Stefan M. Maul
eben dieser Stelle einen gewaltigen Palast errichtet hatten, der - wie die Paläste
von Tell Kuyunjik - mit Gold und Silber, glasierten Ziegeln, Reliefs, Inschriften
und Skulpturen reich ausgestattet war und inmitten eines großen Parks mit künst-
lichen Wasserläufen lag. Der - wie es in den keilschriftlichen Bauberichten heißt
- „mit verschwenderischer Pracht" erbaute Palast diente als Bühne für die könig-
liche Selbstrepräsentanz vor dem Heer und als Zeughaus. Hier hielten die letzten
Könige Assyriens pompöse Militärparaden ab und präsentierten ihre Kriegsbeu-
te anlässlich der Truppeninspektionen, die mit großem Aufwand regelmäßig am
Neujahrstag im März durchgeführt wurden. Ende der 1980er Jahre erbrachten
vom irakischen Antikendienst unternommene Sondagen den Beweis, dass sich
die Jonas-Moschee tatsächlich über den Resten eines assyrischen Palastes erhob.
Bei einer grundlegenden Renovierung der Moschee war man nämlich auf einige
Bauskulpturen gestoßen, die zu einer Fassade des bei der Einnahme der Stadt zer-
störten Palastes gehört haben mussten. Um den Pilgerbetrieb der Jonas-Moschee
nicht zu stören, wurden diese Funde jedoch bald wieder zugeschüttet.
Rekonstruktion des assyrischen Palastes vom Tell Nebi Yunus (Sicht von Westen)
Im Juni 2014 brachten die Truppen des sog. Islamischen Staates, die Stadt
Mosul in ihre Gewalt. Sie erklärten die irakische Metropole zu ihrer Hauptstadt
und errichteten ein drei Jahre währendes Schreckensregime. In ihrer radikalen
Auslegung islamischer Lehren ist die sowohl bei Sunniten als auch bei Schiiten
über viele Jahrhunderte praktizierte Verehrung von Heiligen ein Greuel und das
an deren Gräbern gesprochene Bittgebet Gotteslästerung. Deshalb begann man
nur wenige Tage nach der Eroberung Mosuls, eine heilige Pilgerstätte nach der
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eben dieser Stelle einen gewaltigen Palast errichtet hatten, der - wie die Paläste
von Tell Kuyunjik - mit Gold und Silber, glasierten Ziegeln, Reliefs, Inschriften
und Skulpturen reich ausgestattet war und inmitten eines großen Parks mit künst-
lichen Wasserläufen lag. Der - wie es in den keilschriftlichen Bauberichten heißt
- „mit verschwenderischer Pracht" erbaute Palast diente als Bühne für die könig-
liche Selbstrepräsentanz vor dem Heer und als Zeughaus. Hier hielten die letzten
Könige Assyriens pompöse Militärparaden ab und präsentierten ihre Kriegsbeu-
te anlässlich der Truppeninspektionen, die mit großem Aufwand regelmäßig am
Neujahrstag im März durchgeführt wurden. Ende der 1980er Jahre erbrachten
vom irakischen Antikendienst unternommene Sondagen den Beweis, dass sich
die Jonas-Moschee tatsächlich über den Resten eines assyrischen Palastes erhob.
Bei einer grundlegenden Renovierung der Moschee war man nämlich auf einige
Bauskulpturen gestoßen, die zu einer Fassade des bei der Einnahme der Stadt zer-
störten Palastes gehört haben mussten. Um den Pilgerbetrieb der Jonas-Moschee
nicht zu stören, wurden diese Funde jedoch bald wieder zugeschüttet.
Rekonstruktion des assyrischen Palastes vom Tell Nebi Yunus (Sicht von Westen)
Im Juni 2014 brachten die Truppen des sog. Islamischen Staates, die Stadt
Mosul in ihre Gewalt. Sie erklärten die irakische Metropole zu ihrer Hauptstadt
und errichteten ein drei Jahre währendes Schreckensregime. In ihrer radikalen
Auslegung islamischer Lehren ist die sowohl bei Sunniten als auch bei Schiiten
über viele Jahrhunderte praktizierte Verehrung von Heiligen ein Greuel und das
an deren Gräbern gesprochene Bittgebet Gotteslästerung. Deshalb begann man
nur wenige Tage nach der Eroberung Mosuls, eine heilige Pilgerstätte nach der
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