Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0505
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
12. Kirchenordnung [1609]

Caput 2: Von ordnung der predigten
Die predigten sollen sie alle fein methodice be-
schreiben, auff daß, wan wegen vurfallenden ursa-
chen diselbige gefordert möchten werden zu verle-
sen, man sie bey ihnen finden alsbald könne. Sollen
aber dieselbige allezeit nach dem methodo anstellen,
den Paulus fürschreibet, 2. Tim. 3 [14-17], 1. Cor.
10 [23-33] et 14 [1-40], Rom. 15 [14-21], und wen sie
gleich ein jahr nicht wie das andere die evangelien
und epistolen tractiren, sollen sie doch nicht viel
rühmens und ermahnens machen jegen den advent
von ihren neuen methodis, damit nicht der gemeine
man geärgert und die texte zu einem andern ver-
stande genöthigt werden, den die praecedentia und
consequentia geben.
Die wochen aber über mögen sie ein buch ent-
weder auß dem A[lten] oder aber auß dem NT, in
ihren gebührlichen predigen zu verhandeln, für sich
nehmen. Fallet aber ein aposteltag (welche man
nicht feyrlich helt) nach dem calender, so mögen sie
die evangelia, auff denselben tag verordnet, in ihren
wochenpredigen erklären; sonsten, auff die hohe und
andere feste, so man allhie feyerlich helt, sollen die
evangelia und epistolen außzulegen |164v| behalten
werden, welche von alters darauff sind verordnet
worden.
Der pastor aber und capellan in der alten kir-
che23 sollen sich zuvor bereden, daß nicht einer den
text verhandelt auff die feste oder auch in den wo-
chenpredigten, welchen der ander verhandelt, und
soll allewege dem pastori (welchen der capellan fra-
gen soll) die election freystehen, was er in der nach-
mittagspredigen für sich wolle nehmen, den in der
mittelpredigt sol er alleine das evangelium erklären.
Es sollen aber nachfolgende festtage hochfeyer-
lich gehalten werden:
der h[eilige] christtag oder festum nativitatis Christi
3 tage,
das fest der beschneidung Christi [1. Jan.],
das fest Epiphaniae, von ankunfft der weisen auß

23 St. Petri, siehe oben, S. 414 Anm. 118.
24 St. Maria zur Wiese (Wiesenkirche), siehe oben, S. 414
Anm. 121.

morgenland [6. Jan.],
der tag der opfferung Christi im tempel [2. Febr.],
das fest der empfangnuß Christi seu annunciationis
[25. März],
der palmentag,
der grüne donnerstag oder festum coenae Domini
nur, bis die morgenpredigt auß ist,
das fest der passion oder carfreytag biß auff den
mittag,
das fest der aufferstehung Christi oder Ostern 3 ta-
ge,
das fest der himmelfart Christi, das pfingstfest
3 tage,
das fest nativitatis Johannis bapt[istae] [24. Juni],
das fest visitationis Mariae [2. Juli],
das fest Michaelis [29. Sept.], |165r|
auff welchen festen in jeder pfarkirchen 2 pre-
digten geschehen sollen und in der alten kirchen
drey (deren 2, die mittel- und nachmittagspredigt,
der pastor und die frühpredigt der capellan verrich-
ten sol) und zur Wiese24 drey. Auff die gemeine
sonntage aber sollen die h[errn] pastores und predi-
ger die epistelen nacheinander ordentlich predigen
in der alten kirchen und, wenn sie umb seyn, von
vorne wieder anfahen.
Die pastores in der Börde sollen alle jahr eins-
mahl die epistel daselbst ordentlich nacheinander
erklären, daß man höre, ob sie auch fleissig daheime
studiren, und bey eines jeden predigt sollen sambt
unserm inspectore allemahls 2 andere pastores auß
dieser stadt seyn, und dasselbige ordentlich nach
einander; und was dieselbigen drey personen dan
befinden, das zu reprehendiren sey, sollen sie fein
fraterne ihnen anzeigen, den wir keinen wollen, als
wen er noch ein schülerjung wäre, verhudelt25 ha-
ben; sol aber uns freystehen, in dieser ordnung con-
silio der geistlichen zu dispensiren.
Die predigten insgemein sollen sich über 1 stun-
de nicht erstrecken; morgens zwischen 6 und 7 uhr
sollen sie die frühpredigt in der alten kirche und zur
Wiese verrichten, daß auff den schlag sieben das ge-

25 Schlecht behandelt, gedemütigt.

487
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften