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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0397
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Einleitung

unterstanden einer strikten Aufsicht, sie wurden namentlich verzeichnet, erhielten Bettel- oder Singscheine,
durften nur in ihren Hofen Almosen erbitten und wurden dabei streng kontrolliert.104
Für die Ausarbeitung der Soester Armenordnung hatte sich der Rat an Ordnungen anderer Städte
orientiert. So finden sich einige Übereinstimmungen zur Armenordnung der niederrheinischen Hansestadt
Wesel,105 die sich der Rat hatte schicken lassen.106 Diese Ordnung ist nicht datiert,107 sie stellt jedoch
vermutlich die Vorlage für die Soester Ordnung dar, denn ebenso wie in Soest sollten auch in Wesel die
Bediirftigen nach Alter, Gesundheitszustand, Tätigkeit und Lebensunterhalt verzeichnet werden. Während
die Schiiler auch in Wesel an drei Tagen in der Woche organisierte Bettelumgänge veranstalteten durften,
war die Einsammlung der Almosen für die übrigen Bedürftigen den Armendiakonen vorbehalten.
Neben der Weseler Armenordnung hatte sich der Soester Rat auch eine Bettlerordnung aus Lübeck von
1576 kommen lassen.108 Diese wirkte jedoch nicht erkennbar auf den Soester Text. Ebenfalls ohne Einfluss
blieb auch die Essener Armenordnung von 1581, die zwar nicht in Soest überliefert ist, die jedoch aufgrund
der räumlichen Nähe beider Städte und des gleichen Jahres ihrer Entstehung eine mögliche Vorlage hätte
sein können.109 Die Armenverzeichnisse von 1576 und 1591/92, die für St. Petri, die Kleine Westhofe, die
Wiesenkirche und St. Georg überliefert sind und die den Anweisungen in der Soester Armenordnung von
1581 folgen, belegen deren Umsetzung in der Praxis.110
8. Anweisung zu den Taufpaten 8. Juni 1583 (Text S. 478)
Nach Einführung der Reformation wurde vielerorts angeordnet, als Taufpaten ausschließlich evangelische
Gläubige zuzulassen. Aus Soest ist eine solche Anweisung nicht bekannt und offensichtlich konnten auch bei
evangelischen Taufen Katholiken Paten sein. 1583 beschwerte sich das Soester Predigerministerium jedoch
beim Rat der Stadt,111 woraufhin dieser die Pfarrer und Prediger am 8. Juni 1583 anwies, bei Taufen
katholische Taufpaten nicht eigenmächtig auszuschließen. Hiermit bezog sich der Magistrat auf Adam
Brictius thon Norde, Paul Weigel, Simon Musaeus und andere Soester Pfarrer, die in dieser toleranten
Weise vorgegangen waren. Die Prediger antworteten dem Rat daraufhin ablehnend: „Wir sagen semptlich
kurtz, gut, rundt, das wir sollichs nicht thun konnen. Und ob schon sollichs von der obrigkeit were also
beschlossen und bevholen, so sagen wir mit D. Luther mutatis mutandis, das ein ehrbarer rath wissen soll,
es sey viel anders im himmel, dan zu Suist auffm rathhause beschlossen und bevholen. So erstreckt sich
auch der obrigkeit ampt nicht so weit, das sie sollte befugt seyn, dem geistlichen ampt furzuschreiben, wie
man sich in darreichung der sacramente solle verhalten und was man für fideiussores im handel der tauff
solle und wolle zulassen, denn sollichs dem ministerio furnehmiich zu verordnen oblieget“.112 Wie die Aus-
einandersetzung der Prediger mit dem Rat um die Frage der Konfessionszugehörigkeit der Taufpaten aus-
ging, ist nicht bekannt, 1706 soll es jedoch noch einmal zum Streit in dieser Sache gekommen sein.113

104 Zum Inhalt siehe auch ebd., S. 322-325. Vgl. Radema-
cher, Annales 3, S. 960 Nr. 2736.
105 Wesel hatte als Hansestadt einen ähnlich autonomen Sta-
tus wie Soest, obwohl es zum Klever Territorium gehörte
und der Herzog nominell Stadtherr war, Weseler Kon-
vent, S. lf.
106 StadtA Soest Abt. A 7194.
10' Gros, Armenordnung, S. 112 datiert sie aufgrund ande-
rer Quellenüberlieferung in das Jahr 1580.
108 StadtA Soest Abt. A 7188.
109 StadtA Essen 100/2356.

110 StadtA Soest Abt. A 7189. Vgl. Sander-Berke, Armut,
S.325-329.
111 Simon Musaeus hatte diesen Punkte in seinen Gravamina
zur Kirchenordnung von 1532 bereits ausführlich trak-
tiert und sich nachdrücklich gegen die Zulassung katho-
lischer Paten ausgesprochen, Deus, Soester Recht 5,
S.711-714.
112 Zitiert nach Jacobson, Geschichte der Quellen, S. 63f.
ohne Quellenangabe. Vgl. Schröer, Reformation 1,
S. 406.
113 Jacobson, Geschichte der Quellen, S. 64.

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