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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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„Beitrag zu einem besseren Verständnis des Stoffwechsels bei der
Ausbreitung von Krebs"
Kopf- und Halskrebs (HNSC), ein Krebs, der in der Mundhöhle, im Rachen und
im Kehlkopf entsteht, wird jedes Jahr bei etwa einer Million Patienten diagnos-
tiziert. Es wird erwartet, dass diese Zahl bis 2035 um 30 % ansteigen wird. Von
dieser einen Million Patienten wird die Hälfte nach fünfjahren sterben. Die Hei-
lungschancen der Patienten verschlechtern sich drastisch, sobald der Krebs von
nicht aggressiv zu aggressiv übergeht und einige Metastasen bilden. Dies verdeut-
licht die Notwendigkeit neuer Therapiestrategien, um Krebs zu heilen und die
Aggressivität des Tumors zu verhindern.
Ein Tumor besteht aus Tausenden von Krebszellen, die unterschiedliche Ei-
genschaften und Fähigkeiten haben. Einige sind in der Lage zu wachsen oder gegen
Behandlungen resistent zu sein, andere haben die Fähigkeit, den Primärtumor zu
verlassen und die schwierige Reise des Überlebens im Blut anzutreten, um einen
neuen Tumor in einem entfernten Organ wie der Lunge oder dem Gehirn zu bil-
den. Wir stellten die Hypothese auf, dass diese kleine Population von Krebszellen,
die zur Metastasierung fähig sind, eine erhebliche Menge an Energie benötigen,
um den Primärtumor zu verlassen.
Wir fanden heraus, dass diese Zellpopulation mehr Energie in den Mitochon-
drien, dem Kraftwerk einer Zelle, produziert. Durch die Entfernung eines Prote-
ins namens NSUN3, das an der Energieerzeugung in den Mitochondrien beteiligt
ist, konnten wir die Organelle abschalten und die in der Krebszelle verfügbare
Energiemenge verringern. Infolgedessen ging die Population von Krebszellen, die
den Primärtumor verlassen können, verloren, und die Bildung von Metastasen
wurde gestoppt.
Mitochondrien sind ursprünglich Bakterien, die vor Millionen von Jahren
mit einer Zelle fusionierten und eine symbiotische Beziehung eingingen. Obwohl
sie sich inzwischen getrennt von den Bakterien entwickelt haben, haben sie eini-
ge Merkmale beibehalten. Wir haben uns dies zunutze gemacht und beschlossen,
Medikamente, die in erster Linie als Antibiotika zur Behandlung von Hautinfekti-
onen durch Bakterien eingesetzt werden, für die Hemmung der Mitochondrien-
aktivität zu verwenden. Die Behandlung von Mäusen mit menschlichen Tumoren
mit diesen Antibiotika verhinderte die Ausbreitung von Krebszellen und die Bil-
dung von Metastasen, da sie auf die aggressive Zellpopulation abzielten, die zur
Energieerzeugung auf die Mitochondrien angewiesen ist.
Durch die Entfernung des Proteins NSUN3 in den Mitochondrien oder durch
den Einsatz dieser Antibiotika-Familie bleibt der Tumor also gutartig, was eine mög-
liche Resektionsoperation erleichtert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass un-
sere Studie eine neue Strategie zur Verhinderung der Ausbreitung von Krebszellen
und damit zur Verbesserung der Ergebnisse für die Patienten aufzeigt.

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