Die Stadt Neuenrade
Bei der Ausarbeitung seiner Kirchenordnung griff Wilken auf verschiedene Vorlagen zurück. Hierzu
zählt zunächst die Rigaer Kirchenordnung von 153037, die er während seines neunjährigen Aufenthalts in
Riga kennengelernt hatte, und. die er in ihren späteren Auflagen von 1548 und 155938 rezipierte. Aus diesen
schöpfte er in den Abschnitten zu Predigt und Sakramentenspendung sowie zur Begräbniszeremonie. Dane-
ben bediente er sich dieser Vorlage auch in den Formularen für Messe und Vesper sowie im Liederanhang. In
den Kapiteln zu Messe und Vesper griff Wilken zudem auf die Mecklenburger Kirchenordnung von
155239 zurück. Sie war auch für die Abschnitte zu Bekenntnisstand, Lehre und Leben der Pfarrer, Feier-
tagen, Hochzeiten und Krankenbesuchen seine maßgebliche Vorlage.40 Das Kapitel zur Taufe scheint Wil-
ken selbständig verfasst zu haben, hier lassen sich keine Vorbilder ermitteln. Auffällig ist, dass die Neu-
enrader Kirchenordnung kein Taufformular enthält, vermutlich war in der Stadt bereits eines in Gebrauch
- möglicherweise Luthers Taufbüchlein.
Die in der älteren Forschung41 vertretene Ansicht, Wilken habe auch aus Ottheinrichs Kirchenordnung
für Pfalz-Neuburg von 155442 und aus der kurpfälzischen Kurfürst Friedrichs III. von 156343 geschöpft,
konnte Uwe Gryczan widerlegen.44 Auch die Übereinstimmungen des Neuenrader Texts mit der von Herzog
Wolfgang erlassenen Pfalz-Zweibrücker Kirchenordnungen von 155745 lassen nicht den Schluss zu,46 dass
Wilken Wolfgangs Ordnung zum Vorbild nahm, denn diese basierte wiederum auf der Mecklenburger Kir-
chenordnung, und Wilken griff lieber zum „Original“. Hinsichtlich der Lieder bediente sich Wilken aus dem
von Luther autorisierten, bei Joseph Klug in Wittenberg gedruckten Gesangbuch von 153347, in dem 30 der
47 Neuenrader Lieder bereits abgedruckt worden waren. 40 Lieder finden sich allerdings auch in der Rigaer
Kirchenordnung von 1559.48
Übersicht zu den Vorlagen der Neuenrader Kirchenordnung
KO Neuenrade 1564
„Korte verinneringe van der waren Religion“
„Van 1er und leven unses Pastors“
„Wanner geprediget, wanner und wie de Sacra-
mente sdllen gehandelt werden“
„Van andern Feirdagen neven den Sundagen“
37 Abdruck in Geffcken, Johannes, Kirchendienstord-
nung und Gesangbuch der Stadt Riga, nach den ältesten
Ausgaben von 1530, Hannover 1862, S. 1-339. Auszug des
ersten Teils bei Sehling, EKO V, S. 11-17.
38 Korte ordeninge des Kerckendenstes, Lübeck 1559,
Staatsbibliothek Berlin, Dr 16120, Digitalisat unter:
http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB00004
A5500000000 [11.1.2016]. Vgl. Gryczan, Melanch-
thonschüler, S. 214 Anm. 11.
39 Abdruck in Sehling, EKO V, S. 161-219.
40 Vgl. Gryczan, Melanchthonschüler, S. 246-249. Zu den
Vorlagen der einzelnen Abschnitte siehe Wolters, Her-
mann Wilken, S. 60-62; Nelle, Wilckens Kirchenord-
nung, S. 94f.; Schlick, Gemeinde- und Gedenkbuch,
S. 58; Bauks, Anfänge, S. 133 sowie die Zusammenfas-
sung bei Gryczan, Melanchthonschüler, S. 212-218, der
ebd. S. 212-366 detaillierte Nachweise bringt.
41 Wolters, Hermann Wilcken, S. 60-62; Schlick, Ge-
Vorlagen
KO Mecklenburg 1552
KO Mecklenburg 1552
KO Riga 1559
KO Mecklenburg 1552
meinde- und Gedenkbuch, S. 58; Heutger, Evangelisch-
theologische Arbeit, S. 86; Brämik, Verfassung, S. 69.
42 Abdruck in Sehling, EKO XIII, S. 104f. (Vorrede),
Sehling, EKO XIV, S. 113-220 (Text).
43 Abdruck in Sehling, EKO XIV, S. 333-408.
44 Gryczan, Melanchthonschüler, S. 359f.
45 Abdruck in Sehling, EKO XVIII, S. 71-259.
46 So etwa Nelle, Wilckens Kirchenordnung, S. 95,
Schlick, Gemeinde- und Gedenkbuch, S. 58, Brämik,
Verfassung, S. 69.
47 Abdruck in AWA 4, Nr. 46, S. 324-340. Vgl. das Faksi-
mile: Das Klug’sche Gesangbuch 1533, nach dem einzigen
erhaltenen Exemplar der Lutherhalle zu Wittenberg
ergänzt und hg. von Konrad Ameln, unveränderter Nach-
druck der Ausgabe von 1954 (Documenta musicologica
Reihe 1, Druckschriften-Faksimiles 35), Kassel 1983.
