dig zum Todte verurtheilt, auff daß wir für dem Ge-
richte Gottes frey gesprochen würden, seinen gebe-
nedeyten Leib für uns ans Creutze näglen lassen,
auff daß er die Handtschrifft unserer Sünde daran
nägelte155, Unnd hat also die vermaledeyunge von
uns auff sich geladen, auff daß er uns mit seiner Be-
nedeyung erfüllete, Unnd hat sich genidriget biß in
die al-1102 j lertieffeste schmach und hellische angst
Leibs und der Seelen am stammen deß Creutzes, da
er schrye mit lauter stimb: Mein Gott, mein Gott,
warumb hastu mich verlassen?106, auff daß wir zu
Gott genommen und nimmer von ihme verlassen
würden, Endtlich mit seinem Todte unnd blutver-
giessen das New und ewige Testament, den Bundt
der gnaden unnd versöhnung, beschlossen, wie er
gesagt hat: Es ist vollbracht107.
Damit wir aber festiglich glauben, daß wir in
disen Gnadenbundt gehören, Nam der Herr Jesus
Christus in seinem letzten Abendtmahl das Brot,
dancket, brachs und gab es seinen Jüngern und
sprach: Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der
für euch gegeben wirdt; das thut zu meiner gedacht-
nuß. Desselben gleichen nach dem Abendtmahl nam
er den Kelch, saget danck unnd sprach: Nehmet hin
unnd trincket alle darauß, dieser Kelch ist das Neu-
we Testament in meinem Blute, das für euch und für
vielen [!] vergossen wirdt, zur vergebung der Sün-
den. Solches thut zu meiner gedächtnuß158, Das ist,
so offt ir von diesem Brodt esset unnd von diesem
Kelch trincket, solt ihr dardurch als eine gewisse ge-
düchtnuß und pfandt erinnert und ver-11031 sichert
werden dieser meiner hertzlichen lieb unnd treuwe
gegen euch, daß ich für euch, die ihr sonst deß ewi-
gen todts hett müssen sterben, meinen Leib am
stammen deß Creutzes in den Todt geben, mein

d Im Druck: 2.
153 Lk 22,44.
154 Frei mache.
155 Kol 2,14.
156 Mt 27, 46; Mk 15,34.
157 Joh 19,30.

Blut vergossen unnd euwere hungerige unnd dur-
stige Seelen mit demselben meinem gecreutzigten
Leibe und vergossenen Blute zum ewigen Leben
speise unnd träncke, so gewiß als einem jeden diß
Brodt für seinen Augen gebrochen unnd dieser
Kelch ihm gegeben wirdt und ir dieselben zu meiner
gedechtnuß mit ewerem Mundt esset und trin-
cket159.
Auß dieser einsetzung deß H. Abendmahls un-
sers Herrn Jesu Christi sehen wir, daß er unsern
glauben und vertrauwen auff sein volkommen Opf-
fer, einmahl am Creutz geschehen, als auff den ei-
nigen grundt und fundament unser Seligkeit weiset,
da er unsere hungerige unnd durstige Seelen zur
wahren Speise und Tranck deß ewigen Lebens wor-
den ist. Dann durch seinen Todt hat er die ursach
unsers ewigen hungers und kummers, nemblichen
die Sünde, hinweg genommen und uns den leben-
11041 digmachenden Geist durch seine fürbitt erlan-
get, auff daß wir durch denselbigen Geist, der in
Christo als dem Haupte unnd in uns als in den Glie-
dern160 wohnet, ware gemeinschafft mit ime hetten
unnd aller seiner Güter ewigen lebens, gerechtigkeit
unnd herrligkeit theilhafftich werden161.
Darnach, daß wir auch durch denselben Geist
undereinander als Glieder eines Leibs in warer brü-
derlicher liebe verbunden werden, wie der heilige
Apostel Paulus spricht, ld. Cor. 10, v. 17: Ein Brot
ist es, so seindt wir viel ein Leib, dieweil wir alle
eines Brots theilhafftig seindt. Dann wie auß vielen
KÖrnlein ein Mehl gemahlen und ein Brot gebacken
wirdt Und auß vielen Beerlein, zusammen gekeltert,
ein Wein fleußt unnd in einander menget162, Also
sollen wir alle, so durch waren Glauben Christo ein-
geleibet sein, durch brüderliche liebe umb Christi,
un-11051 sers lieben Heylands, willen, der uns zuvor
so hoch geliebet hat, allesammen ein Leib sein,
Unnd solches nicht allein mit worten, sondern mit

158 Siehe oben, Anm. 136.
159 Vgl. Heidelberger Katechismus, Frage 75 und 79, Neu-
ser, Katechismus, S. 193f., 195.
160 Siehe Anm. 54.
161 Vgl. Heidelberger Katechismus, Frage 76, Neuser, Ka-
techismus, S. 194.
162 Didache 9,4; vgl. Wengst, Didache, S. 81.

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