20. Mai 2006
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sident an diesem Punkt ganz sorgenfrei sein könnte, ist nicht die Erfahrung meiner
drei Amtsjahre.
Der Vorstand hat deshalb damit begonnen, mit den neuzugewählten Mitglie-
dern, bevor sie über die Annahme der Zuwahl entscheiden, ein Gespräch zu fuhren,
in dem wir deutlich zu machen versuchen: Die Annahme der Zuwahl zur Heidel-
berger Akademie der Wissenschaften ist nicht einfach nur Entgegennahme eines
Ordens. Wir sind guten Mutes, daß diese Praxis Früchte tragen wird.
Wir können uns auch nicht freuen, um den Blick aus dem Innern der Akade-
mie hinaus auf die Außenverhältnisse zu richten, über den Zustand der Beziehungen
zwischen der Akademie und den Universitäten des Landes. Ich beschreibe diesen
Zustand versuchsweise so: Die Universitäten des Landes haben davon gehört, daß das
Land Baden-Württemberg eine Akademie der Wissenschaften hat. Aber sie sind sich
nicht ganz sicher, ob das Gerücht wahr ist. Und wenn es wahr ist, was sie davon hal-
ten sollen. Heidelberg, wo die meisten unserer Forschungsstellen in enger Verbin-
dung mit der Universität arbeiten, ist natürlich ein Sonderfall. Und auch über die-
sen Sonderfall hinaus sind Differenzierungen angebracht. Mit Freiburg etwa sind wir
einen Schritt weiter als mit anderen, weswegen ich denn auch an dieser Stelle — und
bewußt an dieser Stelle — unser Mitglied Herrn Stürner als den offiziellen Vertreter
des Freiburger Rektors herzlich begrüße. Aber insgesamt sind wir von dem, was
wünschenswert wäre, weit entfernt.
Natürlich weiß ich, daß die Universitäten seit geraumer Zeit und noch auf
geraume Zeit ganz und gar okkupiert sind von ihren Auftritten im Exzellenzzirkus.
Trotzdem weise ich mit allem Respekt darauf hin: Es gibt Themen jenseits dieses
Wahrnehmungshorizontes. Für die Akademie nenne ich zwei Stichworte. Uns ist
aufgetragen, das Akademienprogramm zu „öffnen“, das heißt, die Universitäten stär-
ker als bisher in die Nutzung dieses — derzeit mit etwa 43 Millionen Euro dotierten
— Förderungsprogrammes für Langzeitprojekte einzubeziehen. Wir tun, was von der
Akademie aus möglich und sinnvoll ist, um diesem Auftrag zu genügen. Aber wenn
die Universitäten nicht ein gewisses eigenes Interesse an dieser Sache entwickeln,
werden wir nicht viel erreichen.
Ich gebe zu: Das Akademienprogramm ist mit seinen Vorgaben in mancher
Hinsicht ein Prokrustesbett der Forschungsforderung. Aber das ist ja nichts Beson-
deres. Universitäts-, Wissenschaftspolitik läuft zu einem guten Teil auf das Zimmern
von Prokrustesbetten hinaus, in denen die Wissenschaft es sich dann bequem machen
soll. Es bleibt also gar nichts anderes übrig, als zu lernen, damit umzugehen.
Ein zweites Stichwort: Das Jahr der Geisteswissenschaften - 2007 wird das Jahr
der Geisteswissenschaften sein. Und wir wissen schon jetzt, daß Frau Ministerin
Schavan diesem Jahr im Rahmen ihrer Bemühungen um die Geisteswissenschaften
ein ganz erhebliches Gewicht geben möchte. Ich denke, daß die Akademien und die
am Thema Geisteswissenschaften interessierten Universitäten aus dieser Chance
gemeinsam mehr machen können, als wenn sie sich wechselseitig beharrlich igno-
rieren.
Damit genug des eklektischen Bilanzierens. Nur die Frage stelle ich mir noch:
Auf welche Seite gehört eigentlich das Thema Nationalakademie, das - vom Wis-
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sident an diesem Punkt ganz sorgenfrei sein könnte, ist nicht die Erfahrung meiner
drei Amtsjahre.
