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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0390
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Die Stadt Soest

weise gegenüber dem Soester Rat absichern wollte - insbesondere vor dem Hintergrund der Auseinander-
setzung um dessen Korrektur- und Kürzungswünsche.43
Rhegius’ äußerst knappe Stellungnahme weist die Kirchenordnung als der Heiligen Schrift gemäß aus.
Es ist das Fragment einer Handschrift erhalten, das einen zusammenhängenden Textabschnitt aus der
Mitte der Ordnung enthält44 und das möglicherweise die handschriftliche Fassung darstellt, die Urbanus
Rhegius zugesandt worden war. Das Fragment weist nur wenige Korrekturen auf, die dem Druck ent-
sprechen.
Bei der Ausarbeitung der Soester Ordnung benutzte Oemeken mit der Braunschweiger Kirchenordnung
von 1528 sowie deren Bearbeitungen für Hamburg von 1529 und Lübeck von 1531 die maßgeblichen Refe-
renzordnungen seiner Zeit als Vorlagen.45 Oemeken formulierte für Soest jedoch einen eigenständigen Text.
Die Kirchenordnung behandelt zahlreiche Aspekte des evangelischen Kirchenwesens, die sich von Anstel-
lung, Amt und Besoldung der Prediger sowie ihrer Bibliothek über Fragen von Zeremonien bei Gottesdien-
sten und Kasualien, Festtagen, Bildern, Benediktionen, Fastenzeiten, Kloster- und Schulwesen, Armenfür-
sorge und Ehesachen bis hin zu Maßnahmen gegen Gotteslästerung, Zutrinken, Ehebruch und Hurerei
sowie die Errichtung eines Armen- und eines Schatzkastens erstreckten.46
Hinsichtlich liturgischer Formulare verwies Oemeken auf die Braunschweiger Ordnung, auf Luthers
Taufbüchlein und Melanchthons Unterricht der Visitatoren. Die Soester Kirchenordnung hat schon allein
durch diese Referenzen lutherischen Charakter, dieser tritt jedoch ebenso deutlich in den bekenntnishaften
Passagen zutage, mit denen die evangelischen Maßnahmen begründet wurden.47 Die Ordnung ist in nie-
derdeutscher Sprache abgefasst, die Oemeken jedoch in recht eigenwilliger Weise verwendete.48
Herzog Johann III. von Kleve, dem es im Winter 1531/32 nicht gelungen war, seine Kirchenordnung in
Soest einzuführen, war als Schirmherr der Stadt weiterhin an deren kirchlicher Entwicklung interessiert
und bat die Soester, ihm ein Exemplar von Oemekens Kirchenordnung zuzusenden, was am 7. Mai 1532
erfolgte.49 Obwohl sich der Herzog aufgrund der Ordnung überzeugen konnte, dass Soest evangelisch gewor-
den war, versuchte er im Jahr darauf erneut, die Stadt zur Annahme seiner am 11. Januar 1532 erlassenen
Kirchenordnung und der zugehörigen Erklärung vom 8. April 1533 zu bewegen.50 Für den 20. August 1533
lud er die beiden Bürgermeister zu einem Gespräch nach Dinker, einem Kirchspiel in der Soester Börde. Das
Treffen wurde seitens der Soester Vertreter ausgeschlagen, die dem Herzog stattdessen mitteilten, seine
Ordnung nicht annehmen zu können, da sie vor mehr als einem Jahr eine lutherische Ordnung eingeführt
hätten.51 Am 4. Juli 1534 fand schließlich doch noch ein Treffen mit den herzoglichen Räten statt. Ver-

43 Stupperich, Charakter, S. 415; ders., Rhegius, S. 24;
Ehbrecht, Reformation, S. 261.
44 StadtA Soest Abt. A 6173, fol. 2r-17v. Das Fragment ent-
spricht den Druckseiten fol. Glv-L3r, es enthält die
Abschnitte zu Werktagspredigten, Ehesachen, Bann,
Zutrinken und Völlerei, Ehebruch, Hurerei und Kuppelei,
geistlichen Personen, Klöstern, Mördern, Gottesläste-
rung, Benediktionen, Gefangenen, Pro Pace-Läuten,
Bibliothek sowie zu Fasten und Festen. Vgl. Schröer,
Reformation 1, S. 661 Anm. 39.
45 Eine synoptische Gegenüberstellung der beiden Ordnun-
gen anhand der Kapitelüberschriften bietet Knodt,
Omeken, S. 230-232.
46 Zum Inhalt siehe auch Schwartz, Geschichte, S. 60-78;
Knodt, Omeken, S. 22-93; Peters, Wormser Edikt,
S. 199-208; Stupperich, Reformationsgeschichte,
S. 91-95; Schröer, Reformation 1, S. 364-371; Jostes,
Daniel von Soest, S. 26f. Anm. 3, S. 50-53; Reu, Kate-
chismen 1/111,1/2, S. 1150*—1155*. Die Einrichtung des

Schatzkastens wurde offenbar nicht sofort realisiert, denn
vom 9. Mai 1535 (Exaudi 1535) ist ein Dokument über-
liefert, das überschrieben ist mit „Up den schatkasten
upthorichten uit der ordinantie ann. 35 up exaudi begert“
(StadtA Soest Abt. A Nr. 6207, S. 483-486, Abdruck bei
Deus, Soester Recht 5, S. 676f.; Jacobson, Urkunden-
Sammlung, S. 21-23, dort datiert Exaudi 1534). Hierbei
handelt es sich um das Kapitel „Van dem Schatkasten“
aus der Kirchenordnung von 1532, dem lediglich zwei
kleinere Abschnitte fehlen.
47 Schwartz, Geschichte, S. 78; Stupperich, Charakter,
S.413-419.
48 Fischer/Peters, Sprachliche Verhältnisse, S. 689; Fi-
scher, Stadtsprache, S. 526; Stupperich, Reforma-
tionsgeschichte, S. 95; ders., Charakter, S. 413-419; Hal-
ler, Buchwesen, S. 753.
49 Rademacher, Annales 1, S. 242f. Nr. 642.
50 Peters, Selbstbehauptung, S. 81.
51 Die Akten zu diesen Verhandlungen befinden sich im LAV

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