Antrittsrede von Achim Menges
Raum angebunden werden kann. Und genau für diese Fragestellung hatte die
Multihalle in Mannheim, beziehungsweise die Arbeiten des Sonderforschungs-
bereichs SFB 64 unter Leitung von Frei Otto an der Universität Stuttgart, wieder
besondere Bedeutung. Denn die Form der Holzgitterschale der Multihalle stellt
sich aus dem elastischen Materialverhalten ein, was seinerzeit durch empirische
Formfindungsversuche entwickelt und verifiziert wurde, und nun über digitale
Modellierungsmethoden erfasst werden konnte. Dieser integrative Ansatz ermög-
licht letztendlich das Bauen mit einem Minimum an Material- und Ressourcen-
einsatz.
Er berührt aber auch Grundfesten der Architektur, die seit der Renaissance
Bestand haben. So wird nicht nur das Primat der abbildenden Geometrie als maß-
gebliche Notationsform durch ein viel höheres Maß an Integration von Material,
Form und Struktur hinterfragt, sondern auch die im Bauwesen strikt vorherr-
schende Trennung von Planung und Bauen.
Mit der Berufung auf eine Professur an die Hochschule für Gestaltung in
Offenbach hatte ich drei Jahre nach meinem Diplom dann die Gelegenheit, eine
Abteilung für „Formgenerierung und Materialisierung" zu gründen, um diesen
Ansatz zeitgleich zu den architektonischen Arbeiten an der Architectural Associ-
ation auch im kleineren Maßstab der Produktgestaltung weiter zu verfolgen.
2008 erfolgte der Ruf an die Universität Stuttgart, wobei meine Bewerbung
durchaus von einer romantischen Vorstellung dieser Wirkungsstätte getragen war,
wie sie aus dem zuvor gesagten vielleicht erahnen können. Umso erstaunlicher
ist es, dass sich diese Vorstellungen tatsächlich bewahrheitet haben und die Uni-
versität Stuttgart aufgrund der mehr als ein halbes Jahrhundert zurückreichenden
Zusammenarbeit von Architektur und Ingenieurswissenschaften eine einzigarti-
ge, interdisziplinäre Forschungskultur im Bereich des Planens und Bauens pflegt.
Mit meinem 2009 neugegründeten Institut für Computerbasiertes Entwerfen und
Baufertigung wurde ich großzügig und zügig in dieses wissenschaftliche Umfeld
integriert und konnte so an der Vorbereitung zweier Sonderforschungsbereiche
mitwirken, nämlich dem im Jahr 2014 begonnen SFB-Transregion 141 mit dem
Titel „Entwurfs- und Konstruktionsprinzipien in Biologie und Architektur. Analy-
se, Simulation und Umsetzung" und dem seit 2017 geförderten SFB 1244 „Adap-
tive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen".
Parallel zu dem Aufbau des Instituts in der alten Welt hatte ich im Rahmen
einer Gastprofessur in Harvard von 2009 bis 2015 die Möglichkeit, bestimmte As-
pekte meiner Arbeit zu vertiefen, mein wissenschaftliches Netzwerk zu eiweitern,
aber vor allem auch die Intensität und Agilität angelsächsischer Forschung und
Lehre weiterhin zu pflegen und auszubauen, was ich auch bis jetzt versuche auf-
recht zu erhalten.
Wo stehen wir heute? Neue Ansätze für die Architektur sind dringender er-
forderlich denn je, denn das Planen und Bauen, wie wir es derzeit kennen, steht
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Raum angebunden werden kann. Und genau für diese Fragestellung hatte die
Multihalle in Mannheim, beziehungsweise die Arbeiten des Sonderforschungs-
bereichs SFB 64 unter Leitung von Frei Otto an der Universität Stuttgart, wieder
besondere Bedeutung. Denn die Form der Holzgitterschale der Multihalle stellt
sich aus dem elastischen Materialverhalten ein, was seinerzeit durch empirische
Formfindungsversuche entwickelt und verifiziert wurde, und nun über digitale
Modellierungsmethoden erfasst werden konnte. Dieser integrative Ansatz ermög-
licht letztendlich das Bauen mit einem Minimum an Material- und Ressourcen-
einsatz.
Er berührt aber auch Grundfesten der Architektur, die seit der Renaissance
Bestand haben. So wird nicht nur das Primat der abbildenden Geometrie als maß-
gebliche Notationsform durch ein viel höheres Maß an Integration von Material,
Form und Struktur hinterfragt, sondern auch die im Bauwesen strikt vorherr-
schende Trennung von Planung und Bauen.
Mit der Berufung auf eine Professur an die Hochschule für Gestaltung in
Offenbach hatte ich drei Jahre nach meinem Diplom dann die Gelegenheit, eine
Abteilung für „Formgenerierung und Materialisierung" zu gründen, um diesen
Ansatz zeitgleich zu den architektonischen Arbeiten an der Architectural Associ-
ation auch im kleineren Maßstab der Produktgestaltung weiter zu verfolgen.
2008 erfolgte der Ruf an die Universität Stuttgart, wobei meine Bewerbung
durchaus von einer romantischen Vorstellung dieser Wirkungsstätte getragen war,
wie sie aus dem zuvor gesagten vielleicht erahnen können. Umso erstaunlicher
ist es, dass sich diese Vorstellungen tatsächlich bewahrheitet haben und die Uni-
versität Stuttgart aufgrund der mehr als ein halbes Jahrhundert zurückreichenden
Zusammenarbeit von Architektur und Ingenieurswissenschaften eine einzigarti-
ge, interdisziplinäre Forschungskultur im Bereich des Planens und Bauens pflegt.
Mit meinem 2009 neugegründeten Institut für Computerbasiertes Entwerfen und
Baufertigung wurde ich großzügig und zügig in dieses wissenschaftliche Umfeld
integriert und konnte so an der Vorbereitung zweier Sonderforschungsbereiche
mitwirken, nämlich dem im Jahr 2014 begonnen SFB-Transregion 141 mit dem
Titel „Entwurfs- und Konstruktionsprinzipien in Biologie und Architektur. Analy-
se, Simulation und Umsetzung" und dem seit 2017 geförderten SFB 1244 „Adap-
tive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen".
Parallel zu dem Aufbau des Instituts in der alten Welt hatte ich im Rahmen
einer Gastprofessur in Harvard von 2009 bis 2015 die Möglichkeit, bestimmte As-
pekte meiner Arbeit zu vertiefen, mein wissenschaftliches Netzwerk zu eiweitern,
aber vor allem auch die Intensität und Agilität angelsächsischer Forschung und
Lehre weiterhin zu pflegen und auszubauen, was ich auch bis jetzt versuche auf-
recht zu erhalten.
Wo stehen wir heute? Neue Ansätze für die Architektur sind dringender er-
forderlich denn je, denn das Planen und Bauen, wie wir es derzeit kennen, steht
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