48 Gryczan, Melanchthonschüler, S. 357.
510
Bei der Ausarbeitung seiner Kirchenordnung griff Wilken auf verschiedene Vorlagen zurück. Hierzu
zählt zunächst die Rigaer Kirchenordnung von 153037, die er während seines neunjährigen Aufenthalts in
Riga kennengelernt hatte, und. die er in ihren späteren Auflagen von 1548 und 155938 rezipierte. Aus diesen
schöpfte er in den Abschnitten zu Predigt und Sakramentenspendung sowie zur Begräbniszeremonie. Dane-
ben bediente er sich dieser Vorlage auch in den Formularen für Messe und Vesper sowie im Liederanhang. In
den Kapiteln zu Messe und Vesper griff Wilken zudem auf die Mecklenburger Kirchenordnung von
155239 zurück. Sie war auch für die Abschnitte zu Bekenntnisstand, Lehre und Leben der Pfarrer, Feier-
tagen, Hochzeiten und Krankenbesuchen seine maßgebliche Vorlage.40 Das Kapitel zur Taufe scheint Wil-
ken selbständig verfasst zu haben, hier lassen sich keine Vorbilder ermitteln. Auffällig ist, dass die Neu-
enrader Kirchenordnung kein Taufformular enthält, vermutlich war in der Stadt bereits eines in Gebrauch
- möglicherweise Luthers Taufbüchlein.
Die in der älteren Forschung41 vertretene Ansicht, Wilken habe auch aus Ottheinrichs Kirchenordnung
für Pfalz-Neuburg von 155442 und aus der kurpfälzischen Kurfürst Friedrichs III. von 156343 geschöpft,
konnte Uwe Gryczan widerlegen.44 Auch die Übereinstimmungen des Neuenrader Texts mit der von Herzog
Wolfgang erlassenen Pfalz-Zweibrücker Kirchenordnungen von 155745 lassen nicht den Schluss zu,46 dass
Wilken Wolfgangs Ordnung zum Vorbild nahm, denn diese basierte wiederum auf der Mecklenburger Kir-
chenordnung, und Wilken griff lieber zum „Original“. Hinsichtlich der Lieder bediente sich Wilken aus dem
von Luther autorisierten, bei Joseph Klug in Wittenberg gedruckten Gesangbuch von 153347, in dem 30 der
47 Neuenrader Lieder bereits abgedruckt worden waren. 40 Lieder finden sich allerdings auch in der Rigaer
Kirchenordnung von 1559.48
Übersicht zu den Vorlagen der Neuenrader Kirchenordnung
KO Neuenrade 1564
„Korte verinneringe van der waren Religion“
„Van 1er und leven unses Pastors“
„Wanner geprediget, wanner und wie de Sacra-
mente sdllen gehandelt werden“
„Van andern Feirdagen neven den Sundagen“
37 Abdruck in Geffcken, Johannes, Kirchendienstord-
nung und Gesangbuch der Stadt Riga, nach den ältesten
Ausgaben von 1530, Hannover 1862, S. 1-339. Auszug des
ersten Teils bei Sehling, EKO V, S. 11-17.
38 Korte ordeninge des Kerckendenstes, Lübeck 1559,
Staatsbibliothek Berlin, Dr 16120, Digitalisat unter:
http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB00004
A5500000000 [11.1.2016]. Vgl. Gryczan, Melanch-
thonschüler, S. 214 Anm. 11.
39 Abdruck in Sehling, EKO V, S. 161-219.
40 Vgl. Gryczan, Melanchthonschüler, S. 246-249. Zu den
Vorlagen der einzelnen Abschnitte siehe Wolters, Her-
mann Wilken, S. 60-62; Nelle, Wilckens Kirchenord-
nung, S. 94f.; Schlick, Gemeinde- und Gedenkbuch,
S. 58; Bauks, Anfänge, S. 133 sowie die Zusammenfas-
sung bei Gryczan, Melanchthonschüler, S. 212-218, der
ebd. S. 212-366 detaillierte Nachweise bringt.
41 Wolters, Hermann Wilcken, S. 60-62; Schlick, Ge-
Vorlagen
KO Mecklenburg 1552
KO Mecklenburg 1552
KO Riga 1559
KO Mecklenburg 1552
meinde- und Gedenkbuch, S. 58; Heutger, Evangelisch-
theologische Arbeit, S. 86; Brämik, Verfassung, S. 69.
42 Abdruck in Sehling, EKO XIII, S. 104f. (Vorrede),
Sehling, EKO XIV, S. 113-220 (Text).
43 Abdruck in Sehling, EKO XIV, S. 333-408.
44 Gryczan, Melanchthonschüler, S. 359f.
45 Abdruck in Sehling, EKO XVIII, S. 71-259.
46 So etwa Nelle, Wilckens Kirchenordnung, S. 95,
Schlick, Gemeinde- und Gedenkbuch, S. 58, Brämik,
Verfassung, S. 69.
47 Abdruck in AWA 4, Nr. 46, S. 324-340. Vgl. das Faksi-
mile: Das Klug’sche Gesangbuch 1533, nach dem einzigen
erhaltenen Exemplar der Lutherhalle zu Wittenberg
ergänzt und hg. von Konrad Ameln, unveränderter Nach-
druck der Ausgabe von 1954 (Documenta musicologica
Reihe 1, Druckschriften-Faksimiles 35), Kassel 1983.
48 Gryczan, Melanchthonschüler, S. 357.
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