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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0500
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Soest

11. Armenordnung3
1597

Ordnung vor die armen
Dweil uber grosse unordnung der armen bedelers viel geclagt wirdt, hadt sich der erbar rhadt und zwolve
sich gevallen lassen, ein ordnung zustellen lassen auff ratification der hern etc.

Erstlich. Es sollen die armen, so bißhero vor der leu-
the heuser bedelen gangen, in zwe carenda getheilt
werden, die eine die schöler, die ander die gemein
betler, es sei mhan, weib, kindt etc. Die carenda sol-
len ire provisoren und vorstender vom erbarn rhate
haben, wilche sollenn aufsicht haben, das niemandt
in die carenda genommen dan rechte armen, sollen
auch in ein register verzeichnet werden.
In der schöler carenda soln alle scholer sein, sei
seindt burgerkinder oder frembde, dan die frembden
soln nit admittirt werden, sie brengen dan testimo-
nia von irem pastor, das ir eltern arm sein, die kin-
der zur scholen nit halten khonnen, oder, so welche
unseren burgeren bekandt, khonnen dieselbige auch
zeugnus gebenn.
Alle pauperes und arme schöler sollen in ein, als
die neuwe schuele1 gehen, damit zu beßer disciplin
gehalten werden muege. |13v| Dan wan alle armen
aus den custerscholen2 in ein carenda zusamen qwe-
men, wehre zubefurchten, idell muthwille und schle-
gerie daraus folgen wurde, eß wehr dan sache, jeder
custer mit seinen schölers selbst umbgehen wolde
mit der carenda und aufsicht haben, so kundt ide-
rem custer ein gewisse anzahl der armen verordnet
werden.

Die gemein bedelers armen soln gleichfals ire pro-
visoren haben, von denselben einschreiben lassen,
und sonder solche inscription sollen kheine aufge-
nommen werden. Wie nun solche register zu ma-
chen, als pastor, khemerer, diaconi, wechter sollen
zusamenn khommen, sich bedencken, wie die armen
auf ein register zubrengen und kentnus vor ir ar-
muth bekhommen, hiervon ein besonder ced-
tell3. Wan jemandt kranckh ist, in die carenda nit
khommen khan, soll gleichwoll sein theil gegeben
werden.
Die carenda sollen einen tag umb den andern
gehen, also wan den einen tag der scholer carenda
im groten Westhoven, den andern tagh die ander
carenda, als die betler in 114r | Northoeven, den drit-
ten tagh die schoeler in Osthoeven, den vierten tagh
die gemeine armen im Waesthoven, den funften tag
die scholer Suithoven, die andern den sesten tagh in
lutte Westhoven4.
Ein jeder carenda muß haben ein aufseher, der in-
nen die psalmen anfengt, die scholer den clavige-
rum5, die betler iren prechervogt6, welche aufsicht
haben sollen, das die armen sonder tumult fein se-
digh auff der gaßen gehen.
Eß sollen die carenda, dar heuser weitt ableigen,
fein langsam gehen, nach gelegenheit ein wenigh still

a Textvorlage (Handschrift): StadtA Soest Abt. A 7193,
fol. 13r-16v.

1 1534 war in Soest eine städtische Lateinschule gegründet
worden, die 1548 im Zuge des Interims geschlossen wur-
de. Der städtische Rat unternahm 1570 den Neubau ei-
nes Schulgebäudes für das Soester Archigymnasium,
Löer, Archigymnasium, S. 475-522.
2 Küsterschule. Die Küster übernahmen vielfach den Ele-

mentar- und Katechismusunterricht, Mertz, Georg,
Das Schulwesen der deutschen Reformation im 16. Jahr-
hundert, Heidelberg 1902, S. 405-407.
3 Siehe das „Examen ...“ am Schluss der Ordnung.
4 Siehe oben, S. 368.
5 Schatzmeister.
6 Bettelvogt, Aufseher über die Bettler, Grimm, DWb
13, Sp. 2042.

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