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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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Soest

Der Psalmista David sprickt, Psalmo xl288: Wol
dem, der den armen bedenckt, wente yn der tidt der
nodt werdt 6n Godt erredden. He werdt en behSden,
heyl und gelücke werdt he em up erden geven und
eene synen vyenden nicht yn die hande kamen laten;
so he tho bedde licht, werdt on der Her uprichten,
ya du, 0 Her, wendest aff 6m alle syn leeger und
krankhiet. Ich hape, dit werde thom weynigsten er-
like, vrame harten beweegen, willich yn der armen
kasten mildichlick tho geeven.
Tho dussem kasten schalen yn ein yder kercke iiii
dyaken na uthwysunge der hilgen schrifft, Actorum
am vi. [1-7], i. Timo. iii [8-13], erweelet und gekaren
werden, die vüll des hilgen geestes und wyßhiet syn,
nicht twetüngich, nicht wynsüchtich, nicht schent-
liken gewinstes girich, welk de hemelicheit des ge-
loven yn reiner conscientien hebben, ein ider ener
frouwen man, dey erlick syn, nicht lastererschen,
nSchteren, trw yn allen dingen, dhie eren kinderen
wol vörstaen und eren egen hüsen. Wowol yn dusser
saken wy lichtlick erren k6nnen, so möte wy dach
Gadt dem almechtigen die sake beveelen und um
gnade bidden, wo ock mit den Predicanten; dach
|M5v| schall die sake, Superattendenten, Pastoren,
Capellaen und Dyaken tho kesen, yn aller mathen,
wo yn der Brunswickscher289, Hamborger290 und
Lubscher291 Ordinantien eyn böck gemaket, uppet
letzste geseth ys, welck die Pastoren daruth m6gen
schryven, gehalden und gebruket werden.
Eyn yder Dyaken schall tho dem kasten enen sloetel
hebben, wenthe veer sl6te verandert sch6len darvor
gemaket syn. Alle Feste und Sundage moten twe
van ön mit büdelen, an enen stock gemaket, mit
ener havyckschellen, eyn an der lüchteren, der ander
an der rechteren syden der Kercken manck dem vol-
ke ummegaen, sammelen, offt yemans ytwes den ar-
men wolde geven, dat schal gescheen, wenner die
Epistell yn der Mysse werdt gelesen. Nymans schal

288 Ps 41,1-4.
289 Braunschweiger Kirchenordnung von 1528, Sehling,
EKO VI/1, S. 373-375, 453.
290 Hamburger Kirchenordnung von 1529, Sehling,
EKO V, S. 501f., 538-540.

vele genödiget werden, wente enen friwilligen gever
hefft Gadt leeff, ii. Corinth. ix [7].
Die Dyaken dorven sick solckes eres amptes
nicht scheemen, des se vor Gadt und der gantzen
werldt grote eer hebben, wente se syn veele gewisser
sodaner esschunge wen alle Papen, M6nnike,
kn6nycke, Nunnen und beginen, wenthe Gades
wordt dar ist. Men hefft ock vorhen willich dem Pa-
weste und synen gesellen yn trüggelie gedeinet, war-
umme wolde me sick denne scheemen, Jesu Christo
sülvest tho denen, dem wy h6chlick hebben tho
dancken, dat he uns dat heilsam hilgedom, nömlick
syn armen, hefft gelathen, den wy mögen die vöte
wasschen, kleden, vöden und spisen, welck sick der
Her, wo 6m sülvest gescheyn, annympt, als Mathei
| M6r | am xxv. [35-40] bewyset. In düssen der armen
kasten schal vallen alle Vigilien offer, ßo eyn yder
dat gantze yaer geneigt, daryn tho geeven, Alle Te-
stamente und milde gave, vordt alle offer, welck up
sünderlike Feste plach tovallen, schal am negestvol-
gende Sundage, wo vorhen ym kalender ist der wee-
ken gehalden, yn enem becken gesammelt und yn
den kasten gesteeken werden, Ock, wat eyn Erbar
Raeth ßust gewontlick gewest, dem Papistisschen
denste tho geeven, schall yn den kasten.
Wenn eyn dode werdt tho grave gebracht, wer laf-
lick, dat die vrönde und so dem lichnam gevolget,
dorch die Kercken gyngen und offerden, eyn yder
nach vermöge Christo, dat ys den gel6vigen,
notrofftigen armen yn de kiste. Dem gelick, wen die
Brüdegam und Brüdt tho Kercken gaen, willen se
die armen ock flitich bedencken mit örer geselschop,
wente darmit laden sie ock Christum tho der weert-
schop, alßden mögen sülcke keines dinges mangelen
noch gebreck lyden, wente de kruken, so vul waters
gevüllet, möthen thom s6ten, walsmeckendem wyne
vorwandelt werden292, dat ys alle krütze, harteledt
und vorvolgunge yn vroude und ydell blytschop.

291 Lübecker Kirchenordnung von 1531, Sehling, EKO V,
S.349-350, 362.
292 Vgl. Joh 2,7-11.

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