Der Vorstand hat deshalb damit begonnen, mit den neuzugewählten Mitglie-
dern, bevor sie über die Annahme der Zuwahl entscheiden, ein Gespräch zu fuhren,
in dem wir deutlich zu machen versuchen: Die Annahme der Zuwahl zur Heidel-
berger Akademie der Wissenschaften ist nicht einfach nur Entgegennahme eines
Ordens. Wir sind guten Mutes, daß diese Praxis Früchte tragen wird.
Wir können uns auch nicht freuen, um den Blick aus dem Innern der Akade-
mie hinaus auf die Außenverhältnisse zu richten, über den Zustand der Beziehungen
zwischen der Akademie und den Universitäten des Landes. Ich beschreibe diesen
Zustand versuchsweise so: Die Universitäten des Landes haben davon gehört, daß das
Land Baden-Württemberg eine Akademie der Wissenschaften hat. Aber sie sind sich
nicht ganz sicher, ob das Gerücht wahr ist. Und wenn es wahr ist, was sie davon hal-
ten sollen. Heidelberg, wo die meisten unserer Forschungsstellen in enger Verbin-
dung mit der Universität arbeiten, ist natürlich ein Sonderfall. Und auch über die-
sen Sonderfall hinaus sind Differenzierungen angebracht. Mit Freiburg etwa sind wir
einen Schritt weiter als mit anderen, weswegen ich denn auch an dieser Stelle — und
bewußt an dieser Stelle — unser Mitglied Herrn Stürner als den offiziellen Vertreter
des Freiburger Rektors herzlich begrüße. Aber insgesamt sind wir von dem, was
wünschenswert wäre, weit entfernt.
Natürlich weiß ich, daß die Universitäten seit geraumer Zeit und noch auf
geraume Zeit ganz und gar okkupiert sind von ihren Auftritten im Exzellenzzirkus.
Trotzdem weise ich mit allem Respekt darauf hin: Es gibt Themen jenseits dieses
Wahrnehmungshorizontes. Für die Akademie nenne ich zwei Stichworte. Uns ist
aufgetragen, das Akademienprogramm zu „öffnen“, das heißt, die Universitäten stär-
ker als bisher in die Nutzung dieses — derzeit mit etwa 43 Millionen Euro dotierten
— Förderungsprogrammes für Langzeitprojekte einzubeziehen. Wir tun, was von der
Akademie aus möglich und sinnvoll ist, um diesem Auftrag zu genügen. Aber wenn
die Universitäten nicht ein gewisses eigenes Interesse an dieser Sache entwickeln,
werden wir nicht viel erreichen.
Ich gebe zu: Das Akademienprogramm ist mit seinen Vorgaben in mancher
Hinsicht ein Prokrustesbett der Forschungsforderung. Aber das ist ja nichts Beson-
deres. Universitäts-, Wissenschaftspolitik läuft zu einem guten Teil auf das Zimmern
von Prokrustesbetten hinaus, in denen die Wissenschaft es sich dann bequem machen
soll. Es bleibt also gar nichts anderes übrig, als zu lernen, damit umzugehen.
Ein zweites Stichwort: Das Jahr der Geisteswissenschaften - 2007 wird das Jahr
der Geisteswissenschaften sein. Und wir wissen schon jetzt, daß Frau Ministerin
Schavan diesem Jahr im Rahmen ihrer Bemühungen um die Geisteswissenschaften
ein ganz erhebliches Gewicht geben möchte. Ich denke, daß die Akademien und die
am Thema Geisteswissenschaften interessierten Universitäten aus dieser Chance
gemeinsam mehr machen können, als wenn sie sich wechselseitig beharrlich igno-
rieren.
Damit genug des eklektischen Bilanzierens. Nur die Frage stelle ich mir noch:
Auf welche Seite gehört eigentlich das Thema Nationalakademie, das - vom Wis-