Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2006 — 2006

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2006
DOI Kapitel:
Nachrufe
DOI Artikel:
Putlitz, Gisbert zu: Herbert Walther (19.1.1935-22.7.2006)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.66961#0148
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
160

NACHRUFE

takuläre Ersttaten vollbracht. Die Realisierung von geordneten kristallinen Struktu-
ren eingefangener Ionen in einem Speicherring kann als zweidimensionales Vor-
läufermodell der Bose-Einstein-Kondensation angesehen werden. Zugleich interes-
sierte Walther sich aber auch immer für praktische Anwendungen seiner mit höch-
ster Kompetenz und Eleganz entwickelten Apparate und Spektrometer. Es sei an die
Messungen der Verunreinigung der Atmosphäre mit einem Laserradarspektrometer
erinnert, welches er neben der Gipfelstation der Zugspitze aufstellte. Viele andere
wichtige Experimente verbinden sich mit Walthers Namen und denen seiner
Schüler. Mindestens zwei Dutzend von ihnen besetzen heute Lehrstühle in Deutsch-
land und auf der ganzen Welt, sein Schüler Wolfgang Ketterle wurde mit dem Nobel-
preis ausgezeichnet.
Große Verdienste hat sich Walther auch als Wissenschaftsmanager erworben.
Als Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft zwischen 1990 und 1996 war er ganz
wesentlich für die Weichenstellung bei der Wiedervereinigung der deutschen Natur-
wissenschaften verantwortlich. Unsere ostdeutschen Kollegen rühmen noch heute sein
großes Einfühlungsvermögen in ihre Situation und ebenso sein Interesse für den wis-
senschaftlichen Inhalt ihrer Arbeiten. Beides hat die schwierige Phase der Begutach-
tung der Institute in den neuen Bundesländern für die Betroffenen erträglich gemacht.
Walther war Mitglied des Senats der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der
Planungskommission der Max-Planck-Gesellschaft, vieler internationaler Kommissio-
nen in Europa und in den USA, Ehrenmitglied der Deutschen Physikalischen Gesell-
schaft und Herausgeber von zahlreichen Fachzeitschriften. Unter den Ehrungen sind
vor allem der Max-Born-Preis des Institute of Physics und der Deutschen Physikali-
schen Gesellschaft zu erwähnen, des weiteren der Einstein-Preis (USA), die Gauß-
Medaille (der Braunschweiger Wissenschaftlichen Gesellschaft), der Charles Hard
Townes-Preis der Optischen Gesellschaft von Amerika, der King Faisal Preis in Physik,
die Michelson-Medaille des Franklin-Institut in Philadelphia, die Humboldt-Medaille,
die Stern-Gerlach-Medaille, der Quantenelektronikpreis der EPS, der Alfred-Krupp-
Preis und zahlreiche Mitgliedschaften oder Ehrenmitgliedschaften in wissenschaft-
lichen Akademien sowie Ehrendoktorate deutscher und ausländischer Universitäten.
Herbert Walther hat der deutschen Wissenschaft mit seinen bahnbrechenden
Arbeiten höchste Ehre eingetragen. Als Institutsdirektor und Professor hat er zahl-
reichen ausländischen Wissenschaftlern eine Heimstatt geboten. Dabei hat er sehr
vielen zurückgegeben, was er selbst als junger Wissenschaftler am Beginn seiner
internationalen Laufbahn als Physiker von Kollegen weltweit empfangen hatte.
Herbert Walthers Kollege Theodor Hänsch hat in seinem Nachruf in der Bay-
rischen Akademie der Wissenschaften zusammengefaßt: „Herbert Walthers immense
Leistungen, seine unermüdliche Energie, Schaffenskraft und Kreativität, sein vor-
bildliches Pflichtbewußtsein und seine Zuverlässigkeit, verbunden mit großer Warm-
herzigkeit, Hilfsbereitschaft und legendärer Gastfreundschaft werden uns immer in
Erinnerung bleiben.“
So bleibt auch dem Autor Herbert Walther in unauslöschlicher Erinnerung.

GISBERT FREIHERR ZU PUTLITZ
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften