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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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III. Veranstaltungen

lenisierung' des Christentums sei ein Sündenfall gewesen"34. Interessanterweise
demonstriert Dihle nun das Gegenteil an den unterschiedlichen Lehrbildungen
spätantiker Christologie, die sich alle auf Bibelstellen berufen konnten und trotz-
dem Termini der griechischen Philosophie „wie Natur, Substanz, Sein, Hypostase,
Person u.a.m." verwendeten, um ihre Positionen auszudrücken. Außerdem zeigt
er, wie stark auch im Kult, also in den gottesdienstlichen und sonstigen liturgi-
schen Handlungen, Kontinuität zu beobachten ist und das Christentum auch hier
„das Erbe der griechisch-römischen Kultur antrat"35. Wieder wird, wie in der zuvor
eiwähnten Literaturgeschichte, als besondere Leistung der christianisierten Kultur
die Übermittlung der paganen Literatur und Wissenschaft hei~vorgehoben.
So variantenreich Dihle die Verhältnisbestimmung von Antike und Christen-
tum auch durchgeführt hat, so stark ist trotz aller gegenteiligen Beteuerungen der
Anteil der antagonistischen Profilierung und der impliziten Teleologien in seinem
Werk. Oft ist - wie beispielsweise im RAC-Artikel „Hoffnung"36 - der Antagonis-
mus zurückgenommen zugunsten einer Betonung der Neuheit des Christentums.
Auch grundlegende Beobachtungen zum Verhältnis zwischen Antike und Chris-
tentum findet man bei ihm nicht - und dieses Fehlen großer Linien ist für Dihles
Texte durchaus charakteristisch.
Um Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten der Beiträge Dihles jedoch prä-
ziser hervorzuheben, lohnt sich die Beschäftigung mit dem Bonner Forschungs-
programm „Antike und Christentum" und dann auch mit anderen Beiträgen zu
diesem Forschungsfeld im zwanzigsten Jahrhundert.37 Der Ausdruck „Antike und
Christentum" hat sich vor allem durch Publikationen und Unternehmungen von
Franz Joseph Dölger (1879-1940) als Kurzformel für ein Forschungsprogramm
eingebürgert und ist sowohl durch sechs Bände einer gleichnamigen, vom Her-
ausgeber Dölger allein bestrittenen gleichnamigen Zeitschrift wie durch das bis
auf den heutigen Tag blühende und gedeihende „Reallexikon für Antike und
Christentum" popularisiert worden. Dabei ist die Grundrichtung des Forschungs-
programms selbstverständlich deutlich älter; die Pointe von Dölgers Programm
bestand jedoch darin, einen ebenso knappen wie eingängigen Begriff - eben den

34 Albrecht Dihle, „Antike Überlieferung im Christentum," Antike und Abendland 45, 1999,
101-110; hier zitiert nach: ders., Ausgewählte kleine Schriften zu Antike und Christentum,
hg. v. Georg Schöllgen, Jahrbuch für Antike und Christentum. Ergänzungsband 38, Münster
2013, (358-367) 358.'

35 Dihle, Ausgewählte kleine Schriften (wie Anm. 34), 363.

36 Vgl. die Bibliographie oben in Anm. 6.

37 Christoph Markschies, „Antiquity and Christianity or: The Unavoidability of False Ques-
tions," in: Beyond Reception. Mutual Influences between Antique Religion, Judaism, and
Early Christianity, ed. by David Brakke, Anders-Christian Jacobsen and Jörg Ulrich, Early
Christianity in the Context of Antiquity 1, Frankfurt/Main 2006, 17-34.

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